Falschinformationen, Lügen, Mythen und Gerüchte seien wie Zombies - mit diesem anschaulichen Bild beginnt ein Artikel, in dem Sebastian Herrmann, Wissensredakteur der Süddeutschen Zeitung, kürzlich einige aktuelle Veröffentlichungen aus der Psychologie zusammenfasst. Selbst wenn sie gründlich widerlegt sind, würden sich die neuerdings so genannten "Fake News", regelmäßig "weigern, in ihren Gräbern zu ruhen" und sich "immer wieder zurück an die Oberfläche" wühlen. Jedenfalls sei es unendlich schwierig, sie wieder aus der Welt zu schaffen.

Eine der Veröffentlichungen war eine Meta-Studie im Journal Psychological Science, für die ein Team von US-Psychologen um Man-pui Sally Chan zahlreiche Untersuchungen über das Widerlegen von Falschinformationen gesichtet hat. Das Gedächtnis sei, so eine Kernerkenntnis, "kein reines Speichermedium, in dem Inhalte abgelegt und alte, überholte Aussagen einfach gelöscht werden, ohne Spuren zu hinterlassen". Stattdessen würden sich Informationen dauerhaft im Gedächtnis einnisten - egal ob sie korrekt oder falsch sind. Lügen und "Fake News" übten daher "einen dauerhaften Einfluss auf Gedächtnis und Denken aus, selbst wenn die Aussagen klipp und klar widerrufen werden", heißt es in einer zweiten Veröffentlichung eines Teams um Stephan Lewandowsky von der Bristol University (der auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von klimafakten.de ist).

Nicht nur "Falsch!" rufen - sondern eine alternative Erklärung anbieten

Das Perfide ist: Selbst wenn darüber gesprochen wird, dass ein Mythos falsch ist, wird dieser im Gehirn re-aktiviert. Um zumindest eine Chance zu haben gegen Falschinformationen, so die Psychologen, solle man diese nicht nur als falsch bezeichnen. "Statt nur 'Stimmt nicht!' zu rufen, sollte eine Geschichte erzählt, eine alternative Erklärung angeboten werden, die das Gerücht im Geist verdrängt." Dieser Rat findet sich übrigens auch im Handbuch Widerlegen - aber richtig, Lewandowsky gemeinsam mit Kollegen vor einigen Jahren herausgegeben hat.

Im Umgang mit Menschen, die Falschinformationen anhängen, sollte man sich jedenfalls vor Überheblichkeit hüten. Diese Mahnung lässt sich aus einer dritten Studie ablesen, die SZ-Redakteur Herrmann vorstellt: Dass Daten oder wissenschaftliche Erkenntnisse, die nicht zur eigenen Meinung passen, abgelehnt und ausgeblendet werden, ist eine wohl grundmenschliche Reaktionsweise. Anthony Washburn und Linda Skitka von der University of Illinois fanden, wie schon zahlreiche Fachkollegen zuvor, dieses Phänomen bei linksliberalen Probanden ebenso wie bei konservativen. Der einzige Unterschied sei lediglich, welche Informationen geleugnet werden: Auf der Linken seien es Erkenntnisse, die die Gefährlichkeit gentechnisch veränderter Lebensmittel in Frag stellen - und auf der Rechten beispielsweise die Realität des menschengemachten Klimawandels.

ts