Der Klimawandel wird die Meeresspiegel weiter und schneller steigen lassen, stellte der IPCC vor zwei Jahren in seinem letzten Weltklimabericht (AR5) fest - bis Ende des Jahrhunderts sei ein Anstieg von bis zu knapp einem Meter wahrscheinlich. Aber: Was heißt das konkret? Was genau bedeutet ein Anstieg um beispielsweise 74 Zentimeter (um mal die mittlere Schätzung des IPCC für eine Welt mit ungebremstem Treibhausgasausstoß zu nehmen)? Was bedeutet er für mein Grundstück, für meinen Weg zur Arbeit, für meinen Lieblingsstrand?

Wer in Australien lebt, kann sich solche Fragen neuerdings ziemlich einfach beantworten. Die Website Coastal Risk Australia zeigt die Folgen eines höheren Wasserstandes auf sehr anschauliche Weise: Tippt man dort den Namen einer beliebigen australischen Stadt oder eine beliebige australische Adresse ein, erhält man eine Google-Earth-Karte, in die der gestiegende Meeresspiegel eingezeichnet ist.

Zum Beispiel die Innenstadt von Melbourne - bei einem Anstieg der Meeresspiegel um prognostizierte 74 Zentimeter bis Ende des Jahrhunderts sind ausgedehnte Gebiete in Australien einem hohen Überschwemmungsrisiko ausgesetzt; Abbildung: coastalrisk.com.au

Entwickelt wurde die Website vom australischen Geodaten-Unternehmen NGIS zusammen mit dem australischen Umweltministerium und dem Forschungszentrum CSCSI. Sie kombiniert den Kartendienst GoogleEarth mit lokalen Pegeldaten aus ganz Australien und Prognosen für den Meeresspiegelanstieg. Das Ergebnis ist im Prinzip nicht neu: dass ausgedehnte Gebiete in ganz Australien erheblich stärkeren Flutrisiken ausgesetzt sein werden als bisher. Doch die neue Website führt auch Laien vor Augen, was dies bedeutet: Dass weltbekannte Strände wie die Gold Coast südlich von Brisbane oder wichtige Infrastruktur-Einrichtungen wie der Flughafen von Sydney in blauen Wassermassen versinken könnten.

Die Frage des Meeresspiegelanstiegs betrifft Australien ganz besonders: Zum einen gehört das Land mit seinen riesigen Kohleminen zu den Top-20 der weltgrößten CO2-Verursacher. Zum anderen leben mehr als 80 Prozent der Bevölkerung nahe der Küsten, Schätzungen zufolge sind Infrastrukturen im Wert von 200 Milliarden australischen Dollar bedroht. Die Simulations-Website baut auf ähnliche Projekte auf, die NGIS in der Vergangenheit bereits für pazifische Inselstaaten wie Tonga oder Vanuatu entwickelt hatte. "Wir wollen keine Hysterie schüren", sagte Nathan Eaton, der bei NGIS für das Projekt zuständig ist, der britischen Tageszeitung The Guardian. "Aber wir wollen auch nicht, dass die Leute den Kopf in den Sand stecken."

tst