Der Klimawandel hat gravierende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit: noch heißere Hitzewellen, tropische Krankheiten auch bei uns, vermehrte Allergien – all das betrifft nicht nur vulnerable Gruppen stark, sondern alle Menschen. Doch vielen ist dieser Zusammenhang nicht bewusst, und hier liegen Chancen für die Klimakommunikation.
Welcher Frage geht die Studie nach?
Um zu verstehen, wieso und wie der Zusammenhang zwischen Klimawandel und menschlicher Gesundheit in der Klimakommunikation helfen kann, diskutieren wir heute gleich drei Studien:
- Thier et.al. (2025) gehen in “The impact of public health messages on audience engagement and collective climate action” der Frage nach, ob und wie Botschaften zur Gesundheit das Engagement und die Handlungsbereitschaft zum Klimawandel fördern können.
- Uppalapati et.al. (2025) untersuchen in ihrer breit angelegten Studie “Public Engagement with Climate Change and Health: A Global Literature Review” ebenfalls, wie die Verbindung zwischen Klima und Gesundheit effektiv kommuniziert werden kann.
- Peters et.al. (2022) beschäftigen sich im Artikel “Evidence-based recommendations for communicating the impacts of climate change on health” dann ganz praktisch mit der Frage, welche Kommunikationsstrategien am besten geeignet sind, um diese Verbindung von Klima und Gesundheit am wirksamsten zu vermitteln.
Welche Methodik wurde verwendet, und wieso ist diese belastbar?
Die drei Studien sind Übersichtsstudien (Reviews) anderer empirischer Forschungsliteratur. Die Autor:innen haben keinen systematischen Ansatz zur Literatursuche dokumentiert, was es etwas schwieriger macht, sicherzustellen, dass keine wichtigen Publikationen übersehen wurden.
Zwei Faktoren tragen dennoch besonders zur Belastbarkeit der drei Studien bei: Zum einen wurden sie von Teams an namhaften Institutionen verfasst, die selbst viel Forschung zum Thema betrieben haben, sich also gut in dem Bereich auskennen. Zum anderen sind sie in etablierten Wissenschaftsjournalen durch Peer-Review-Verfahren auf Vollständigkeit und schlüssige Argumentation geprüft worden.
Was sind die Kernbefunde, und warum sind sie relevant für Klimakommunikation?
Der Zusammenhang zwischen unserer Gesundheit und den Auswirkungen des Klimawandels kann man deutlich spüren: bei immer heftigeren Extremwettereignissen wie Hitzewellen, dem vermehrten Auftreten vormals seltener Krankheiten und beim Anstieg von Allergien. Dieser Zusammenhang wird aber laut Thier et.al. (2025) in deutschen und internationalen Medien selten hergestellt.
Häufigere und heftigere Hitzewellen, tropische Krankheiten auch in gemäßigten Breiten, vermehrte Allergien, etwa gegen Pollen – all das sind Folgen des Klimawandels, die vielen Menschen nicht klar sind; Foto: Carel Mohn
Gerade um Menschen zu erreichen, die dem Klimawandel eher desinteressiert oder skeptisch gegenüberstehen, ist es wirksam, den Zusammenhang zu verdeutlichen, zeigen Uppalapati et al. (2025). Die gesundheitlichen Auswirkungen zu betonen, macht den Klimawandel weniger abstrakt. Für viele Menschen sind gerade solche Maßnahmen attraktiv, die gleichzeitig den Klimawandel bekämpfen und für die eigene Gesundheit förderlich sind. Diese Vergleichsstudie mit Umfragen in China, Deutschland, Indien, Großbritannien und den USA ergab außerdem: Positive Auswirkungen des Klimaschutzes für die menschliche Gesundheit zu betonen, kann bei vielen Menschen zu mehr persönlichem Engagement führen und zu mehr Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen durch die Politik – auch bei skeptischen Zielgruppen wie konservativen Wähler:innen.
Vertrauen nutzen
Die drei Studien betonen: Kommunikation ist besonders wirksam, wenn wir der Quelle vertrauen, von der sie kommt. Wenn es um Klimawandel und Gesundheit geht, schenken die meisten Menschen Personen aus ihrem persönlichen Umfeld hohes Vertrauen – und Personen aus Organisationen, denen sie sich zugehörig fühlen.
Ebenso genießen öffentlich anerkannte Expert:innen viel Vertrauen. Hierzu gehören laut den vorliegenden Studien insbesondere Ärzt:innen und andere öffentliche Akteure des Gesundheitswesens. Sie sind daher besonders geeignete Botschafter:innen, um die Verbindungen zwischen Klimawandel und Gesundheit zu erörtern.
Laut Dr. Anne Reif, die an der Universität Hamburg zum Thema Vertrauen in die Wissenschaft forscht, genießen in Deutschland auch weiterhin Klimawissenschaftler:innen hohes Ansehen, und können daher geeignete Botschafter:innen sein.
Mehr als Zahlen
Peters et al. (2022) betonen, dass Adressat:innen bei gesundheitsrelevanten Themen auf vielseitige Weise angesprochen werden sollten. Die Literatur hebt laut Studie eine Reihe von Ansätzen hervor:
Grafiken und Bilder sprechen Menschen stärker an, als reiner Text und verbale Kommunikation. Grafiken und Bilder können also helfen, Risiken und Bedrohungslagen auch auf emotionaler Eben zu vermitteln; ebenso sind sie geeignet, um Handlungsmöglichkeiten mit positiven Gefühlen zu verbinden. Das hilft, ablehnende Reaktionen zu vermeiden.
Eine weitere wirksame Strategie ist es laut Peters et al. (2022), Botschaften mit narrativer Struktur — also in Erzählform — weiterzugeben, und diese in Geschichten mit nahbaren Akteur:innen zu verpacken. Werden diese gut vermittelt, versetzt sich das Publikum in die Charaktere der Erzählung und die Information wird zugänglicher für deren Denkweisen und Argumente.
Nicht zuletzt können soziale Normen angesprochen werden, da sich viele Menschen stark an ihrem Umfeld orientieren (Peters et.al. 2022). Umfrage-Ergebnisse bewirken das auf sogenannte “deskriptive” Art, indem sie aufzeigen, wieviele Menschen sich an gewissen Klimaschutzmaßnahmen beteiligen oder diese befürworten. Oder es wird kommuniziert, welche Verhaltensweisen von anderen Menschen positiv bzw. negativ bewertet werden (“injunktive Normen”).
Was lässt sich aus der Studie konkret ableiten für die Praxis?
Zunächst lässt sich festhalten, dass die Auswirkung des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit mehr Beachtung verdient, da man so laut der hier diskutierten Studien auch ansonsten schwer zugängliche Zielgruppen erreichen kann. Oft wird die Verbindung zwischen gesundheitlichen Fragen und dem Klimawandel aber nicht hergestellt — zum Beispiel in der Berichterstattung über sommerliche Hitzewellen. Hier wird dann zumeist entweder über den Klimawandel oder über die Gesundheit gesprochen (Thier et.al. 2025).
Den Themenkomplex Klima und Gesundheit in den Fokus zu rücken, ist einerseits wichtig, um Menschen darüber aufzuklären, wie sie ihre eigene Gesundheit schützen können. Informationen darüber, was bei Waldbränden oder Hitzewellen zu tun ist oder wie auf veränderte Infektionsgefahren durch den Klimawandel reagiert werden kann, ermächtigen die Adressat:innen in ihrem eigenen Verhalten.
Bedeutend ist auch, dass die gesundheitlichen Konsequenzen den Klimawandel für viele Menschen greifbarer machen. Wenn die Auswirkungen im eigenen Umfeld betont werden, ist der Klimawandel plötzlich kein fernes Problem mehr, etwa für Eisbären oder Menschen im Amazonas-Gebiet. Das erhöht die Bereitschaft, sich zu engagieren, oder politische Maßnahmen zum Klima- und Gesundheitsschutz zu unterstützen.
Nicht zuletzt kann der Fokus auf die direkten positiven Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen auf die persönliche Gesundheit (sogenannte “Co-Benefits”) helfen, politisch kontroverse Themen zu entschärfen. Zum Beispiel geht es bei der Diskussion um Verbrennermotoren ja auch um die Luftqualität in Städten — und damit um unsere Gesundheit.
Mehr als Informationen bieten
Informationen, unter anderem statistischer Natur, sind zwar wichtig, um Risiken zu kommunizieren, überfordern aber viele Menschen. Ein erstes Hilfsmittel kann sein, statistische Größen in verständliche metaphorische Bilder zu übersetzen, um sie besser greifbar zu machen. Ein bekanntes Beispiel ist die Hitzewelle, die vom Jahrhundertereignis zu einem jedes Jahrzehnt eintretenden Vorkommnis wird.
Tatsächlich sind visuelle Informationen – Graphiken und Bilder – sehr hilfreich, Risiken und Handlungsstrategien eindrücklicher zu vermitteln. Diese werden idealerweise in Kombination mit verschriftlichter oder verbal vermittelter Information eingesetzt, da so verschiedene Mittel gemeinsam beitragen, die Botschaft zu vermitteln.
Nicht zuletzt bieten auch Narrative — also in Erzählform dargebotene Informationen — eine weitere Möglichkeit, Verhaltensänderungen anzuregen. Hierbei sollten Probleme, Ursachen, Lösungen und Verantwortlichkeiten erwähnt werden, und idealerweise Figuren oder Charaktere eine Rolle spielen, die den Adressat:innen ähnlich oder bekannt sind.
Zum Weiterlesen
Den Zusammenhang von Klimawandel und Gesundheit stärker zu thematisieren — das tun im deutschsprachigen Raum unter anderem bereits diese beiden Institutionen:
- Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG)
- die von Eckart von Hirschhausen gegründete Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen