Titelblatt des Policy Papers von Klimafakten zur staatlichen Klimakommunikation

Weniger Heizungsstreit, mehr Gebäudesanierung, weniger Bratwurstdebatten, mehr planetare Gesundheit bei Landwirtschaft und Ernährung – Klimafakten hat den Start der neuen Bundesregierung in Deutschland zum Anlass genommen, erstmals „Handlungsempfehlungen für eine verbesserte Klimakommunikation für Bund und Länder“ in einem Policy Paper zusammenzufassen. Es fordert, Klimakommunikation künftig als eigenständiges, strategisches Element der Klimapolitik zu behandeln – und das bisherige fragmentierte, unkoordinierte, unzureichend auf Zielgruppen abgestimmte und politisch übermäßig stark eingefärbte kommunikative Durcheinander in der Klimakommunikation zu beenden.

Hierzu empfiehlt das Politikpapier die Ausrichtung von Klimakommunikation an drei Leitlinien:

  • die Orientierung an einer Wirkungslogik, also der Frage, wie Klimakommunikation von den jeweiligen Zielgruppen verstanden wird und dazu beiträgt, dass Klimaschutzmaßnahmen Rückhalt finden,
  • die gezielte Ausrichtung an grundlegenden Akzeptanzbedingungen von Klimaschutz und Klimaanpassung, beispielsweise der Frage der Wirksamkeit, des gesellschaftlichen Nutzens und der sozialen Fairness, und
  • eine konsistente Abstimmung und Koordination der Kommunikation zwischen unterschiedlichen Klimaschutzbehörden auf Bundes- und Länderebene.

Kommunale Klimaschutzbeauftragte fitmachen für wirksame Klimakommunikation 

Konkret schlägt das Papier unter anderem vor, ein bundesweites Programm für die Fortbildung kommunaler Klimaschutzbeauftragte in Klimakommunikation aufzulegen, eine nationale Strategie für den Umgang mit klimawandelbezogener Desinformation zu entwickeln und die Kommunikation der zahlreichen an Klimaschutz und Klimaanpassung beteiligten Behörden und öffentlichen Einrichtungen gezielt zu koordinieren.

Hintergrund der Politikempfehlungen ist ein verändertes politisches und gesellschaftliche Umfeld für Klimapolitik: So ist der Klimaschutz in vielen europäischen Ländern zuletzt von den Spitzenplätzen der politischen Topthemen verschwunden. Das liegt an der Dominanz anderer politischer Krisen, etwa den von der aktuellen US-Regierung ausgelösten wirtschaftspolitischen Schockwellen oder den Kriegen in Nahost oder der Ukraine. Zwar zeigen zahlreiche Umfragen stabil, dass sich große Mehrheiten mehr klimapolitisches Engagement ihrer jeweiligen Regierungen wünschen – doch führt diese anhaltende Politiknachfrage nur sehr bedingt auch zu einem entsprechenden Politikangebot.

Einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass konkrete Klimaschutzmaßnahmen von politischen Parteien, aber teils auch den Bürgerinnen und Bürgern als konfliktreich und polarisierend erlebt werden – wobei die politischen Entscheider teils gewollt, teils ungewollt zu eben jener Polarisierung beitragen.

Tatsächlich wurden politische Debatten etwa zum klimaverträglichen Umbau der Landwirtschaft, des Gebäudebestands (Stichwort „Heizhammer“) oder des Verkehrs zuletzt häufig wenig lösungsorientiert geführt und als Kulturkampf inszeniert: Klischeehaft stehen hier die hart arbeitenden, wirtschaftlich knapp kalkulierenden, Beruf und Familie mühsam ausbalancierenden Normalbürger mit Diesel-Familienkutsche und gasgeheiztem Vorstadteigenheim, dort die abgehobenen, hafer-latte-schlürfenden Bewohner:innen (Achtung: Gendern!) gentrifizierter Innenstadtviertel, die angeblich alle anderen mit rigiden Vorschriften über das „richtige Leben“ kujonieren wollen. Ende des Klischees.

Doch die Klischees sind wirkmächtig, sie emotionalisieren. Mit dem Ergebnis, dass die klimapolitischen Auseinandersetzungen sich weniger um den besten, wirksamsten und sozialverträglichsten Weg zum Klimaschutz drehen. Stattdessen werden Weltanschauungen oder gesellschaftliche Milieus gegeneinander in Stellung gebracht: Städter gegen Landbewohner, Gutverdiener gegen prekär Beschäftigte, Mieter gegen Eigenheimbesitzer etc. – das Ziel ist dabei weniger die beste Klimapolitik, sondern die Mobilisierung einer (erhofften) Wählerschaft.

Ob Klimadebatten lösungsorientiert verlaufen, wird in der kommunikativen Arena entschieden

Eine Hauptrolle spielt hierbei die Klimakommunikation, also die Frage, wie politische Akteure dazu beitragen können, dass in der Klimaschutzdebatte die Bearbeitung unterschiedlicher Interessenlagen und das Aushandeln solcher Lösungen im Vordergrund stehen, die für möglichst Viele tragfähig sind. Denn auch wenn erhitzte Kulturkampfdebatten vorrangig in Social Media ausgetragen werden – eine zentrale Rolle als Takt- und Impulsgeber in der Klimakommunikation spielen der Staat, die Regierung und die öffentlichen Einrichtungen. Viel zu selten orientieren sich Staat und Regierung hierbei an dem Aufgabenprofil, das ihnen das Pariser Abkommen in Artikel 12 zuschreibt. Nämlich

„Maßnahmen zur Verbesserung der Bildung, der Ausbildung, des öffentlichen Bewusstseins, der Beteiligung der Öffentlichkeit und des öffentlichen Zugangs zu Informationen auf dem Gebiet der Klimaänderungen zu ergreifen“.

Wie sie dieser Verpflichtung künftig wirkungsvoller nachkommen können, beschreibt das Policy Paper von Klimafakten.

Das Dokument (hier als PDF zum Herunterladen) ist in Zusammenarbeit mit Dr. Mirjam Jenny vom Institute for Planetary Health Behaviour entstanden und liefert sowohl eine Analyse der aktuellen kommunikativen und politischen Ausgangsbedingungen auch konkrete Vorschläge, wie die Bundesregierung, die Landesregierungen und andere öffentliche Stellen ihrem im Pariser Abkommen formulierten Kommunikationsauftrag wirkungsvoller gerecht werden können. 

red