Konventionelle Klimakommunikation stößt häufig an Grenzen: Die Wahrnehmung von Fakten wird oft durch bereits bestehende Meinungen gefiltert, und selbst umfangreiche Medienberichterstattung zum Klimawandel kann nahezu wirkungslos verpuffen. Doch immer wieder mal ist der Klimawandel – neben vielen anderen "ernsten" Themen aus Wissenschaft, Wirtschaft oder Politik – Gegenstand von Satire und Comedy. Im vergangenen Frühjahr beispielsweise widmete das ZDF-Kabarettformat „Die Anstalt“ eine ganze Sendung den Gefahren der Erderhitzung und der unzureichenden Reaktion der Öffentlichkeit darauf.

Inzwischen haben sich auch Sozialforscher dem Thema gewidmet. Und ihre Studien legen nahe: Satire unterhält nicht. Sie kann beim Thema Klimawandel durchaus auch einen aufklärerischen Effekt haben. Sarkasmus könne als "Katalysator für öffentliche Aufmerksamkeit für den Klimawandel" wirken, heißt es beispielsweise gleich in der Überschrift eines Artikels, den zwei US-Kommunikationswissenschaftlerinnen in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science Communication veröffentlicht haben. Ashley A. Anderson von der Colorado State University und Amy B. Becker von der Loyola University Maryland testeten in einem Experiment die Wirkung zweier komödiantischer Kurzvideos, wie sie in Sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder YouTube sehr beliebt und weit verbreitet sind.

In dem sarkastischen Video der US-amerikanischen Satire-Zeitung The Onion tritt ein falscher Klimaforscher auf und packt über die angebliche Verschwörung der Wissenschaften aus; Foto: The Onion/Screenshot 

Das eine Filmchen stammte vom TV-Kanal The Weather Channel und verteilte seinen Spott breit: Auf die Schippe genommen wurden darin sowohl Menschen, die den Klimawandel für ein Problem halten, als auch jene, die seine Existenz leugnen. Das zweite Video kam von der US-Satire-Zeitung The Onion und machte sich auf sarkastische Weise lustig über Anhänger der Behauptung, die Fakten zum Klimawandel seien in Wahrheit bloß das Produkt einer riesigen Forscher-Verschwörung. Für das Experiment wurden die Probanden in drei Gruppen aufgeteilt, die jeweils einen der Satire-Clips oder aber ein einen Kurzfilm zu einem ganz anderen Thema zu sehen bekamen. Alle Teilnehmer mussten vor und nach dem Video eine Reihe von Fragen beantworten – unter anderem dazu, ob sie den Klimawandel für real halten und für wie wichtig sie ihn erachten.

Große Wirkung bei Leuten, die der Klimawandel wenig interessiert

Für das ausgewogene Satire-Video des Weather-Channel fanden die Forscherinnen keinen signifikanten Effekt. Unter den Probanden jedoch, die den bitterbösen The Onion-Clip gesehen hatten, zeigte sich hinterher ein signifikant höheres Bewusstsein für die Realität des Klimawandels – und zwar "insbesondere unter solchen Leuten, die den Klimawandel usprünglich für ein nicht so wichtiges politisches Thema hielten". Ein, wie Anderson und Becker ihn nennen,"einseitiger Sarkasmus" könne also offenbar ein wenig interessiertes Publikum für den Klimawandel sensibilisieren und aktivieren.

Zwar sollten die Ergebnisse, wie die beiden Autorinnen betonen, nicht vorschnell verallgemeinert werden – unter anderem weil nur zwei Videos getestet wurden und die Zahl der Studienteilnehmer mit 142 ziemlich klein war (außerdem waren die Probanden sämtlich Studierende, also jünger und besser gebildet als die breite Bevölkerung). Doch die Studie fügt sich in ein Bild, das zuvor bereits andere Untersuchungen ergaben.

So sähe es aus, wenn in einer TV-Talkshow die Mehrheitsverhältnisse in der Klima"debatte" repräsentativ dargestellt würden - einzelnen Leugnern des Klimawandels stehen gegen fast hundert Prozent der Forschergemeinde gegenüber; Foto: HBO/Screenshot

So fanden beispielsweise Paul Brewer und Jessica McKnight vom Center for Political Communication der University of Delaware im vergangenen Jahr, dass ein Video aus der US-amerikanischen Late-Night-Show Last Week Tonight with John Oliver die Wahrnehmung des Klimawandel merklich veränderte. In dem Sketch stellte der Komiker die im Fernsehen beliebten Pro- & Contra-Talk-Runden mit Experten nach - allerdings brachte er dabei eindrucksvoll auf den Bildschirm, wie in Wahrheit die Mehrheitsverhältnisse in der Forschung verteilt sind: Drei Leugnern des Klimawandels standen dort 97 Personen gegenüber, die den überwältigenden Konsens der Fachwelt vertraten. Nachdem sie den Clip gesehen hatten, schätzten deutlich mehr der 288 Probanden den Forscherkonsens zutreffend ein. Und akzeptierten auch selbst stärker, dass der Klimawandel real und menschengemacht ist, berichteten die Brewer und Mc Knight 2017 im Atlantic Journal of Communication.

"Unsere Befunde eröffnen eine positive Aussicht für Klimaaktivisten"

Zwei Jahre zuvor hatte dasselbe Team bereits zwei Kurzvideos aus anderen Comedy-Sendungen getestet (aus The Daily Show und The Colbert Report). Auch in dieser Studie zeigte sich bei den 424 Teilnehmenden, dass das Klimabewusstsein nach Anschauen der Clips höher war als vorher. Und auch Brewer und McKnight kamen zu dem Befund, dass die Wirkung von Satire-Videos beim wenig interessierten Publikum besonders groß ist.

"Unsere Befunde eröffnen eine positive Aussicht für Klimaaktivisten", lautet das Fazit von Ashley Anderson und Amy Becker, den Autorinnen der aktuellen Studie. "Humor und Sarkasmus in Online-Videos können wenig-interessierte Personen erreichen." Paul Brewer und Jessica McKnight kamen zu einem sehr ähnlichen Resultat: "Sendungen dieser Art bieten eine mögliche Lösung für die Herausforderung, den Forscherkonsens zum Klimawandel an solche Teile des Publikums zu kommunizieren, das relativ wenig motiviert ist, Informationen zum Thema zu suchen."

Toralf Staud