Sprache prägt die Wahrnehmung des Menschen, und Medien haben einen großen Einfluss auf den Sprachgebrauch einer Gesellschaft. Deshalb hat in der Fachöffentlichkeit für einiges Aufsehen gesorgt, was die britische Tageszeitung The Guardian vergangenen Freitag bekanntgab: Künftig wolle das Blatt, dessen Online-Ausgabe weltweit zu den meistgelesenen Nachrichtenseiten gehört, den Terminus "Erderwärmung" meiden - und stattdessen eher von "Erderhitzung" sprechen.

"Wir wollen sicherstellen, dass wir wissenschaftlich präzise sind und zugleich klar mit unserer Leserschaft über dieses sehr wichtige Thema kommunizieren", zitiert das Blatt seine Chefredakteurin, Katharine Viner. "Der Ausdruck 'Klimawandel' zum Beispiel klingt ziemlich passiv und sanft, während das, worüber die Wissenschaft spricht, eine Katastrophe für die Menschheit ist." Statt von "Klimawandel" wolle der Verlag, zu dem auch die Sonntagszeitung The Observer gehört, künftig von "Klima-Notstand" sprechen, von "Klimakrise" oder "Klima-Zusammenbruch".

Wie viele andere Medien (auch in Deutschland und ebenso bei klimafakten.de) hat The Guardian einen sogenannten "Style Guide", in dem für die Mitarbeiterin und Mitarbeiter bestimmte Regeln für die Rechtschreibung festgelegt sind, aber auch für den bevorzugten Sprachgebrauch. Hier die neuen Einträge für die Begriffe "Klimawandel" und "Klimawissenschaftsleugner"; Screenshot: theguardian.com

Die Präzisierung der Wortwahl betrifft auch den umstrittenen Begriff "Klimaskeptiker". Dieser ist ursprünglich eine Selbstbeschreibung von Personen, die grundlegende Ergebnisse der Klimawissenschaften hartnäckig leugnen und die Integrität der Klimaforschung angreifen - weitestgehend unkritisch wurde der Terminus jedoch von den Medien und der Öffentlichkeit übernommen. Der Guardian schreibt dazu: "Das Wörterbuch 'Oxford English Dictionary' definiert einen Skeptiker als 'jemanden, der die Wahrheit sucht; einen Fragenden, der noch nicht zu einer endgültigen Schlussfolgerung gekommen ist." Dies aber seien die sogenannten "Klimaskeptiker" gerade nicht, so das Blatt. Sie würden "im Angesicht überwältigender wissenschaftlicher Belege leugnen, dass der Klimawandel stattfindet oder durch menschliche Aktivitäten verursacht ist". Daher sei die Bezeichnung "denier" korrekter, zu deutsch: "Leugner" oder "Verweigerer".

Regeln für präzisere Klima-Berichterstattung auch bei anderen Medien

Der Guardian folgt mit seiner Entscheidung anderen, vor allem englischsprachigen Medien, die in den vergangenen Jahren ihre redaktionelle Wortwahl im Bereich Klimawandel und Klimaforschung überarbeitet haben. Die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zum Beispiel legte schon Ende 2015 fest, den Begriff "Klimaskeptiker" fortan meiden zu wollen. Einer ähnlichen Linie folgt seit Jahren auch klimafakten.de.

Die öffentlich-rechtliche, britische Rundfunkanstalt BBC verfasste Ende 2018 ein internes Merkblatt zum Thema für ihre Redakteure. Darin gab sie Fehler in der früheren Berichterstattung zu, formulierte klare Sprachregelungen für die wissenschaftlich-präzise Berichterstattung über den Klimawandel und gab auch bekannt, Forschungsverweigerern künftig keinen Raum mehr zu geben: "Um Unparteilichkeit zu gewährleisten, ist es nicht nötig, offene Leugner des Klimawandels in der BBC-Berichterstattung vorkommen zu lassen", hieß es in dem Papier. "Genausowenig würden wir es ja tun mit jemandem, der bestreitet, dass Manchester United am letzten Samstag 2:0 gewonnen hat. Der Schiedsrichter hat gesprochen."

Toralf Staud