Was ein "Frame" ist, kann man gut im Journalismus sehen: "Journalisten sind nicht neutrale Protokollanten, sondern sie interpretieren stets die Wirklichkeit", sagt der Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann. Er forscht an der Universität Hamburg unter anderem dazu, wie Klimathemen in den Medien präsentiert werden (und ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von klimafakten.de). Typischerweise, so Brüggemann, geben Medienbeiträge stets auch Kontexte wieder – also inhaltliche Bedeutungsrahmen, die im Englischen "frames" genannt werden.

Michael Brüggemann war einer der Hauptreferenten bei der Konferenz K3 zu Klimawandel, Kommunikation und Gesellschaft Ende September in Salzburg. In seinem Vortrag nannte er zahlreiche Beispiele für Frames rund um den Klimawandel. Ein zentraler Frame beispielsweise ist der Verweis auf Unsicherheiten der Klimaforschung - in Beiträgen über Extremwetter etwa der Art: Gibt es schon genügend Daten, um sagen zu können, dass Wirbelstürme im Zuge des Klimawandels häufiger und/oder heftiger werden?

"Frames" sind nicht gut oder böse - wichtig ist, sie sich bewusst zu machen

Bei diesem "Unsicherheitsframe" unterscheidet Brüggemann jedoch zwei Varianten: Journalisten können erklären, dass Ungewissheiten völlig normal sind in der Forschung und es zur wissenschaftlichen Redlichkeit gehört, sie auch zu benennen. Medienbeiträge können Unsicherheiten aber auch auf eine Art thematisieren, dass (politische) Entscheidungen zum Klimaschutz aufgeschoben werden sollten, weil die wissenschaftliche Basis noch nicht eindeutig sei. Für einen Kommunikationswissenschaftler, betonte Brüggemann, sind Frames an sich nicht gut oder schlecht. Er möchte vielmehr das Bewusstsein wecken, dass es sie gibt - und dass man sie verändern kann. Eine solche Umdeutung, also eine Verschiebung des Rahmens, in dem die Realität betrachtet wird, nennt man "Re-Framing".

Zuletzt hat Brüggemann untersucht, wie die Realität des anthropogenen Klimawandels in den Medien dargestellt wird. Journalisten – vor allem in den USA und Großbritannien – haben das Thema lange Zeit als einen Meinungsstreit zwischen Parteien etwa gleichen Gewichts dargestellt. Bei der Analyse von Zeitungen in fünf Ländern ermittelte ein Team um Brüggemann aber nun, dass sich die Zeiten geändert haben: Personen, die den Klimawandel bezweifeln, werden zwar weiterhin häufig zitiert - aber inzwischen in der Regel kritisch eingeordnet. "Journalisten haben also zumindest etwas dazugelernt", kommentiert Brüggemann: Sie verschweigen (natürlich) nicht, dass es Kritik an Kernerkenntnissen der Klimaforschung gibt - machen mittlerweise aber transparent, dass dies Außenseiterpositionen sind.

In Workshops wie diesem suchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Konferenz K3 in Salzburg nach praxistauglichen Lösungen für die Klimakommunikation - etwa in Bezug auf "Frames"; Foto: Heide Spitzer /CCCA

Im Anschluss an seinen Vortrag machte Brüggemann in einem Workshop deutlich, dass es sich lohnt, über die "Deutungsangebote" in Medienbeiträgen nachzudenken – und auch die Art, wie man selbst über den Klimawandel redet, daraufhin abzuklopfen. Dadurch wird vor allem deutlich, dass es Alternativen zu vorherrschenden Deutungsmustern gibt.

Manche Themen lassen sich neu rahmen - andere nicht so einfach

Brüggemanns Hamburger Kollegin Imke Hoppe nannte in ihrem Vortrag in Salzburg einige Beispiele für solche Umdeutungen: "Der Klimawandel ist zwar unsichtbar und deshalb schwierig bildlich zu darzustellen", sagt sie. Doch dies könne man auch positiv wenden: "Der Klimawandel ist überall." Und deshalb müsste es doch möglich sein, ihn für die Menschen greifbar zu machen. Ein weiteres Beispiel: Man könne entweder betonen (und beklagen), wie komplex der Klimawandel ist. Ebenso gut könne man ihn als vielfältig und faszinierend begreifen.

Im Praxis-Workshop, den Michael Brüggemann gemeinsam mit Franzisca Weder von der Alpen-Adria Universität im österreichischen Klagenfurt abhielt, stießen die Teilnehmer dann aber auch auf die Schwierigkeiten des "Re-Framing". Die rund 40 Anwesenden sollten überlegen, wie sich der Ausstieg aus der Kohleverstromung in neue Deutungsrahmen setzen ließe. Schnell brachten sie positive Aspekte zu Papier: Es wäre nicht nur viel für den Klimaschutz gewonnen, ohne Kohlekraftwerke wäre auch die Luft sauberer. Es würden neue Technologien gefördert. Die regionale Wirtschaft (bei der Installation dezentraler Erneuerbarer Energien) gefördert.

Doch politisch entscheidend, so die allgemeine Einschätzung, sei derzeit ein anderer Frame: die Schwierigkeiten von wirtschaftlichen Strukturwandeln. Schließlich hat Nordrhein-Westfalen bis heute mit dem Niedergang von Steinkohleförderung und Stahlindustrie zu kämpfen - und Investitionsruinen gibt es auch in der Solarindustrie. Bei der Arbeitsplatzfrage, sagt Brüggemann, "kann die Industrie relativ leicht an Ängste und lokale Identitäten anknüpfen". Kann man dem etwas entgegensetzen? Einen anderen Frame konstruieren? Brüggemann sieht die Schwierigkeiten nicht so sehr auf der Ebene der Kommunikation: "Zunächst einmal braucht man tatsächlich eine wirtschaftliche Alternative."

Wobei offen bleibt, ob das Fehlen oder Vorhandensein einer wirtschaftlichen Alternative nicht bereits wieder der nächste vorgegebene Deutungsrahmen ist ...

Alexander Mäder