Brigitte Knopf, 46, studierte Physik an der Universität Marburg und promovierte an der Universität Potsdam (über Unsicherheiten in Klimamodellen). Mehrere Jahre arbeitete sie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), seit 2015 ist sie Generalsekretärin des Mercator Institute for Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin*.

 

1. Nennen Sie bitte eine Sache, die Ihnen persönlich wirklich sehr, sehr am Herzen liegt – und die Sie durch den Klimawandel gefährdet sehen.

Mir liegt das Thema Gerechtigkeit am Herzen, und das sehe ich durch den Klimawandel gefährdet. Er wird die gesellschaftlichen Konflikte verschärfen - um Ressourcen, um Zugang zu sauberem Wasser oder zu Nahrung. Und es geht darum, wer die Folgen des Klimawandels (etwa Dürren oder Überschwemmungen) zu tragen hat: nämlich meist die ärmeren Schichten der Bevölkerung und Länder, die weder eine Transformation des Energiesystems stemmen, noch sich an den Klimawandel anpassen können. Letzten Endes bedroht der Klimawandel das gesellschaftliche Fundament, sowohl in Deutschland als auch weltweit. 

2. Wann und mit wem haben Sie zuletzt – jenseits Ihres Jobs – über den Klimawandel gesprochen?

Das Thema ist ja gerade hochaktuell, von daher habe ich derzeit laufend Gespräche im Familien- oder Freundeskreis. Gerade erst habe ich mit einem Freund diskutiert, der angezweifelt hat, dass ein CO2-Preis tatsächlich eine Wirkung entfalten kann. Oft wollen meine Gesprächspartner auch wissen, was man jetzt politisch machen kann und fragen nach Einschätzungen, zum Beispiel was die vergangene Europawahl für die Klimapolitik bedeutet.  

3. … und mit wem würden Sie sich gern einmal darüber unterhalten?

Ich würde mich im Jahr 2050 gern mit meiner potenziellen Enkelin unterhalten. Ich bin dann fast 80 Jahre alt und würde ihr gern in die Augen schauen können und sagen können, dass wir damals im Jahr 2019 genug getan haben, um den Klimawandel aufzuhalten.

4. Wenn Sie versuchen, Menschen mit dem Thema Klimawandel zu erreichen - hatten Sie schon einmal einen Aha-Effekt in der Frage, wie das am besten gelingt?

Wir haben auf der MCC-Website eine sogenannte CO2-Uhr, die rückwärts zählt, wann wir das Budget an Treibhausgasen für ein bestimmtes Temperaturziel aufgebraucht haben. Die Uhr ist bei Wissenschaftlern nicht unumstritten, da es bei der Bestimmung dieses Budgets gewisse Unsicherheiten gibt. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie positiv die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind: Sie sagen oft, dass sie erst dadurch verstanden haben, dass es jetzt dringend ans Handeln gehen muss. Ein Temperaturziel ist viel zu abstrakt und hat mit der Lebenswirklichkeit wenig zu tun.

5. Die Menschen, die Ihnen besonders nahestehen - könnten die zutreffend beschreiben, was Sie in Sachen Klimawandel tun?

Ja, das denke ich schon. Mein Umfeld ist sehr interessiert, manchmal streiten wir uns in Diskussionen, wenn meine wissenschaftliche Argumentation auf die gelebte Erfahrung trifft, wie bei besagtem Freund und dem CO2-Preis. Solche Diskussionen sind zwar manchmal anstrengend - aber es ist oft hilfreich für mich, im privaten Bereich ein Korrektiv zu haben, denn man steckt oft so tief in der Theorie, dass man die Praxis gar nicht mehr anhören will.

6. Stellen Sie sich vor, Sie wären der Vorsitzende einer politischen Partei, die den Klimaschutz voranbringen will. Was wäre der Kampagnen-Slogan, mit dem Sie Ihre Wählerinnen und Wähler erreichen?

Ich war im Jahr 2009 beteiligt an einem tollen Projekt, wo es – noch vor der gescheiterten Klimakonferenz in Kopenhagen – um einen globalen Rahmen für Klimaschutz ging. Daraus ist ein Buch entstanden, für das ich mir den Titel ausgedacht habe: "Global aber gerecht". Das trifft immer noch sehr gut meinen Antrieb. Aber damit würde ich in Deutschland sicher keine Wahlen gewinnen. Dann vielleicht eher: "Klimaschutz – sicher in die Zukunft."

Foto: MCC;
Vergangenen Monat in dieser Rubrik: Martin Kaiser, Greenpeace Deutschland

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