"Jubel bricht aus, Diplomaten und Politiker liegen sich in den Armen, Tränen, beherztes Auflachen, Erleichterung." Diese Beobachtung vom Abschluss des Pariser UN-Klimagipfels im Dezember 2015 steht am Anfang des Buches von Susanne Götze und Annika Joeres. "Adopted!" – "angenommen!", hatten kurz zuvor die Worte von Laurent Fabius, Frankreichs Außenminister und Präsident der Konferenz, durch den Plenarsaal La Seine auf dem Pariser Konferenzgelände Le Bourget gehallt. Keine der anwesenden Delegationen hatte noch Einwände gehabt. Das Paris-Abkommen war damit verabschiedet, ein historischer Moment. "Das erste Mal in der Geschichte haben sich 197 Staaten auf ein Dokument zur Eindämmung der globalen Erwärmung geeinigt."

Fast fünf Jahre sind seitdem vergangen, doch die weltweiten Emissionen an Treibhausgasen sind immer weiter gestiegen. Und obwohl die Erderhitzung längst unübersehbar ist, sich ein Rekordjahr an das andere reiht, die Wissenschaft einen mahnenden Bericht nach dem anderen vorlegt, tut sich die Politik in Deutschland wie auch den meisten anderen Staaten weltweit sehr schwer damit, angemessen zu reagieren und strenge Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen.

Wesentlich verantwortlich dafür sei eine "Klimaschmutzlobby", argumentieren Götze und Joeres – und das ist auch der Titel ihres Buches, das in diesen Tagen im Piper-Verlag erschienen ist. "Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen", lautet der Untertitel. Susanne Götze schreibt seit Jahren über Klimawandel und Klimapolitik, unter anderem für die Frankfurter Rundschau und Spiegel Online – daneben ist sie seit 2016 freie Autorin im Team von klimafakten.de. Annika Joeres arbeitet für das gemeinnützige Rechercheportal correctiv.org und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Zeit Online.

"Netzwerke, deren Zusammenspiel verheerend ist"

Drei unterschiedliche Akteure beschreiben die Autorinnen: Da seien zum einen die sogenannten Klimawandel-Leugner, die Zweifel an Erkenntnissen der Klimaforschung säen oder diese rundheraus bestreiten - "eine zahlenmäßig eher kleine Gruppe, sie liefert aber Argumente für andere Klimaschutz-Verhinderer". Zweitens beleuchtet das Buch Rechtspopulisten und Rechtsextreme, die das Thema benutzten, "um Stimmung zu machen gegen die 'Lügenpresse' oder die 'Elite' und um Verschwörungstheorien zu verbreiten". Die mit Abstand größte und einflussreichste Gruppe jedoch seien "Klimaschutz-Bremser" verschiedenster Couleur: manche konservativen Politiker, marktradikale Thinktanks, Vertreter von Industrien, die mit dem Verbrennen fossiler Energieträger Geld verdienen. "Ihnen widerstrebt die Idee einer Ordnungspolitik, die ein effizienter Klima- und Umweltschutz benötigt".

Drei Jahre lang hätten sie für ihr Buch recherchiert, schreiben Götze und Joeres, "auf portugiesischen Klimawandel-Leugner-Konferenzen, in der französischen Nationalversammlung, in polnischen Kohleregionen, in Berliner Ministerien und in Brüsseler Ausschüssen". Sie seien überrascht gewesen, auf welche "Aggressivität und Gereiztheit" sie bisweilen trafen.

"Die Klimaschmutzlobby besteht aus verschiedenen Netzwerken, deren Zusammenspiel verheerend ist", lautet das Fazit des 300 Seiten dicken Buches. "Sie zögern rasche und wegweisende politische Aktionen hinaus, verpulvern Milliarden an fossile Branchen, streuen Zweifel an Klimafakten und bereichern sich auf Kosten unserer Erde. Deshalb ist es nun an der Zeit, sie ins Licht der Öffentlichkeit zu ziehen und ihre Verbindungen aufzuzeigen."

red