Wenn man Erkenntnisse der seriösen Klimaforschung von wenig verlässlichen Behauptungen aus der Szene der sogenannten "Klimaskeptiker" unterscheiden will, gab es bisher einen ziemlich guten Indikator: Man schaut, ob der jeweilige Autor schon in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht hat, wie viele Aufsätze es sind, zu welchen Themen und so weiter. Hat jemand wenig vorzuweisen und veröffentlicht seine Texte stattdessen nur auf Blogs, als Gastbeiträge in Tageszeitungen oder als  Papiere irgendwelcher (privaten) "Institute", dann ist in der Regel große Vorsicht angebracht.

Künftig könnte die Unterscheidung schwieriger werden, berichtet Graham Readfearn im britischen Guardian: Offensichtlich gelingt es Klimawandel-Leugnisten zunehmend, einzelne Veröffentlichungen in Fachjournalen unterzubringen - jedenfalls in solchen mit niedrigen (oder gar keinen) Qualitätsstandards. Sie profitieren dabei von einem relativ neuen Phänomen, sogenannten "Predatory Journals" (wörtlich übersetzt "Raubtierzeitschrift"). Darunter versteht man Zeitschriften (oder auch lediglich Websites), die bloß den Anschein eines ernstzunehmenden Fachjournals erwecken. Viele von ihnen sitzen in Indien, und ihr Geschäftsmodell ist schlicht, von den Autoren für die Publikation eines Aufsatzes zu kassieren.

Fake-Zeitschriften ohne echtes "Peer-Review"

Solche Gebühren sind zwar auch bei seriösen Open-Access-Zeitschriften üblich - doch dort werden eingereichte Artikel vor einer Veröffentlichung stets Fachwissenschaftlern aus dem jeweiligen Themengebiet zur Begutachtung vorgelegt. Sie prüfen die vorgebrachten Thesen, schauen sich die Methodik von Experimenten an, stellen kritische Rückfragen an die Autoren und so weiter. Als direkte Fachkollegen sind sie oft die einzigen, die die Seriösität einer Veröffentlichung wirklich einschätzen können. Im modernen Wissenschaftsbetrieb ist dieses sogenannte "Peer Review" (zu deutsch etwa: "Kollegen-Begutachtung") eines der wichtigsten Mittel der Qualitätssicherung. In "Predatory Journals" fällt es ganz oder teilweise aus.

Readfearn schildert nun Fälle, in denen Leugnisten wissenschaftlich wertlose oder stark fehlerbehaftete Artikel in Journalen unterbrachten oder gar als Redakteure engagiert wurden. Die "Fachzeitschriften" haben dabei stets wohlklingende Namen, bisweilen organisieren sie sogar Konferenzen (durch die Tagungsgebühren ein offenbar lukratives Geschäft). Gegen einen der größten Mitspieler in dieser zweifelhaften Branche, den "Verlag" Omics aus Hyderabad, hat die US-amerikanische Handelsaufsicht im vergangenen Jahr ein förmliches Verfahren eröffnet

Das Ergebnis "systematischer Probleme" des Wissenschaftsbetriebs

Hintergrund dieser Entwicklung sind, so ein im Guardian zitierter Wissenschaftler, "systematische Probleme" des Wissenschaftsbetriebs: Junge Wissenschaftler werden gedrängt, möglichst viel zu veröffentlichen oder möglichst oft auf Konferenzen aufzutreten. Eine ganze Branche von Fake-Zeitschriften nutzte dies aus, so Readfearn - und diese Pseudo-Journals würden nun wiederum von Klima-Leugnisten ausgenutzt. Im Ergebnis "kann irgendjemand irgendetwas in einer Zeitschrift veröffentlichen, deren Name offiziell klingt, in denen es aber keine der Sicherheitsvorkehrungen gibt, die in ernsthaften Fachzeitschriften existieren".

ts