Die Eisbärin Regine begleitet die Redaktion von klimafakten seit ein paar Jahren. Sie ist auch in Salzburg dabei. Und achtet darauf, dass bei der Kommunikation zum Klimawandel künftig nicht mehr so oft um Eisbären geht und wie sie unter der Erderwärmung leiden - sondern darum, wie der Klimawandel den Menschen angeht; Foto: Heide Spitzer/CCCA

In Salzburg findet heute und morgen die erste große deutschsprachige Konferenz zur Klimawandel-Kommunikation (K3) statt. klimafakten.de ist einer der Mitveranstalter und mit einem fünfköpfigen Team vor Ort. Hier lesen Sie fünf ganz persönliche Tagesbilanzen.

Eva Freundorfer, Projektreferentin

"Wie soll ich`s Dir nur sagen?" Die richtigen Worte und Bilder zu finden, fällt nicht nur Klima-KommunikationsexpertInnen nicht immer leicht. Umso mehr, wenn es um Klimathemen geht, deren faszinierende Komplexität dank wissenschaftlich-exakter Begrifflichkeiten umso sperriger wirkt. Menschen aus Praxis und Wissenschaft haben sich dazu den ganzen Tag ausgetauscht, im Hörsaal, in transparenten Räumen mit riesigen Fensterflächen, auf den Fluren, beim Essen.

Was sie festgestellt haben? Dass es die Worte, die für alle passen und von allen verstanden werden, nicht gibt. Dass es sich aber umso mehr lohnt, verschiedene vermittelnde Worte/Bilder/Formate auszuprobieren, sich abzuschauen und Ländergrenzen zu ignorieren.

Susanne Götze, freie Autorin

"Wir kennen die Faktenlage", brachte es bei der Eröffnungsrede am Morgen Astrid Rössler auf den Punkt, österreichische Grünen-Politikerin und Stellvertreterin des Landeshauptmanns (Ministerpräsidenten) des Landes Salzburg. "In der Umsetzung kommen wir aber nicht voran: Uns fehlen keine Fakten, sondern die emotionale Betroffenheit. Es fehlt an innerer Haltung, es geht um eine Wertediskussion." Ein wichtiges Plädoyer für neue Zugänge und Perspektiven auf den Klimawandel, mehr Kreativität und eine Kommunikation, die über Infografiken, Vorträge oder dröge Überzeugungsarbeit hinausgeht.

Das sehen auch die Youngsters des Kongresses so, die beiden Bachelor-Studentinnen Susanne Hackling und Amelie Kleinmann von der Hochschule der Medien in Stuttgart: "Liebe Leute", fragten sie bei einem der Workshops in die Runde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: "Wisst ihr eigentlich was ein Hashtag ist? Und warum hat eigentlich eine Youtube-Modequeen zehn Millionen Follower und Greenpeace nur einige Tausend?" Antwort: "Weil ihr nicht sexy genug seid!" Um den Klimaschutz hipp machen, schlugen die Studentinnen eine "Klimapunk"-Kampagne vor. Ihre Vorschläge stießen auf Erheiterung und Zustimmung, aber auch auf Widerstand: Nicht alle fanden eine solch "unwissenschaftlichen" Ansatz wirklich gut.

Dem Vertreter des österreichischen Wissenschaftsministerium, Christian Smoliner, jedoch dürfte die Idee gefallen haben: Denn die Konferenz könne nur ein Erfolg werden, sagte er, "wenn es viele konkrete Vorschläge und überraschende Ideen" gebe.

Alexander Mäder, freier Autor

Zwei Zitate sind mir in Erinnerung geblieben. Das eine stammt von Stephan Lewandowsky, der eine nachgewiesene Korrelation zwischen politischen Überzeugungen und der Akzeptanz des Klimawandels launig kommentierte: "Je stärker jemand an die freie Marktwirtschaft glaubt, desto weniger glaubt er an die Gesetze der Physik."

Und Michael Brüggemann setzte dem oft zitierten Satz von Hanns Joachim Friedrichs, ein Journalist dürfe sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten, entgegen, dass Friedrichs zumindest manchmal sich selbst erlaubt hat, Partei zu sein: Im letzten Interview vor seinem Tod habe er über seine Tierfilme gesprochen und beklagt, dass der Mensch vielleicht diesen grünen Bereich auch noch zerstören werde.

Carel Mohn, Projektleiter

Als ich als Tagungsmoderator früh am Morgen da vorn stehe, in 250 erwartungsvolle Gesichter blicke, kurz davor, den Startschuss für die K3 zu geben, da wird mir doch ein wenig blümerant. Das riesige Interesse an der K3, die Tatsache, dass wir praktisch keinerlei Werbung betreiben mussten – das beflügelt. Es macht deutlich, dass in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Frage geradezu flimmernd in der Luft hängt, wie man neue Wege finden kann, das Klima zum Thema zu machen. Und der Tag nach der Bundestagswahl in Deutschland und drei Wochen vor der Nationalratswahl in Österreich ist genau der richtige Zeitpunkt für eine solche Veranstaltung. Denn die meisten Mitglieder der in Salzburg versammelten bunten Klima-Community würden wohl den Satz unterschreiben: Es ist an der Zeit, die Dinge beim Klima ganz anders anzugehen als bisher.

So steht also die große Frage im Raum: Was ist die Formel, um die Stimmung hin zum Kipppunkt für Action zu treiben? Was sind die fünf oder sieben Zutaten, die man braucht, um Hedonisten oder Konsumorientierte endlich für den Klimaschutz zu gewinnen? Kurzum: Wie geht "gute" Klimakommunikation?

Natürlich ist das eine viel zu große Frage, eine nicht zu erfüllende Erwartung. Da trifft es sich gut, dass ich am Vorabend mit einem Mediziner im Publikum ins Gespräch gekommen bin. Aus dem Gespräch habe ich ein Bild mitgenommen, mit den hohen Erwartungen umzugehen, mit der Vorstellung, dass jetzt nun also die Sozialwissenschaften doch bitte die empirisch fundierte Theorie der Klimakommunikation liefern sollen. In der Medizin wissen wir, mit welcher Erwartung wir an Therapien herangehen dürfen. Da wissen wir, dass es in der Medizin eine Garantie nicht geben wird, dass eine Therapie in jedem Fall wirkt – zu verschieden sind die Patienten, zu komplex häufig die physiologischen Prozesse. Und doch wissen wir, dass beharrliche, ausdauernde medizinische Forschung in Verbindung mit ärztlicher Erfahrung, Intuition und Demut gegenüber den Grenzen der ärztlichen Heilkunst der Mix ist, auf den es ankommt.

Ich stehe also da vorn, blicke in 250 erwartungsvolle Gesichter und werde die Aufgabe, "gute Klimakommunikation" zu liefern, mit dem Pragmatismus eines Hausarztes angehen. Und dann gebe ich das Startzeichen für die K3.

Toralf Staud, Redakteur

47 Menschen, ein Seminarraum, anderthalb Stunden. Dies ist einer von zwölf Workshops, die am Montag auf dem Konferenzprogramm stehen. Das Thema ist "Storytelling", und die alle beschäftigende Frage: Wenn trockene Fakten niemanden so richtig zu bewegen scheinen, vielleicht hilft es, wenn wir fesselnde Geschichten erzählen? Die müssen natürlich faktisch stimmen - aber doch mehr als dies bieten.

Eine Mitarbeiterin des österreichischen Wetterdienstes, jemand von der Caritas, eine junge Forscherin vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, eine Campaignerin der deutschen Klima-Allianz, ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung Zwickau, eine Grünen-Politikerin aus der Schweiz, ein Klimaforscher aus Graz, eine Mitarbeiterin eines Think Tanks aus Berlin und und und. Vermutlich haben so verschiedenen Leute noch nie zusammengesessen. In Kleingruppen sollen sie sich Stories ausdenken. Sollen entweder mit einer konkreten Geschichte ganz anschaulich erzählen, wie das Leben, die Gesellschaft in ein paar Jahrzehnten aussehen könnte. Oder eine Story entwerfen, die man Donald Trump erzählen könnte, um ihn zu einer klimafreundlichen Politik zu bewegen.

Und tatsächlich, es funktioniert. Zu fünft, zu sechst, zu acht um einen Tisch sitzend entstehen witzige Geschichten, irre Bilder. Jeder im Raum weiß unglaublich viel über den Klimawandel; aber statt zum x-ten Mal die Fakten darzulegen, wird das Wissen zu einer Folie, auf der die Phantasie zu schreiben beginnt. Die entstandenen Geschichten sollen eventuell als kleine Hörspiele produziert werden, deshalb sei hier nichts über die Ideen verraten. Naja, eine vielleicht doch: Am Ende einer Story sirrt Easy Rider auf einer Elektro-Harley in den Sonnenuntergang des Wilden Westens ...