Die großen Talkshows von ARD und ZDF haben sich 2018 deutlich häufiger Umwelt- und Klimathemen gewidmet als 2017 – dennoch blieb die Anzahl der Sendeplätze weiterhin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Nimmt man die vier Sendeformate Anne Will, Maischberger, Maybrit Illner und Hart aber fair zusammen, dann ging es 2018 durchschnittlich genau einmal im Monat um Themen mit Bezug zu Umwelt und Klimawandel. Diese zwölf Sendungen ergaben einen Anteil 8,5 Prozent aller insgesamt 141 Talkshow-Ausgaben im Öffentlich-Rechtlichen. Dies zeigt eine Auswertung des Online-Magazins klimafakten.de.

Gegenüber dem Vorjahr konnten Umwelt- und Klimathemen damit in den Talkshows von ARD und ZDF deutlich an Sichtbarkeit zulegen: Noch 2017 war es an bloßen fünf Sendeterminen um Umwelt- oder Klimathemen gegangen, ein Anteil von lediglich 3,5 Prozent der insgesamt 143 Talk-Sendungen in jenem Jahr.

Hinweis: Bei der Auswertung haben wir einzelne Sendungen mehreren Themengebieten zugeordnet. Die Gesamtsumme der thematischen "Treffer" für alle elf Themengebiete ist daher größer als die Zahl der 141 Sendetermine

Mehrere Faktoren dürften zu der größeren Prominenz des Themenfeldes beigetragen haben. So machte der Extremsommer die Auswirkungen des Klimawandels auch hierzulande deutlich sicht- und spürbar. Der Zeitraum April bis Oktober 2018 war der trockenste seit Beginn der Messungen; die Wahrscheinlichkeit solcher Extreme hat durch den Klimawandel bereits deutlich zugenommen und wird sich weiter erhöhen.

Extremsommer und Kohlekonflikt drückten den Klimawandel ins Programm

Parallel dazu rückten die Arbeit der Kohlekommission und die Besetzung des Hambacher Waldes den Klimaschutz ins Zentrum politischer Auseinandersetzungen. "Zu begrüßen ist, dass Talkshows mittlerweile über die wichtige Frage reden, was wir zum Klimaschutz beitragen können, statt auf der wissenschaftlich längst geklärten Frage hängen zu bleiben, ob es den menschengemachten Klimawandel überhaupt gibt", sagt Michael Brüggemann, Kommunikationswissenschaftler und Professor für Klimakommunikation an der Universität Hamburg (und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von klimafakten.de).

Die Ausgabe der ZDF-Sendung Maybrit Illner vom 13. Dezember 2018 war einer der wenigen Gelegenheiten, an denen sich eine der großen, gebührenfinanzierten Fernseh-Talkshows mit dem Klimawandel beschäftigten - zu Gast war unter anderem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (3.v.l.) und der Potsdamer Klimaforscher (und klimafakten.de-Beirat) Stefan Rahmstorf (ganz rechts); Foto: Screenshot/ZDF

Um Klimathemen im engeren Sinne ging es 2018 in fünf Talkrunden. Die anderen sieben Sendungen zum Themenfeld Umwelt und Klima waren dem Plastikmüll und dem Dieselbetrugsskandal gewidmet. Von den vier ARD- und ZDF-Talkshows widmete sich Maybrit Illner 2018 am häufigsten Themen mit Umwelt- oder Klimabezug, und zwar in sechs Sendungen - also allein genauso häufig wie die drei ARD-Talkshows Anne Will, Maischberger und Hart aber fair zusammengenommen. In einer Stellungnahme gegenüber klimafakten.de verwies die ARD-Pressestelle darauf, dass der Klimawandel auch Gegenstand zahlreicher anderer ARD-Sendungen gewesen sei.

Welchen relativen Stellenwert Umwelt- und Klimathemen hatten, zeigt sich insbesondere bei einem Blick auf die Häufigkeit, mit der es um andere Themen ging. So beschäftigten sich die vier öffentlich-rechtlichen Talkshow-Formate 2018 insgesamt 31 Mal mit Außen-, Europa- oder Verteidigungspolitik, und sogar 41 Mal standen die Große Koalition, die Parteien oder Landtagswahlen auf der Tagesordnung. Die Zahl der Sendungen, der dem Themenfeld Flucht, Zuwanderung und Integration gewidmet war, ging gegenüber dem Vorjahr leicht zurück: Sie sank von 15 Sendungen 2017 auf zwölf 2018.

Carel Carlowitz Mohn