Was er für die Städte bedeutet
Kernergebnisse
-
1 Viele der entstehenden Risiken des Klimawandels ballen sich in urbanen Gebieten.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten. Dort konzentrieren sich zugleich die meisten Gebäude und wirtschaftlichen Aktivitäten. In urbanen Gebieten findet sich außerdem ein Großteil jener Menschen und Wirtschaftsaktivitäten, die am anfälligsten sind für die Folgen des Klimawandels.
-
2 Der Klimawandel wirkt sich schon heute auf die Städte aus, und die Auswirkungen werden stärker.
Zu den wichtigsten Aspekten gehören steigende Temperaturen und Hitzestress, Versorgungssicherheit und Qualität von Wasser und Lebensmitteln, steigende Meeresspiegel, Sturmfluten und die Versauerung der Meere sowie Extremwetterereignisse, etwa Starkregen, Stürme oder Überschwemmungen an Flüssen.
-
3 Die Stadtbevölkerung wird sich weltweit bis zum Jahr 2050 voraussichtlich verdoppeln.
Dadurch wird sich die Zahl der Menschen und Vermögenswerte erhöhen, die Klimarisiken ausgesetzt sind. Durch die rasche Urbanisierung in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen ist bereits die Zahl der informellen Siedlungen gestiegen. Diese sind besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels und beispielsweise sehr stark durch Extremwetterereignisse bedroht.
-
4 Wenn Städte widerstandsfähiger gemacht werden gegenüber dem Klimawandel oder ganz allgemein deren nachhaltige Entwicklung gefördert wird, dann nützt dies der Klimaanpassung auch im weltweiten Maßstab.
Möglichkeiten zur Anpassung existieren beispielsweise in den Bereichen Wasserversorgung, Ernährung, Energieversorgung oder Verkehr.
-
5 In den rasch wachsenden Städten der Schwellenländer liegt das vielleicht größte Potenzial für die Verringerung von Treibhausgasemissionen.
Zu den urbanen Sektoren mit Klimaschutzpotenzial gehören Gebäude, Energie, Verkehr und Industrie. Allerdings fehlt es gerade diesen Städten häufig an den finanziellen, technologischen, institutionellen und politischen Kapazitäten für wirksame Klimaschutzmaßnahmen.
Infografik
Zusammenfassung
Bis zum Jahr 2050 wird ein Wachstum der globalen Stadtbevölkerung um 2,5 bis 3 Milliarden (gegenüber 2009) erwartet; weltweit werden dann 64 bis 69 Prozent der Menschen in Städten leben. Urbane Gebiete sind eine Hauptquelle von Treibhausgasen und derzeit für rund 70 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich.
Steigende Meeresspiegel und Überschwemmungen an Flüssen, Hitzeperioden und die mögliche Ausbreitung von Krankheiten, zunehmende Dürren und damit einhergehende Wasserknappheit und Luftverschmutzung – all dies wird Gesundheit, Lebensgrundlagen und Vermögenswerte von Menschen stark beeinträchtigen. Der Klimawandel könnte den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und die Lebensqualität in Städten verschlechtern.
Am stärksten betreffen wird dies wahrscheinlich die arme Bevölkerung in den schnell wachsenden Städten der Entwicklungsländer. Der Klimawandel wird zudem lokale und nationale Wirtschafts- und Ökosysteme in Mitleidenschaft ziehen. Beispielsweise sind Hafeninfrastrukturen im Wert von mehr als drei Billionen US-Dollar in 136 der weltweit größten Hafenstädte anfällig für Extremwetterereignisse.
Auch wenn sie eine komplexe Aufgabe darstellt, so ist Anpassung doch möglich – und langfristig betrachtet kostengünstiger als nichts zu tun. Beispielsweise hat eine Untersuchung heutiger und künftiger Flutschäden in einigen der weltweit größten Küstenstädte gezeigt, dass die geschätzten Anpassungskosten weit unter den voraussichtlichen Schäden liegen, die ohne Anpassung eintreten würden.
Die meisten der Risiken, die aus den Hauptgefahren des Klimawandels resultieren, werden für städtische Gebiete in nächster Zeit zunehmen. Ein hohes Niveau der Anpassung kann diese Risiken deutlich senken. Jedoch macht jedes weitere Grad Erderwärmung die Anpassung schwieriger.
Die Möglichkeiten, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern, unterscheiden sich von Stadt zu Stadt, und wahrscheinlich sind sie am wirksamsten, wenn verschiedene Politikinstrumente kombiniert werden. In bestehenden oder bereits weit entwickelten Städten sind die Optionen durch die vorhandenen Strukturen begrenzt, doch sind Sanierungen und Nachrüstungen möglich. Hingegen ist in sich rasch entwickelnden Städten noch eine Urbanisierung und Infrastrukturentwicklung möglich, die einen nachhaltigeren und CO2-armen Weg einschlägt.
Laut aktuellen Erkenntnissen muss das Tempo der Emissionsminderungen sowohl in Städten der entwickelten wie auch der weniger entwickelten Länder zunehmen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Emissionen aus Energieversorgung, Verkehr, Gebäuden und Industrie liegen. Daneben gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten, den Treibhausgasausstoß durch kluge Stadtplanung und -entwicklung zu senken.
Folgen des Klimawandels
Viele der weltweit entstehenden Risiken des Klimawandels ballen sich in städtischen Gebieten.
Folgen und Risiken in Kürze
- Steigende Temperaturen könnten den Effekt städtischer Wärmeinseln verstärken – und damit hitzebedingte Gesundheitsprobleme und die Luftverschmutzung in Städten verschärfen.
- Die Erderwärmung wird voraussichtlich die erneuerbaren Wasserressourcen verringern – was möglicherweise die Trinkwasserversorgung in vielen städtischen Gebieten beeinträchtigt, wasserbedingte Krankheiten begünstigt, die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt und die Ernährungssicherheit gefährdet.
- Die Versauerung der Ozeane ist ein Risiko für die Meeresressourcen.
- Der Meeresspiegelanstieg, Extremwetterereignisse und Binnenhochwasser werden das Leben und die Existenzgrundlagen von Menschen gefährden, Infrastrukturen zerstören sowie Versorgungsengpässe und politische Konflikte auslösen.
- Die Vermögenswerte in Küstenstädten, die Überflutungsrisiken ausgesetzt sind, entsprachen im Jahr 2005 fünf Prozent des weltweiten BIP – bis 2070 werden es voraussichtlich neun Prozent sein.
Steigende Temperaturen
Bis Mitte des 21. Jahrhunderts werden die meisten der Menschen, die in den Metropolen der Welt leben, mit einer Temperaturerhöhung um mindestens 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau konfrontiert sein – wobei der Städtische-Wärmeinsel-Effekt noch nicht einmal berücksichtigt ist.
Zum Ende des Jahrhunderts werden einige der urbanen Gebiete, die bis 2025 voraussichtlich zu den größten der Welt gehören, einen Temperaturanstieg von bis zu 2,5 °C zu verzeichnen haben (wiederum ohne den Effekt Städtischer Wärmeinseln). Dies gilt insbesondere für Städte in den hohen Breiten.
Unterm Strich könnten die Durchschnittstemperaturen in manchen Städten um mehr als 4 °C zunehmen, der Anstieg der Spitzentemperaturen der einzelnen Jahreszeiten sogar noch höher ausfallen. Heiße Tage und Hitzeperioden werden häufiger, wodurch sich der Wärmeinsel-Effekt verschärft. Die Folge sind hitzebedingte Gesundheitsprobleme und möglicherweise eine verstärkte Luftverschmutzung.
Zunehmen wird auch die Nachfrage nach Kühlenergie und sauberem Wasser sowie die Zahl der Infrastrukturschäden. Prognosen zufolge bedeutet jedes Grad Erderwärmung für weitere sieben Prozent der Weltbevölkerung, dass sie mit einem Rückgang ihrer erneuerbaren Wasserressourcen um mindestens ein Fünftel konfrontiert sind.
Wasserknappheit
Die Risiken, die der Klimawandel für Süßwasservorkommen birgt (etwa durch vermehrte Dürren), können auf vielerlei Weise auch städtische Gebiete zu spüren bekommen: zunehmender Wassermangel, Stromausfälle (durch Beeinträchtigungen bei Wasserkraftwerken oder der Anlagenkühlung in konventionellen Kraftwerken), vermehrte Krankheiten (durch Nutzung verschmutzten Wassers), Verteuerung und Verknappung von Lebensmitteln (durch schlechtere Ernten).
Dies alles kann außerdem wirtschaftliche Probleme und die Landflucht verstärken. Bereits heute leben schätzungsweise 150 Millionen Menschen in Städten, die unter dauerhaftem Wassermangel leiden (das heißt, sie verfügen über weniger als 100 Liter pro Tag und Bewohner). Bis 2050 wird ein starker Anstieg dieser Zahl erwartet, möglicherweise auf eine Milliarde.
Steigende Meeresspiegel und Sturmfluten
Weil immer mehr Menschen an Küsten siedeln, ist der Anstieg der Meeresspiegel eines der bedeutendsten Risiken des Klimawandels für Städte. Im Jahr 2000 umfassten Küstengebiete, die höchstens zehn Meter über dem Meeresspiegel liegen (die sogenannte Low Elevation Coastal Zone, LECZ), lediglich zwei Prozent der weltweiten Landfläche – aber sie beherbergte zehn Prozent der Weltbevölkerung (600 Millionen Menschen), darunter 13 Prozent der globalen Stadtbevölkerung (360 Millionen).
Zwei Drittel aller Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern liegen in der LECZ. Wächst der Ausstoß an Treibhausgasen weiter wie bisher, könnten die Meere bis zum Jahr 2100 um fast einen Meter steigen. Zu beachten ist, dass der Anstieg nicht gleichmäßig erfolgt. Im Japanischen Meer beispielsweise steigt der Meeresspiegel zurzeit doppelt so schnell wie im weltweiten Durchschnitt.
Der Meeresspiegelanstieg, die damit zusammenhängende Erosion an Küsten und Flussufern sowie Überschwemmungen in Verbindung mit Sturmfluten könnten weitreichende Folgen haben für die Bevölkerung, für Eigentumswerte sowie für die Vegetation und die Ökosysteme an den Küsten. Sie gefährden zudem Handel, Wirtschaft und Lebensgrundlagen. Besonders anfällig für zunehmende Flutrisiken sind Städte mit ausgedehnten Hafenanlagen und großen petrochemischen und Energieversorgungsanlagen.
Bereits bei einem Meeresspiegelanstieg um einen halben Meter (wie ihn Projektionen bei mittelstarken Klimaschutzanstrengungen bis Ende des Jahrhunderts ergeben) könnte sich die Zahl der gefährdeten Menschen mehr als verdreifachen, und der Umfang der gefährdeten Vermögenswerte könnte sich mehr als verzehnfachen.
Im Jahr 2005 waren in den größten Hafenstädten der Welt schätzungsweise drei Billionen US-Dollar an Vermögenswerten einem Überschwemmungsrisiko infolge von Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten ausgesetzt – das sind etwa fünf Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis zu den 2070er-Jahren wird ein Anstieg auf etwa neun Prozent des weltweiten BIP erwartet. In rasch wachsenden und besonders verwundbaren Städten wie Ningbo (China), Dhaka (Bangladesch) und Kalkutta (Indien) könnte der Wert der gefährdeten Vermögensgegenstände auf mehr als das 60-Fache steigen.
Binnenhochwasser
Bis Ende des 21. Jahrhunderts wird die Intensität von Starkregen um zehn bis 60 Prozent zunehmen. Es dürfte daher öfter zu Überschwemmungen kommen. Kanalisationen müssen bis zu 400 Prozent mehr Wasser bewältigen und werden öfter überlaufen (insbesondere Mischwassersysteme).
In manchen Städten wird die Menge von Abwässern, die so unkontrolliert in die Umwelt gelangt, um voraussichtlich 40 Prozent zunehmen. Die Folgen von Binnenhochwässern verschlimmern sich dadurch, dass beim unkontrollierten Wachstum von Städten natürliche Flussläufe und Überflutungsflächen oft überbaut werden.
Ernährungssicherheit
Bei der Versorgung mit Lebensmitteln sind Städte sowohl von ihrem Umland abhängig als auch vom Rest der Welt. In vielen Regionen wird der Klimawandel zu schrumpfenden Ackerflächen und schlechteren Ernten führen. Wenn die Anbaumethoden nicht an den Klimawandel angepasst werden, ist für wichtige Kulturen wie Weizen, Reis und Mais bei einem lokalen Temperaturanstieg um zwei Grad (gegenüber heute) mit Ertragseinbußen zu rechnen.
Ab dem Jahr 2050 nimmt das Risiko ernsterer Auswirkungen auf die Ernten zu; wie sehr, hängt ab vom Umfang der Erderwärmung. Zudem ist mit stärkeren Schwankungen der jährlichen Erträge zu rechnen. Der Klimawandel kann sich auf sämtliche Aspekte der Ernährungssicherheit auswirken, etwa auf den Zugang zu Nahrungsmitteln, ihre tatsächliche Verfügbarkeit für die Verbraucher und die Stabilität der Preise. Die Urbanisierung verändert das genutzte Land, im allgemeinen schrumpfen ökologisch intakte Flächen, verbleibende Flächen werden zersiedelt.
Außerdem hat der Klimawandel Einfluss auf die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Ozeane. Veränderungen der Wassertemperatur, des pH-Werts und des Sauerstoffgehalts haben direkte Folgen für Fische und Schalentiere. Bei einer globalen Erwärmung um zwei Grad bis 2050 werden Verluste beim Fischfang im Wert von 17 bis 41 Milliarden US-Dollar (gegenüber 2005) erwartet.
Dies hätte signifikante Auswirkungen für Städte, deren Lebensmittelversorgung stark von der lokalen Fischerei abhängt. Besonders schwer werden Gesellschaften betroffen sein, in denen Fisch eine wichtige Lebensgrundlage darstellt.
Möglichkeiten der Anpassung
Die Kommunalverwaltungen sind der Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Klimaanpassung von Städten. Denn es kommt maßgeblich auf die örtlichen Gegebenheiten an und darauf, dass die Anpasssungsstrategie in lokale Investitionen, Vorschriften und politische Entscheidungen integriert wird.
Wohlverwaltete Städte mit guten und für alle verfügbaren Infrastrukturen und Dienstleistungen sind eine stabile Basis, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels zu erhöhen. Doch müssen Planung, Gestaltung und Verteilung personeller, finanzieller und materieller Ressourcen an den aufziehenden Klimarisiken ausgerichtet werden. Obwohl sich in den vielen rasch wachsenden Städten gute Möglichkeiten für Klimaanpassung und nachhaltige Entwicklung bieten, gibt es nur wenige Hinweise, dass diese bisher genutzt worden wären.
Planung
Es gibt keinen allgemeingültigen Ansatz für die Planung urbaner Anpassungsmaßnahmen, denn die Anpassung an den Klimawandel präsentiert sich, genau wie die Städte selbst, komplex, vielfältig und kontextabhängig. Top-down und Bottom-up-Ansätze sollten kombiniert werden, Stadtverwaltungen mit der Zivilgesellschaft, dem Privatsektor und einkommensschwachen Teilen der Bevölkerung zusammenarbeiten.
Eine stärkere Verknüpfung von Katastrophenvorsorge und Klimaanpassung sowie beider Einbeziehung in lokale, regionale, nationale und internationale Entwicklungsstrategien kann in jeder Hinsicht Vorteile bringen.
Finanzierung
Großen Städten mit starken Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen fällt es am leichtesten, externe Gelder für Anpassungsmaßnahmen anzuziehen und selbst Mittel aufzubringen. Dagegen haben kleinere und weniger wohlhabende Kommunen mit zersplitterten politischen Strukturen oder einer leistungsschwächeren Verwaltung geringere Erfolgschancen.
Die Palette möglicher Finanzierungsinstrumente ist breit: lokale Einnahmen (Steuern, Abgaben, Gebühren), lokale und nationale Finanz- und Anleihenmärkte, Verträge und Konzessionen im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP), Finanztransfers/Anreize von nationaler oder föderaler Ebene, private und marktorientierte Investitionen, Zuschüsse oder verbilligte Darlehen (etwa aus einem Anpassungsfonds).
Wohnungsmarkt
Hochwertiger und erschwinglicher Wohnraum an geeigneten Standorten minimiert gegenwärtige Gefährdungen und Schäden und ist eine tragfähige Basis für eine stadtweite Anpassung an den Klimawandel. Für Eigentümer sowie öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Organisationen gibt es viele Möglichkeiten, die vorhandene Bausubstanz an den Klimawandel anzupassen.
Steigende Temperaturen
Als Reaktion auf den Temperaturanstieg können Kommunen stadtplanerische Strategien für das Wärmemanagement entwickeln, etwa den Einsatz von Grünzonen, Frischluftkorridoren, begrünten Dächern und Wasserflächen. Dazu gehört auch, Bauvorschriften zu verbessern und solche Infrastrukturen beständiger gegen die zunehmende Hitze zu machen, die insbesondere von den schwächsten Bevölkerungsgruppen genutzt werden (Schulen, Altenheime und Krankenhäuser).
Grundversorgung
Der Abbau von Mängeln bei der Grundversorgung und der Aufbau resilienter Infrastrukturen (z.B. Wasserver- und entsorgung, Sanitäreinrichtungen, Stromversorgung, Verkehrs- und Telekommunikationsnetze, Gesundheitsversorgung, Bildung, Rettungsdienste) können die Anfälligkeit für Folgen des Klimawandels beträchtlich mildern. Dies gilt besonders für die Bevölkerungsgruppen mit dem höchsten Risiko und der größten Verwundbarkeit.
Wasserversorgung
Weil steigende Temperaturen den Wasserbedarf erhöhen, müssen sich Städte mit der Planung und Infrastruktur der Wasserversorgung befassen. Zu den Maßnahmen, um die erforderliche Menge und Qualität des Wassers zu sichern, gehören: Schaffung verstärkter, dezentraler und autonom betriebener Ver- und Entsorgungseinrichtungen; Förderung der Wiederverwertung von Wasser, der Nutzung von Grauwasser und eines besseren Managements des Regenwasserabflusses; Erschließung neuer bzw. alternativer Wasserbezugsquellen und Ausbau der Speicherkapazitäten. Wassermangel kann auch Kraftwerke betreffen, weshalb Städte wasserunabhängige Kapazitäten zur Energieerzeugung ausbauen sollten.
Meeresspiegel und Sturmfluten
Wegen der Risiken infolge von Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten müssen Städte möglicherweise ihre Küsteninfrastruktur verstärken, insbesondere Häfen und Anlagen zur Stromerzeugung. Dies erfordert den Bau von Schutzvorrichtungen gegen Sturmfluten (Sperren, Schleusen, Deiche etc.), eine deutlich veränderte Raumplanung und auch die Erweiterung in höher gelegene Gebiete sowie die Verlegung essenzieller Versorgungseinrichtungen.
Die Risiken für Leib und Leben der Einwohner lassen sich durch verbesserte Frühwarnsysteme, Evakuierungs- und Krisenpläne verringern. Weitere Optionen sind die Entwicklung alternativer Verkehrsrouten und -mittel entlang der Küsten sowie dezentraler und küstenferner Energieerzeugungskapazitäten.
Extremwetter und Binnenhochwasser
Die Zunahme von Extremwetterereignissen wird die Städte zwingen, dezentrale und resiliente Systeme für die Energie- und Gesundheitsversorgung sowie für die Einsatzleitung bei Rettungsoder Katastropheneinsätzen zu entwickeln. Dazu gehört auch die Verstärkung der Infrastrukturen öffentlicher Verkehrsmittel und möglicherweise die Bevorratung von Treibstoff, Wasser und Lebensmitteln. Mittels überarbeiteter Bauvorschriften kann die Widerstandsfähigkeit von Gebäuden und Infrastukturen erhöht werden, wobei ärmeren Bevölkerungsgruppen ein besonderes Augenmerk gelten muss. Die Kanalisation für Abwässer und Regenwasser kann verbessert werden.
Ernährungssicherheit
Anpassungsmaßnahmen in diesem Bereich können insbesondere die Klimaanfälligkeit ärmerer Stadtbewohner mindern. Möglichkeiten auf lokaler Ebene sind beispielsweise die Förderung von Landwirtschaft in der Stadt und im direkten Umland (urbane und peri-urbane Landwirtschaft) oder auf Gründächern.
Um Preisanstiege bei Lebensmitteln zu begrenzen, können beispielsweise lokale Märkte effizienter gemacht und Bauernmärkte gefördert sowie in die Infrastruktur und in Produktionstechniken investiert werden. Weitere Möglichkeiten wären, Straßenverkäufer von Lebensmitteln zu fördern, den Zugang zu preiswerteren Lebensmitteln zu ermöglichen oder auch direkte Zuschüsse über Pensionszahlungen (für ältere Menschen) zu leisten. Solche Programme richteten sich bislang ursprünglich an Bedürftige auf dem Land, wurden aber inzwischen auf städtische Gebiete ausgeweitet und erreichen mancherorts einen Großteil der Geringverdiener.
Eine veränderte Verfügbarkeit wichtiger Ressourcen aus den Meeren könnte Städte zwingen, alternative Lebensmittelquellen zu erschließen und die Logistik für deren Einkauf und Verteilung zu stärken. Dazu kann auch der Aufbau von Binnenaquakulturen gehören.
Optionen zur Emissionsminderung
Sektorspezifische Strategien
Wegen der langen Lebensdauer der gebauten Umwelt können die Emissionen in manchen Sektoren (etwa Gebäude und Verkehr) nicht beliebig schnell verringert werden. Ein bedeutsamer Teil der Gesamtemissionen während der Nutzung entsteht bereits in der Bauphase, während der große Mengen Primärressourcen verbraucht werden. Der Energieverbrauch menschlicher Siedlungen ist hauptsächlich auf städtische Gebiete zurückzuführen. Städte verursachen deshalb etwa 71 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen. Am globalen Gesamtausstoß von Treibhausgasen jedoch haben Städte nur einen Anteil von 37 bis 49 Prozent, denn die Quellen anderer Treibhausgase (etwa Methan oder Lachgas) liegen vorrangig in ländlichen Gebieten.
Energieverbrauch Eine verbesserte Effizienz von Verteilnetzen, Gebäuden sowie Geräten und Anlagen verringert die Nachfrage nach Energie. Auch ein verändertes Bewusstsein und Verhalten der Bewohner kann den Verbrauch senken. Die Einsparpotenziale werden auf kurzfristig bis zu 20 Prozent und bis 2050 auf bis zu 50 Prozent geschätzt.
Gebäude Eine Sanierung bestehender Gebäude (zu Kosten von 80 bis 320 Europro Quadratmeter) kann den Bedarf an Heizenergie um 50 bis 75 Prozent (bei Einfamilienhäusern) bzw. um 50 bis 90 Prozent (bei Mehrfamilienhäusern) senken. In schnell wachsenden Regionen bieten sich einzigartige Chancen für den Klimaschutz, weil bei Neubauten praktisch Null-Emissions-Häuser möglich sind. Beide Ansätze sind in der Regel rentabel, doch ihre breite Umsetzung wird durch weiter bestehende Hindernisse gebremst.
Energieversorgung Die städtischen Emissionen aus der Energieerzeugung lassen sich deutlich senken, wenn beispielsweise von der Kohleverbrennung umgestiegen wird auf gasbefeuerte Kraft-WärmeKopplungsanlagen (KWK) oder hocheffiziente Gas-und-Dampfturbinenkraftwerke (GuD), vorausgesetzt, es kommt dabei nicht zu diffusen Methanemissionen. CO2-arme Energien können außerdem einen Zusatznutzen für Städte bringen, etwa durch weniger Luftverschmutzung. Emissionssenkungen können auch durch Initiativen erreicht werden, die den Austausch von Ideen und Techniken zur Verringerung des Material- und Energieverbrauchs zwischen Unternehmen fördern (etwa Öko-Industrieparks oder ökologisch orientierte, regionale Branchennetzwerke).
Verkehr Emissionen im Verkehrsbereich lassen sich beispielsweise dadurch mindern, dass Fahrten möglichst vermieden werden und auf CO2-arme Transportsystemen umgestiegen wird. Die Energieintensität lässt sich durch effizientere Fahrzeuge verringern, und die CO2-Intensität der Treibstoffe sinkt, wenn Mineralölprodukte durch Erdgas, Biogas oder andere Agro-Treibstoffe ersetzt werden oder durch Strom oder Wasserstoff aus emissionsarmen Quellen.
Stadtstruktur und Infrastrukturen
Der Treibhausgasausstoß einer Stadt hängt eng mit ihrer Siedlungsstruktur und Infrastruktur zusammen. Beide haben großen Einfluss auf die Nutzung von Material und Energie, die Abfallerzeugung und die Ressourceneffizienz des Systems Stadt. Die Möglichkeiten zur Emissionsminderung variieren je nach Art und Entwicklungsstand der Städte. In schnellwachsenden urbanen Gebieten kann noch die grundsätzlich Richtung der Stadt- und Infrastrukturplanung beeinflusst werden. Zu den Möglichkeiten für bereits entwickelte Städte gehört die Stadterneuerung (kompakte Entwicklung mit Mischnutzung, die Wege verkürzt und die eine Fortbewegung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und per Fahrrad sowie eine angepasste Neunutzung von Gebäuden fördert). Außerdem lässt sich durch Nachrüstung bzw. Umbau die Energieeffizienz von Gebäuden erhöhen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die städtische Infrastruktur, vor allem hinsichtlich Nutzungsdichte, Mischnutzung von Flächen, Erreichbarkeit und Anschluss an Verkehrsnetze. Gut erreichbare Gegenden zeichnen sich in der Regel durch geringe tägliche Pendelentfernungen und kurze Wegezeiten aus, die durch eine Vielfalt an Verkehrsmitteln ermöglicht werden. Während einzelne politische Maßnahmen der Stadtplanung nur wenig Einfluss darauf haben, wieviel mit Autos gefahren wird, entfalten sie in Kombination eine stärkere Wirkung. Erfahrungsgemäß lassen sich signifikante Emissionssenkungen dadurch erreichen, dass öffentliche Verkehrsmittel verbessert werden, man Gebiete mit hoher Wohndichte und Gebiete mit vielen Arbeitsplätzen nahe beieinander ansiedelt und gemischte Flächennutzungen fördert oder andere Anreize auf der Nachfrageseite setzt.
Städtische Maßnahmen zur Emissionsminderung sind wahrscheinlich am wirksamsten, wenn sie gebündelt werden. Die Liste der Möglichkeiten umfasst unter anderem Bauvorschriften und Regeln zu Flächennutzung, Bebauungsdichte oder Parkflächen für Autos, die Begrenzung der Stadtausdehnung und damit der Zersiedelung, Bestimmungen für den Erwerb von Grundstücken, eine Ausweitung von Grünflächen und städtischer CO2-Senken (z.B. Baumbestand). Auch durch den Einsatz marktbasierter Instrumente wie Grundsteuern, Wertzuwachssteuern oder Brennstoff- und Verkehrspreise lassen sich Emissionsminderungen erreichen.
Der Fünfte IPCC-Sachstandsbericht weist auf zwei wichtige Wissenslücken hin, die für den Klimaschutz relevant sind und von den Städten gefüllt werden können: Zum einen das Fehlen lokaler Emissionsdaten und zum anderen die mangelnde Konsistenz und Vergleichbarkeit der Bilanzierungsmethoden für lokale Emissionen. Nötig wäre hier, Treibhausgasinventare für Städte zu entwickeln, zu standardisieren und aktiv zu nutzen.
Fazit
Die kommenden zwei Jahrzehnte bieten eine einmalige Gelegenheit für den Klimaschutz in Städten, weil sich in dieser Zeit ein großer Teil der weltweiten urbanen Gebiete überhaupt erst entwickeln wird.
Bis zum Jahr 2050 wird ein Wachstum der weltweiten Stadtbevölkerung auf 6,3 Milliarden (gegenüber 3,4 Milliarden im Jahr 2005) erwartet. Dieser Zuwachs wird sich auf Asien und Afrika konzentrieren. Demgegenüber wird die globale Landbevölkerung etwa ab dem Jahr 2020 schrumpfen.
Was genau der Klimawandel für die Städte wahrscheinlich bedeutet, muss im einzelnen noch ermittelt werden. Die Folgen hängen jeweils von etlichen Faktoren ab, etwa von Lage, Größe und Entwicklungsniveau einer Stadt sowie davon, wie groß die Ressourcen, die Fähigkeit und der politischer Wille sind, sich auf die Erderwärmung einzustellen.
Fallstudien und regionale Untersuchungen zur Klimaanfälligkeit städtischer Gebiete haben mannigfache materielle und gesellschaftliche Herausforderungen offenbart – und zugleich große Unterschiede bei der Anpassungsfähigkeit. Wohlverwaltete Städte mit guten und für alle verfügbaren Infrastrukturen und Dienstleistungen sind eine gute Ausgangsbasis, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels zu erhöhen.
Doch selbst eine umfassende, erfolgreiche Anpassung in vorbildlichen Städten kann langfristig nicht alle Klimarisiken bewältigen, wenn nicht der weltweite Treibhausgasausstoß durch wirksame Maßnahmen gesenkt wird und Städte ihre Erfahrungen mit Emissionsminderungen und Anpassungsmaßnahmen austauschen.
Die Zusammenhänge zwischen Urbanisierung und Emissionsentwicklung sind komplex. Ein Umstieg von der Kohleverbrennung auf emissionsarme Elektrizität kann dabei helfen, den mit rascher Urbanisierung einhergehenden Anstieg des CO2-Ausstoßes zu bremsen. Qualitativ hochwertiger, erschwinglicher Wohnraum an geeigneten Standorten stellt eine solide Grundlage dar, um eine ganze Stadt gegenüber den Folgen des Klimawandels widerstandsfähig zu machen. Um auf städtischer Ebene eine emissionsarme Entwicklung zu erreichen, sind mehr politischer Wille, mehr technische Kapazitäten und eine wirksame Raumordnung vonnöten.
Alle Städte, ob weit entwickelt oder nicht, müssen gemeinsam mit regionalen und nationalen Stellen Kompetenzen und Ressourcen aufbauen, um den lokalen Treibhausgasausstoß zu senken. Ohne die Aktivitäten von Städten können die weltweit nötigen Emissionsminderungen und die Anpassung an den Klimawandel nicht gelingen – schließlich konzentrieren sich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung sowie der größte Teil der Gebäude und der wirtschaftlichen Aktivitäten in urbanen Gebieten.