Was er für die Sicherheit bedeutet
Kernergebnisse
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1 Der Klimawandel stellt eine zunehmende Bedrohung für Sicherheit und Frieden in der Welt dar.
Die Auswirkungen des Klimawandels können die Existenzgrundlagen von Menschen bedrohen, unfreiwillige Migration verstärken und die Fähigkeit der Staaten einschränken, Sicherheit für ihre Bürger zu gewährleisten.
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2 Der Klimawandel verstärkt bereits bestehende Sicherheitsbedrohungen und vorhandene Verletzlichkeiten von Bevölkerungsgruppen.
Indirekt kann er das Risiko gewaltsamer Konflikte erhöhen. In Ländern mit schwachen oder scheiternden Regierungen oder mit bereits bestehenden Konflikten sind die Risiken am höchsten. Diese besonders anfälligen Gesellschaften werden vermutlich überproportional stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein.
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3 Die Reaktionen von Gesellschaften auf die Folgen des Klimawandels könnten die globalen oder regionalen Instrumente zu einem friedlichen Umgang damit überfordern.
Besonders beunruhigend sind in diesem Zusammenhang die Vertreibung von Bevölkerungsgruppen durch Wetterextreme oder steigende Meeresspiegel, die Ausbreitung ansteckender Krankheiten sowie Nahrungs- und Wassermangel. Die Notwendigkeit großer humanitärer Hilfseinsätze wird wahrscheinlich zunehmen.
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4 Der Klimawandel wird es für Staaten schwieriger machen, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten und Ressourcen zu teilen.
Die zunehmende Knappheit von Ressourcen könnte die Konkurrenz zwischen Staaten erhöhen, und die steigenden Meeresspiegel könnten zu Streitigkeiten um Landesgrenzen führen. Folglich wird der Klimawandel die Sicherheitspolitik von Staaten zunehmend prägen. Starke Institutionen können einem weiteren Verfall von Sicherheit entgegenwirken.
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5 Der Klimawandel wird einen direkten Einfluss auf die Streitkräfte haben.
Militärische Einrichtungen werden vom Anstieg der Meeresspiegel und anderen Auswirkungen des Klimawandels direkt betroffen sein. Auch Streitkräfte als Großverbraucher fossiler Brennstoffe werden ihre Treibhausgasemissionen senken müssen.
Infografik
Zusammenfassung
Dieser Bericht untersucht die Kernergebnisse des Fünften IPCC-Reports mit Blick auf den Schutz der nationalen Sicherheit vor internen und externen Bedrohungen. Dies ermöglicht einen strategischen Überblick über die Auswirkungen des Klimawandels im Sicherheitsbereich.
Die wichtigste Aufgabe von Streitkräften ist es, Frieden und nationale Sicherheit zu wahren. ”Frieden“ bedeutet in diesem Kontext nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern stabile Verhältnisse, in denen zumindest die Grundbedürfnisse der Bevölkerung gedeckt werden können. In dieser Hinsicht ist der Klimawandel eine wachsende, weltweite Bedrohung für Frieden und Sicherheit im Allgemeinen. Als solcher wird er für die Streitkräfte zunehmend an Bedeutung gewinnen. Der Klimawandel lässt sich am besten als ”Bedrohungsmultiplikator“ (threat multiplier) verstehen – er vervielfacht existierende Sicherheitsrisiken und schafft neue Probleme.
Die Folgen des Klimawandels für die Sicherheit sind so allesübergreifend, weil er es Staaten immer schwerer machen wird, die Grundbedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung zu befriedigen. Zu diesen gehören Lebensmittel, Unterkünfte, sauberes Trinkwasser und Sicherheit.
In einigen Weltregionen sind Nahrungsmittel und Wasser schon jetzt vom Klimawandel bedroht, und dieser Trend dürfte sich weiter verschärfen. Krankheiten, Infrastrukturschäden nach Naturkatastrophen sowie Überschwemmungen und Sturmfluten infolge steigender Meeresspiegel sind zusätzliche Bedrohungen für viele Menschen. Die Folgen des Klimawandels – etwa steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster, der Rückgang der Schnee- und Eisdecke, steigende Meeresspiegel, sinkende Ernteerträge und zerstörerische Extremwetterereignisse – drohen die Reaktionsmöglichkeiten von Gesellschaften zu überfordern, vor allem in fragileren oder weniger entwickelten Ländern.
Der Klimawandel kann die Konkurrenz um Ressourcen in bestimmten Regionen anheizen, etwa in der Arktis oder in grenzüberschreitenden Einzugsgebieten von Flüssen. Die Kombination von Ressourcenknappheit, Massenmigration und geschwächten Regierungen dürfte die Gefahr bewaffneter Konflikte erhöhen – einerseits zwischen Staaten, die Ressourcen sichern oder beschaffen wollen, und andererseits zwischen Bevölkerungsgruppen innerhalb von Staaten. Unsicherheit und Konflikte entstehen im Allgemeinen aus der Wechselwirkung mehrerer Faktoren. Der Klimawandel erhöht indirekt das Risiko gewaltsamer Konflikte (Bürgerkriege, Gewalt zwischen Gruppen, gewaltsame Proteste), indem er bekannte Konfliktauslöser wie wirtschaftliche oder politische Krisen weiter verstärkt.
Auch schlecht konzipierte Emissionsminderungs- und Anpassungsmaßnahmen können das Risiko gewaltsamer Konflikte steigern. Streitkräfte in aller Welt werden sich auf eine veränderte Umwelt einstellen und die Auswirkungen des Klimawandels auf Infrastruktur und militärische Anlagen berücksichtigen müssen. Auch sie werden kaum darum herumkommen, ihre Treibhausgasemissionen zu senken und neue Energietechnologien zu nutzen.
Folgen des Klimawandels
Auswirkungen und Risiken in Kürze
- Extremwetterereignisse und der Anstieg der Meeresspiegel könnten Flüchtlingswellen, die Ausbreitung von Krankheiten sowie Lebensmittel- und Wasserknappheit auslösen, außerdem humanitäre Hilfseinsätze des Militärs erfordern.
- Die Sicherheitsrisiken des Klimawandels sind ungleich verteilt. Länder mit schwachen oder scheiternden Regierungen oder mit bereits bestehenden Konflikten sind am meisten gefährdet.
- Veränderungen der Geografie und der Trinkwasservorkommen können den Konkurrenzkampf um den Zugang zu Ressourcen verschärfen.
- Auswirkungen auf die Verteidigungsinfrastruktur werden Veränderungen bei Logistik und militärischen Operationen erfordern.
Der Klimawandel bedroht die gegenwärtige und künftige Sicherheit von Menschen. Fast nie ist es so, dass Sicherheitsprobleme nur eine Ursache haben – vielmehr resultieren sie meist aus der Wechselwirkung vieler Faktoren. Künftig wird der Klimawandel eine wichtigere Bedrohung werden, weil er Existenzgrundlagen, Kultur und Identität von Menschen gefährdet, Massenmigrationen verstärkt und es den Staaten zunehmend schwerer macht, die Voraussetzungen für eine stabile Gesellschaft zu schaffen.
Klimabedingte Spannungen können die nationale Sicherheit beeinträchtigen. Weil die Streitkräfte nicht nur für die nationale Sicherheit sorgen, sondern oft auch zur Unterstützung in Konflikten und humanitären Krisen eingesetzt werden, gibt es starke Überschneidungen zwischen der Verwaltung und dem Verteidigungssektor.
Erste Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich bereits. Beispielsweise verändern sich landwirtschaftliche Erträge, und Küstengebieten werden häufiger überflutet. Wer in Konfliktgebieten lebt, ist dem Klimawandel besonders schutzlos ausgesetzt. Im Zusammenspiel mit anderen Belastungen wie Armut, Ungleichheit und Krankheiten macht es der Klimawandel in vielen Regionen und für viele Bevölkerungsgruppen schwerer, die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Ernährungs- und Existenzsicherung, Armutsbekämpfung, Gesundheit und Zugang zu sauberem Wasser) zu verwirklichen.
In den vergangenen Jahren sind viele Konflikte in relativ armen tropischen und/oder ariden Ländern ausgebrochen, in denen die Gesellschaften wenig robust sind. Sie werden wahrscheinlich zu jenen gehören, die künftig die Folgen des Klimawandels am stärksten zu spüren bekommen.
Der Klimawandel könnte das Risiko gewaltsamer Konflikte in Form von Bürgerkriegen, Gewalt zwischen Gruppen und gewaltsamen Protesten erhöhen, indem er Triebkräfte solcher Konflikte wie Armut und wirtschaftliche Not verstärkt.
Menschen können durch Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, Krankheiten, Fluten, Dürren oder Konflikte in großer Zahl zur Flucht gezwungen werden. Bereits in der Vergangenheit haben Extremwetterereignisse erhebliche Migrationsbewegungen ausgelöst – treten Wetterextreme künftig häufiger auf, werden auch die Risiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration zunehmen.
Jede Erwärmung um ein Grad Celsius wird voraussichtlich die erneuerbaren Wasserressourcen für weitere sieben Prozent der Weltbevölkerung um mindestens 20 Prozent senken. Migration ist häufig nur vorübergehend, und oft sind wirtschaftliche
Faktoren entscheidend dafür, wie schnell Menschen zurückkehren und mit dem Wiederaufbau beginnen. Migranten mit geringem Einkommen können auch an ihren Zufluchtsorten, beispielsweise in ärmeren und dicht besiedelten Stadtteilen, anfällig sein für die Folgen des Klimawandels. Im übrigen wird nicht jeder über die notwendigen Mittel verfügen, um überhaupt fortziehen zu können. Wenn der Klimawandel Entwicklungsländer destabilisiert, könnte sich dies auch auf die nationale Sicherheit von Industrieländern auswirken.
Ansteckende und andere hitzebedingte akute Krankheiten sind eine direkte Gefahr für die menschliche Gesundheit. Der Klimawandel könnte die Last von Krankheiten erhöhen, weil er existierende Probleme verstärkt, darunter den schlechten Zugang zu Nahrung, Trinkwasser, sanitären Anlagen, Gesundheitswesen und Bildung.
Die Nahrungsmittelproduktion wird in vielen Regionen wahrscheinlich leiden, bei wichtigen Nutzpflanzen wie Weizen, Mais und Reis wird mit Ernteeinbußen gerechnet. Auch durch eine großräumige geografische Umverteilung von Fischbeständen dürfte der Klimawandel die Ernährungssicherheit beeinträchtigen. Die Konkurrenz von Staaten um Zugang zu Fanggründen könnte sich verschärfen. Und Gesellschaften, die besonders vom Fischfang abhängen, werden wahrscheinlich besonders hart getroffen.
Derzeit leben schätzungsweise 150 Millionen Menschen in Städten mit dauerhafter Wasserknappheit – das heißt, sie verfügen über weniger als 100 Liter pro Person und Tag, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Bis 2050 wird diese Zahl Projektionen zufolge auf bis zu eine Milliarde steigen.
Die geographischen Vorzüge und Nachteile verschiedener Städte und ländlichen Gebiete könnten sich durch den Klimawandel verschieben. Dieser könnte sich in unterschiedlichem Maße positiv oder negativ auf Ressourcen, Vermögenswerte und Wirtschaftsgrundlagen auswirken. Erhebliche Veränderungen wären die Folge.
Naturkatastrophen dürften häufiger und intensiver werden und zu mehr Todesopfern und mehr Zerstörungen kritischer Infrastrukturen führen. Nach großen Katastrophen können Epidemien oder Pandemien ausbrechen. Ein Großteil der Bevölkerung Asiens lebt in Gebieten, die maximal zehn Meter über dem Meer liegen (Low Elevation Coastal Zones, kurz: LECZ) und besonders durch steigende Meeresspiegel, Sturmfluten und Taifune gefährdet sind.
An flachen Küsten kann der Anstieg der Meeresspiegel die Grenzen staatlicher Hoheitsgewässer in Frage stellen, da sich die Küstenlinie signifikant landeinwärts verschiebt – die bisherige Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) wird so im Laufe der Zeit über die eigentlich festgelegten 200 Seemeilen hinausgehen. Veränderungen der Küsten können außerdem traditionelle Lebensmittelquellen und damit die Ernährungssicherheit beeinträchtigen und herrschende Armut verstärken. Die Folge können, in manchen Fällen, eine Zunahme von Piraterie, Raubfischerei sowie Menschen-, Waffen- und Drogenhandel sein.
Wenn sich neue, eisfreie Seewege durch die Arktis öffnen, kann dies einigen Ländern Vorteile bringen. Schifffahrt und Rohstoffförderung in der Arktis dürften zunehmen. Allerdings können sich in der Folge die Spannungen auf internationaler Ebene verstärken, weil die geänderte Geographie einige Staaten als verwundbarer erscheinen lassen oder andere dazu verleiten könnte, neue Chancen auszunutzen.
Militärstützpunkte und -operationen werden direkt vom Anstieg der Meeresspiegel und dem Rückgang des arktischen Meereises, von Extremwettereignissen und anderen Folgen des Klimawandels betroffen sein. Einsätze, die infolge des Klimawandel nötig werden, könnten in vielen Staaten zu steigenden Militärausgaben führen sowie zu sinkenden Fähigkeiten, mit den bisherigen Bedrohungen umzugehen.
Der Temperaturanstieg könnte die Effektivität und Effizienz der Streitkräfte beeinflussen. Das US-Militär zum Beispiel setzt körperliches Training und anstrengende Übungen aller Art aus, wenn der WBGT-Hitzebelastungs-Index 32°C übersteigt – das wird künftig häufiger der Fall sein. Wächst der Treibhausgasausstoß wie bisher, wird im Jahr 2100 einer Schätzung zufolge die weltweite Arbeitsproduktivität in den heißesten Monaten des Jahres auf 60 Prozent sinken. In den Tropen und mittleren Breiten (z.B. Indien, Nordaustralien und dem Südosten der USA) werden die Folgen besonders negativ sein.
Regionale Perspektiven
Wasserunsicherheit und das tibetische Hochland
Die grenzüberschreitenden Flusssysteme im tibetischen Hochland versorgen mehr als eine Milliarde Menschen in Zentralasien mit Wasser. Es besteht Anlass zur Sorge, dass klimabedingte Schwankungen dieser Flüsse regionale Spannungen verstärken. So wird der Klimawandel die Gletscher im Himalaja stärker tauen und mittelfristig mehr Schmelzwasser anfallen lassen, und die Schneeschmelze wird (außer in den kältesten Regionen) früher ein als bisher einsetzen.
In der Folge dürfte es in niederschlagsreichen Jahreszeiten zu einem hohen Überschwemmungsrisiko kommen, in anderen Jahreszeiten jedoch zu Wasserknappheit. Die Anliegerstaaten und ihre wirtschaftliche Entwicklung sind stark von den grenzüberschreitenden Flüssen abhängig. Bei wachsender Bevölkerung und steigendem Konsum ist Wasserunsicherheit besonders bedrohlich.
Menschliche Unsicherheit in der Arktis
Während der vergangenen zwei Jahrzehnte sind sowohl das Meereis rund um den Nordpol als auch die Frühjahrs-Schneedecke auf der Nordhalbkugel deutlich geschrumpft. Mit mindestens 66-prozentiger Wahrscheinlichkeit wird das Nordpolarmeer noch vor 2050 im Sommer nahezu eisfrei sein. Dies wird zu geopolitischer Unruhe und zu Unsicherheit in der Arktis-Region beitragen. Dabei geht es unter anderem um eine sinkende Ernährungssicherheit, die Erschließung von Erdöl- und -gasvorkommen unter dem Meer, mehr Schiffsverkehr und mehr Verschmutzung, Schwierigkeiten bei evtl. notwendigen Such- und Rettungsaktionen sowie eine gesteigerte Militärpräsenz in der Region.
Zwischen den Arktis-Anrainerstaaten könnten Konflikte um Land- und Seegrenzen entstehen oder wieder aufleben, wobei wenig darauf hindeutet, dass die Arktis zu einer Region gewaltsamer Konflikte zwischen Staaten wird. Allerdings ist damit zu rechnen, dass Nationen ihre Verteidigungspolitik und ihre militärischen Strukturen anpassen müssen.
Möglichkeiten der Anpassung
Großräumige gewalttätige Konflikte beschädigen, was für eine Anpassung an den Klimawandel nötig ist: Infrastrukturen, Institutionen,natürliche Ressourcen und menschliche Existenzgrundlagen, sozialen Zusammenhalt etc.
Viele der Anpassungsmaßnahmen, an denen die Streitkräfte beteiligt sind, können erheblichen Zusatznutzen bringen, zum Beispiel Armutsminderung und bessere Entwicklung, vor allem in Entwicklungsländern. Etliche Anpassungsmaßnahmen fördern Wohlergehen und Sicherheit, dies gilt etwa für eine Diversifizierung von Erwerbsaktivitäten, klimaangepasste Wanderungsbewegungen von Bauern- und Fischergemeinschaften, für Versicherungssysteme und gezielte Frauenbildung.
Hochwasservorsorge
Weltweit und langfristig betrachtet sind die Kosten für Schutzmaßnahmen gegen zunehmende Küstenüberflutungen, Landverluste und Erosion niedriger als die sozialen und ökonomischen Kosten des Nichtstun. Ohne Anpassungsmaßnahmen werden Hunderte von Millionen Menschen bis zum Jahr 2100 von Überflutungen in Küstengebieten betroffen sein und durch Landverluste vertrieben werden. Die meisten dieser Menschen leben in Ost-, Südost- und Südasien. In einigen tiefliegenden Entwicklungsländern (beispielsweise Bangladesch, Vietnam) und kleinen Inselstaaten werden Landverluste und jährliche Überschwemmungsschäden wohl unvermeidbar sein.
Verlegung militärischer Anlagen und Stützpunkte
Zahlreiche Marinebasen müssen möglicherweise weiter ins Inland verlegt werden, wenn die Küsten ungeschützt bleiben. In manchen Fällen könnte dies sogar trotz Küstenschutz erforderlich sein.
Vorbereitung auf Klimaflüchtlinge
Ein Teil der Migrationsströme wird durch Ressourcenknappheit und Veränderungen an Ökosystemen verursacht. Bereits in der Vergangenheit haben größere Extremwetterereignisse erhebliche Fluchtbewegungen ausgelöst, und die wahrscheinliche Zunahme von Wetterextremen wird die Probleme und Risiken weiter steigern. Derartige Klimaeffekte sind eine dauerhafte und wiederkehrende Herausforderung für Staaten und das fundamentale Wohlergehen von Bevölkerungen – und zwar in einer Größenordnung, die die staatliche Stabilität gefährden könnte. Das Militär ist dazu fähig, schnell Infrastrukturen aufzubauen sowie medizinische Güter, Lufttransportkapazitäten und Kommunikationseinrichtungen in Katastrophengebiete zu bringen.
Wasserunsicherheit einplanen
Der Klimawandel dürfte in vielen Regionen der Welt sowohl die Menge als auch die Güte der Trinkwasserressourcen beeinträchtigen. Grundwasservorkommen werden in vie-len Regionen zurückgehen. Mögliche Anpassungsmaßnahmen sind Gewässerschutz, besseres Wassermanagement und zusätzliche Wasseraufbereitungssysteme. Vieles davon ist teuer und zeitaufwendig und darum für ärmere Länder schwierig umzusetzen.
Erhöhung der Stabilität
Strategien und Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge sorgen sowohl dafür, die Verwundbarkeit für Klimarisiken zu verringern, als auch Existenzgrundlagen, soziales und wirtschaftliches Wohlergehen der Menschen zu verbessern und außerdem verantwortlicher mit der Umwelt umzugehen.
Optionen zur Emissionsminderung
Das Militär ist eine energieintensive Industrie. In vielen Ländern sind die Streitkräfte der größte Einzelverbraucher fossiler Brennstoffe. Weil er erheblich zum Klimawandel beiträgt, könnte der Verteidigungssektor unter starken Druck geraten, seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren – insbesondere wenn Regierungen, wie international vereinbart, Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 °C ergreifen. Doch könnte sich eine Senkung des Kraftstoffverbrauchs auch als durchaus vorteilhaft für die Einsätze erweisen, insbesondere für Truppen, die in Regionen stationiert sind, in denen das Bewegen großer Kraftstoffmengen kostspielig und gefährlich ist.
Effizientere Fahrzeuge
Verbrennungsmotoren und Düsentriebwerke werden immer effizienter. Bei leichten Nutzfahrzeugen könnte der Kraftstoffverbrauch bis 2035 um 40 bis 70 Prozent (gegenüber heute) sinken. Moderne Flugzeuge sind dank besserer Motoren, geringerem Gewicht und optimiertem Design üblicherweise 20 bis 30 Prozent sparsamer als die Vorgängermodelle. Für 2030-2050 wird ein Verbrauchsniveau erwartet, was 40 bis 50 Prozent niedriger (als 2005) liegt.
Alternative Kraftstoffe
Möglicherweise kann Kerosin durch Agrokraftstoffe ersetzt werden, was eine Senkung des direkten Treibhausausstoßes um weitere 30 Prozent ermöglichen könnte. Ein Umstieg auf Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge verspricht drastische Emissionssenkungen.
Effizientere Einsätze
Die Emissionen des Flugverkehrs lassen sich senken, wenn bei der Einsatzplanung stärker auf Effizienz geachtet wird (z.B. bei Flugrouten, -höhen und -geschwindigkeiten).
Unbeabsichtigte Folgen
Manche Bemühungen zur Verringerung von Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandel können die Unsicherheit und das Risiko bewaffneter Konflikte erhöhen. Verändern diese Bemühungen die Verteilung von oder den Zugang zu Ressourcen, haben sie das Potenzial, Konflikte zu verursachen oder zu verschärfen. Beispielsweise kann der Anbau von Energiepflanzen zu Streitigkeiten um die Landnutzung, zu höheren Lebensmittelpreisen und zu Aufständen führen. Auch die Aussicht auf Prämien für den Waldschutz (im Rahmen des REDD-Mechanismus‘) kann Konflikte über Boden- und Eigentumsrechte auslösen. Einige emissionsarme Stromerzeugungstechnologien (etwa Wasserkraft) haben zu Konflikten über Zwangsumsiedlungen geführt.
Fazit
Die Auswirkungen des Klimawandels auf wichtige Infrastrukturen und auf die territoriale Integrität vieler Staaten werden voraussichtlich die nationalen Sicherheitsstrategien beeinflussen.
Der Klimawandel verschärft Armut und wirtschaftliche Not und verstärkt das damit verbundene erhöhte Risiko gewaltsamer Konflikte. Er hat daher das Potenzial, zu mehr Unsicherheit und mehr Konflikten zu führen. Wenngleich viele Klimarisiken näherer Untersuchung bedürfen und umfassendere Belege aus mehr Regionen und längere Zeiträume erforderlich sind, so ist es doch wahrscheinlich, dass der Klimawandel im Laufe des 21. Jahrhunderts Staaten vor neue Herausforderungen stellen und deren nationale Sicherheitspolitik in zunehmendem Maße beeinflussen wird.
Die Folgen des Klimawandels werden ungleichmäßig verteilt sein – je nach geografischer Lage und anderen sicherheitsrelevanten Faktoren. Wirtschaftlich und politisch starke Staaten werden in der Lage sein, sich auf moderate Klimaänderungen einzustellen und dadurch Sicherheitsbedrohungen erheblich zu reduzieren (obwohl selbst in reichen Ländern die Sicherheit benachteiligter Bevölkerungsgruppen gefährdet ist). Demgegenüber könnten sich die schwächsten Länder schwertun, selbst auf mäßige Klimaveränderungen zu reagieren, wenn sie dabei nicht erhebliche Unterstützung erhalten.
In Regionen, in denen bereits gewaltsame Konflikte ausgetragen werden, sind die Menschen besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Die größten Sicherheitsrisiken gehen von fragilen Staaten aus, die vielfältigen Folgen des Klimawandels ausgesetzt sind.
Die Wissenschaft ist nicht sicher, aber sie tendiert dazu, dass es einen statistisch signifikanten Zusammenhang von Klimaveränderungen und Gewalt gibt. Im Zuge des Klimawandels dürften die Schwankungen von Wasserressourcen und Ernteerträgen zunehmen.
Wahrscheinlich wird das Militär immer mehr humanitäre Hilfseinsätze leisten müssen (dazu gehören beispielsweise umfangreiche logistische Dienste, Lieferung medizinischer Güter bei Epidemien, Grenzsicherung). Es wird mit zunehmenden Spannungen in Zusammenhang mit natürlichen Ressourcen konfrontiert sein. Der Verteidigungssektor wird auch über die Verlegung oder Anpassung von Anlagen, Ausrüstungen und Einsätzen nachdenken müssen.
Bei einer starken Erderwärmung werden die Sicherheitsrisiken größer. (Und wenn der Treibhausgasausstoß im derzeitigen Tempo weiter steigt, werden sich die Umweltbedingungen schneller verändern als jemals zuvor in der menschlichen Geschichte.) Maßnahmen zur Emissionssenkung mindern demzufolge die vom Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten ausgehenden Sicherheitsbedrohungen. Als Großverbraucher fossiler Brennstoffe dürften die Streitkräfte zunehmend vor die Aufgabe gestellt werden, ihre eigenen Emissionen zu senken. Dies kann aber sogar vorteilhaft sein in Bezug auf Kosten und Komplexität von Einsätzen.