Was er für die Fischereiwirtschaft bedeutet
Kernergebnisse
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1 Klimawandel und Meeresversauerung verändern die Ökosysteme der Ozeane tiefgreifend, was Folgen für Fischereiwirtschaft und Aquakultur hat.
Zu den Treibern dieser Veränderungen gehören steigende Wassertemperaturen, eine vermehrte Aufnahme von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre sowie Sauerstoffmangel (Hypoxie).
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2 Weltweit betrachtet werden die Auswirkungen für Fischereiwirtschaft und Aquakultur voraussichtlich negativ sein, in vielen Regionen schwerwiegend.
Zu den Hauptfolgen gehört, dass sich Fischvorkommen regional verlagern werden und (bei Aquakulturen) aufgrund der Ozeanversauerung die Sterblichkeit von Schalentieren zunehmen wird. In einigen Regionen ist laut Projektionen jedoch auch mit einer Zunahme der Fischbestände zu rechnen.
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3 Die Folgen des Klimawandels und der Versauerung der Meere werden durch andere Faktoren wie Überfischung, Lebensraumverlust und Verschmutzung in der Regel verschärft.
Im Ergebnis werden die sogenannten „toten Zonen“ in den Ozeanen mehr, und schädliche Algenblüten treten häufiger auf.
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4 Der Zustand der Ökosysteme von Korallenriffen verschlechtert sich rasant. In manchen Regionen kann dadurch ein Zusammenbruch der Küstenfischerei drohen.
Fälle von Korallenbleiche werden wahrscheinlich zunehmen. Die Aquakultur kann durch verminderte Fänge von Futterfisch und zunehmend stärkere Tropenstürme und Überschwemmungen in Mitleidenschaft gezogen werden.
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5 Auf manche Auswirkungen des Klimawandels können sich Fischer einstellen.
Möglich ist beispielsweise, die nicht-klimatischen Belastungen zu verringern (etwa die Umweltverschmutzung), die Fangmengen, Fanggeräte und gefangene Fischarten anzupassen, vermehrt auf Aquakultur zu setzen und zu dynamischen Bewirtschaftungsstrategien zu wechseln. Bei anderen Faktoren jedoch (etwa der Ozeanversauerung) ist der Spielraum für Anpassungsmaßnahmen sehr begrenzt. Klimabedingte Wanderungsbewegungen von Beständen könnten eine Zunahme fischereibezogener politischer Konflikte nach sich ziehen.
Infografik
Zusammenfassung
Die Ozeane sind die Basis der Lebensmittelproduktion in Fischerei und Aquakultur. Doch ihre Fähigkeit, die dafür erforderlichen ökologischen Dienstleistungen zu erbringen, ist durch Klimawandel und Meeresversauerung gefährdet. Weltweit versorgt die Fischereiwirtschaft rund drei Milliarden Menschen mit etwa 20 Prozent der von ihnen durchschnittlich konsumierten Menge an tierischen Eiweißen. Etwa 400 Millionen Menschen sind bei ihrer Ernährung auf Fisch angewiesen. Die Nachfrage wird mit dem Wachstum der Weltbevölkerung und deren zunehmendem Wohlstand wahrscheinlich noch steigen.
Der Klimawandel beeinflusst die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Ozeane, was sich wiederum auf die biologischen Eigenschaften der Meeresorganismen auswirkt. Veränderungen bei Temperatur und Sauerstoffgehalt haben insbesondere bei Fischen und Schalentieren direkte Folgen, etwa für Migrationsmuster, Laichverhalten, Ernährung sowie Verteilung und Größe der Bestände. Hinzu kommen indirekte Folgen. So werden Veränderungen der Primärproduktion in den Meeren, also die Auswirkungen klimatischer Faktoren auf das Phytoplankton, auch für Fische und Schalentiere zu sehen sein.
Die zunehmende Versauerung der Ozeane beeinträchtigt das Korallenwachstum und stellt eine Gefahr für das Überleben bedrohter Riffe dar. Außerdem hat sie verschiedene Konsequenzen für Fische und führt dazu, dass die Schalen von Weichtieren dünner werden. Die Aquakultur könnte in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn nicht genügend Futterfisch gefangen werden kann, wenn das Aufsteigen saureren Tiefenwassers das Wachstum von Schalentieren beeinträchtigt oder wenn die Überschwemmungsgefahr für Fisch- und Garnelenbecken in den Tropen steigt.
Viele in Küstengebieten heimische Arten werden aufgrund des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten zunehmend vom Aussterben bedroht sein, insbesondere wenn der Klimawandel mit anderen Belastungen wie der Veränderung von Lebensräumen, Übernutzung oder Verschmutzung zusammenfällt.
Aktuellen Schätzungen zufolge ist bis 2050 mit Gesamtverlusten bei den weltweiten Fischfängen infolge des Klimawandels im Wert von 17 bis 41 Milliarden US-Dollar jährlich zu rechnen (im Falle einer Erwärmung um 2° C). Am höchsten werden die Verluste wahrscheinlich in Ostasien und im pazifischen Raum ausfallen. Die Versauerung der Meere dürfte zwischen 2020 und 2060 zu einem Rückgang der weltweiten Produktion von Schalentieren führen.
Eine Anpassung ist in manchen Fällen möglich, in anderen jedoch sehr schwierig. Die geschätzten Gesamtkosten für die Anpassung der weltweiten Fischereiwirtschaft im Zeitraum 2010 bis 2050 belaufen sich auf 7 bis 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Als dynamische Systeme werden die Meere weiterhin auf vergangene und gegenwärtige Klimaänderungen reagieren. Ozeanweite Veränderungen von Ökosystemen sind bereits jetzt zu beobachten, und Projektionen zufolge wird sich diese Entwicklung ab 2050 noch beschleunigen. Solche Veränderungen haben Konsequenzen für Fischereimanagement, Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit und Einkommen, vor allem für Länder in niedrigen Breiten und kleine Inselstaaten. Diese Veränderungen der ozeanischen Systeme werden noch über Jahrhunderte andauern.
Folgen des Klimawandels
Auswirkungen und Risiken in Kürze
- Physikalische und chemische Veränderungen in den Meeren, dadurch Verlust mariner Artenvielfalt
- Veränderte Produktionsmengen bei Fisch und Meeresfrüchten, anfänglich Rückgang in niedrigen Breiten bei Anstieg in hohen Breiten
- Potenzielle Zunahme illegaler, unregulierter und undokumentierter Fischerei (kurz IUU) als Reaktion auf geringere Ernährungssicherheit infolge veränderter Küstenressourcen
- Zunehmende Schädigung und Verlust von Korallenriffen in kalten und tropischen Gewässern
- Vermehrtes Auftreten schädlicher Algenblüten, die Ökosysteme und Fischereiwirtschaft gefährden
- Überschwemmungsrisiko bei Aquakulturen in niedrig gelegenen tropischen Küstenregionen
- Verlängerte Brutzeiten bei einigen Zuchtfischen
Physikalische und chemische Veränderungen der Meere
Steigt der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, nehmen die Weltmeere mehr CO2 auf. In der Folge sinkt der pH-Wert des Meerwassers, die Ozeane versauern. Dies stellt eine Gefahr dar für zweischalige Weichtiere wie Muscheln und Austern, aber auch für Korallen und schalenbildendes Plankton, denn die Bildung von Schutzhüllen oder auch Innenskeletten aus Calciumcarbonat (Kalk) wird durch saureres Wasser erschwert. Die Meeresversauerung könnte sich zudem direkt auf das Verhalten und die Physiologie von Fischen auswirken.
Seit Beginn der Industrialisierung ist der durchschnittliche pH-Wert der Ozeane bereits um 0,1 gefallen, besonders stark betroffen ist der Nordatlantik. Diese Veränderung bedeutet, dass das Meerwasser um etwa 30 Prozent saurer geworden ist. Bis zum Jahr 2100 wird ein weiteres Sinken um 0,3 bis 0,4 erwartet, so niedrig lag der pH-Wert des Meerwassers seit mindestens 50 Millionen Jahren nicht mehr. Bereits heute haben die raschen Veränderungen der chemischen und physikalischen Bedingungen in den Ozeanen merkliche Folgen für die Verteilung und Größe der Bestände von Meeresorganismen und mariner Ökosysteme.
Veränderungen bei der regionalen Verteilung der Bestände wirken sich schon jetzt auf die Zusammensetzung der Fischfänge aus. In den Gezeitenzonen des Nordpazifiks und des Nordatlantiks haben sich die Lebensräume vieler Arten um bis zu 50 km pro Jahrzehnt verlagert. Das Veränderungstempo übertrifft in der Regel die Geschwindigkeit, mit der Arten an Land wandern. Dies kann eine große Gefahr für Nahrungsnetze sein, zum Beispiel indem Raubtiere sich von den Siedlungsgebieten ihrer Beute entfernen.
Der Chlorophyllgehalt – ein Indikator für die Nettoprimärproduktion – ist im Nordpazifik, im Indischen Ozean und im Nordatlantik zwischen 1998 und 2010 um rund zehn Prozent gesunken. Dies könnte auf den vom Menschen verursachten Klimawandel oder auf natürliche Schwankungen zurückzuführen sein. Im Laufe des 21. Jahrhunderts wird erwartet, dass der Klimawandel einen weiteren Rückgang des Chlorophyllgehalts um neun Prozent in den offenen Gewässern der genannten Ozeane verursacht.
Wenn sich Wasser erwärmt, kann es weniger Sauerstoff aufnehmen. Eine Folge ist, dass sich die maximale Körpergröße verringert, die große Fische erreichen können. Künftig muss deshalb damit gerechnet werden, dass kleinere Fische gefangen werden.
Die Zahl der sogenannten toten Zonen in den Meeren, wo es an Sauerstoff mangelt, nimmt zu. Dies beeinträchtigt Küsten-Ökosysteme und die Fischereiwirtschaft. Für die ”toten Zonen“ in den küstennahen Gewässern ist der Nährstoffeintrag vom Land die Hauptursache, doch die Meereserwärmung verstärkt das Problem. Neben diesen ”toten Zonen“ gibt es in vielen Ozeangegenden Sauerstoff-Minimum-Zonen (Oxygen Minimum Zone, OMZ); in etwa 200 bis 1.000 Metern Tiefe ist der Sauerstoffgehalt aus natürlichen Gründen besonders niedrig. Seit längerem wird eine Ausweitung dieser OMZ beobachtet, und im Nordatlantik wird dies darauf zurückgeführt, dass es infolge der Ozeanerwärmung zu einer stabileren Schichtung und damit einer geringeren Durchmischung des Meerwassers kommt. In der Folge verkleinern sich die Lebensräume großer Raubfische, etwa von Speerfischen. Eine weitere Ausdehnung der Sauerstoff-Minimum-Zonen wird erwartet.
Veränderte Produktionsmengen bei Fisch und Meeresfrüchten
Die Erwärmung der Ozeane wird, da ist sich die Wissenschaft praktisch sicher, die Produktivität vieler Fischereibetriebe verändern. Bei einer weltweiten Erwärmung um zwei Grad Celsius (ohne eine massive Verstärkung der Klimaschutzanstrengungen ist deutlich mehr zu erwarten) werden marine Arten polwärts wandern, in tropischen Gewässern und halbumschlossenen Meeren muss mit dem lokalen Aussterben von Arten gerechnet werden.
Projektionen zufolge werden Artenvielfalt und Fangpotenzial in mittleren und hohen Breiten im Durchschnitt zunehmen und in den tropischen Breiten im Durchschnitt abnehmen. Nicht alle Arten werden sich den veränderten klimatischen Bedingungen anpassen können, manche Fischbestände werden möglicherweise aussterben. Solche Veränderungen werden in tropischen Entwicklungsländern sehr wahrscheinlich die Verwundbarkeit von Menschen (etwa von traditionellen Fischern) erhöhen. Denn sie sind für ihre Ernährung und ihr Einkommen direkt vom Fischfang abhängig, sie können nicht auf andere Bestände ausweichen und ihre Tätigkeit aus finanziellen oder technischen Gründen nicht ausweiten.
Auch für Regierungen und Regulierungsbehörden wird die Verlagerung von Fischbeständen zu einem relevanten Thema, weil Regelungen zu Fangrechten komplizierter zu finden sein werden. Beispielsweise hat die Wanderung der Atlantischen Makrele in isländische Gewässer in den vergangenen Sommern bereits dazu geführt, dass Island und die Färöer Inseln diesen Bestand außerhalb internationaler Abkommen befischt haben.
Veränderungen der Temperatur, des Sauerstoffgehalts und der Nahrungsverfügbarkeit in den Meeren werden wahrscheinlich die Verteilung und Bestände von Spitzenprädatoren verändern, also von Tierarten, die an der Spitze von Nahrungsketten stehen. Dies gilt etwa für Thunfisch im Pazifischen und Indischen Ozean, wobei für beide Ozeane mit einer Verlagerung der Bestände in Richtung Osten gerechnet wird. Derartige Veränderungen können die Wirtschaft vieler Inselstaaten und Entwicklungsländer beeinträchtigen, wo die Kleinfischerei 56 Prozent der Fangmengen ausmacht und 91 Prozent aller Menschen beschäftigt, die in der Fischereiwirtschaft tätig sind.
Schädigung und Verlust von Kaltwasser- und tropischen Korallenriffen
Korallenriffe sind durch eine große biologische Vielfalt gekennzeichnet und ein Lebensraum mit großer Bedeutung für die Fischereiwirtschaft. Für über die Hälfte aller Korallenriffe weltweit bedeutet der Klimawandel, den meisten Szenarien zufolge, ein mittleres oder hohes Risiko der Schädigung. Es wird erwartet, dass der zentrale und westliche äquatoriale Pazifik, Teile von Mikronesien und Melanesien sowie Südostasien am schlimmsten betroffen sein werden. Zehn bis zwölf Prozent aller in tropischen Ländern gefangenen Fische sind abhängig von Korallenriffen, dasselbe gilt für 20 bis 25 Prozent der Fänge in Insel-Entwicklungsländern. Viele dieser Staaten, heißt es, befischen die Bestände an ihren Korallenriffen bereits heute nicht nachhaltig. Allein im Pazifik könnte die Produktion von Rifffischen bis 2050 um bis zu 20 Prozent zurückgehen.
Küsten-Fischerei und Aquakultur
Die Folgen des Klimawandels für Fischbestände in der offenen See (beispielsweise von Sardellen, aus denen Fischmehl hergestellt wird) könnten auch Auswirkungen auf Zuchtarten wie etwa Lachse haben.
So hat ein Rückgang der Fangmengen von Sardellen 2012 in Südamerika zu einer geringeren Produktion von Fischmehl und Fischöl geführt, was Preissteigerungen für diese Rohstoffe nach sich zog.
An der Nordwestküste der USA, wo das aus den Tiefen des Ozeans aufsteigende Wasser (”upwelling“) von Natur aus überdurchschnittlich sauer ist, hat die Meeresversauerung bereits zu pH-Werten geführt, die direkte Konsequenzen für die Zucht von Schalentieren haben. In einigen wirtschaftlich bedeutenden Küstenregionen, etwa dem nördlichen Golf von Mexiko, wird die Versauerung laut Projektionen doppelt so schnell ablaufen wie im weltweiten Durchschnitt.
Betriebe im Bereich der Brackwasser- und Süßwasser-Aquakultur, die ihre Tiere in Teichen und Lagunen halten, sind in niedrig gelegenen Küstengebieten der Tropen besonders gefährdet. Zu den Risiken gehören Sturmfluten, das Eindringen salzigen Meerwassers aufgrund steigender Meeresspiegel und Überschwemmungen in Flusseinzugsgebieten durch stärkere Regenfälle.
Fische aus Süßwasser-Aquakultur sind durch häufigere Krankheiten gefährdet, die durch vermehrten Stress infolge höherer Temperaturen und niedrigerem Sauerstoffgehalt begünstigt werden. Der gesamten Branche drohen Unsicherheiten über die künftige Wasserversorgung sowie die Gefahr, dass steigende Meeresspiegel den Küstenschutz überfordern.
Viele Phytoplanktonarten, die Algengifte produzieren, stoßen größere Mengen davon aus, wenn das Wasser pH-Werte erreicht, wie sie infolge der Ozeanversauerung schon in Kürze erwartet werden. Schädliche Algenblüten können zu Massensterben in Fischfarmen führen.
Veränderungen der Ressourcen in Küstenregionen und die daraus resultierende, größere Ernährungsunsicherheit dort lebender Menschen können dazu führen, dass mehr illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei (IUU) stattfindet.
Positive Folgen für die Aquakultur
Zu den möglichen positiven Auswirkungen des Klimawandels gehören schnelleres Wachstum, effizientere Nahrungsverwertung, längere Zuchtperioden, größere Verbreitungsgebiete von Arten oder eine Ausweitung der Zuchtgebiete infolge des Meereis-Rückgangs.
Möglichkeiten der Anpassung
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, um Fischereiwirtschaft und Aquakultur bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Einige werden bereits umgesetzt: Beispielsweise reagieren Schalentierzüchter im Nordwesten der USA auf die Meeresversauerung dadurch, dass sie die Zufuhr von Frischwasser unterbrechen, sobald der pH-Wert unter ein bestimmtes Niveau fällt, oder indem sie ihre Zuchtanlagen nach Hawaii verlegen. Die übliche Flexibilität von Fischern bei der Suche nach neuen Fanggründen und anderen Arten kann ebenfalls als Anpassungsstrategie betrachtet werden. Der Niedergang von Korallenriffen könnte sich möglicherweise auf natürliche Weise dadurch verlangsamen, dass Korallenalgen, die auch in wärmerem Wasser überleben, den Platz jener Arten einnehmen, die eine kühlere Umgebung benötigen.
Doch Natur wie auch Fischereiwirtschaft können sich nur in begrenztem Maße anpassen, und manche Anpassungsmöglichkeiten sind sehr komplex. Zum Beispiel könnten internationale Fischereiabkommen flexibler angelegt werden, um rasch auf klimabedingte Verlagerungen von Fischbeständen reagieren zu können. Doch solche Neuverhandlungen wären nicht einfach. Dasselbe gilt für Meeresschutzgebiete, bei denen Veränderungen nötig sein könnten, wenn sich Ökosysteme und Arten infolge des Klimawandels verschieben.
Auf technischer Ebene könnte eine Reihe von Maßnahmen zum Einsatz kommen, mit denen Fischer und Zuchtbetriebe bereits vertraut sind und die sich auch zur Anpassung an Klimawandel, Meeresversauerung und Sauerstoffmangel eignen. Beispielsweise werden selektive Fischereigeräte stetig weiterentwickelt, mit ihnen könnte der Fang besonders gefährdeter Arten vermieden werden. Die Erschließung neuer Fanggebiete könnte auf der Basis erwarteter Klimaveränderungen geplant werden – statt wie bislang eher kurzfristig. Vor allem aber könnten sowohl die Fischindustrie wie auch die Regierungen eine Ausweitung der Aquakultur beschließen, um regional, national oder global die vorhersehbaren Einbußen bei wild gefangenen Fischen und Schalentieren auszugleichen.
Je weiter der Klimawandel fortschreitet, desto schwieriger wird die Anpassung und desto wahrscheinlicher werden Situationen, in denen eine Anpassung unmöglich ist.
Optionen zur Emissionsminderung
Die Möglichkeiten für Fischerei, Aquakultursektor und fischverarbeitende Industrie, ihren Treibhausgasausstoß zu verringern, sind größtenteils nicht branchenspezifisch. Jedoch sind für sie (wie auch für andere Branchen) die allgemeinen Maßnahmen zur Emissionssenkung in der Gesamtwirtschaft von Bedeutung. (Ganz anders ist übrigens die Lage im Transportsektor, dort gibt es eine Reihe spezifischer Möglichkeiten zur Emissionsminderung.)
Generell ist auch die Fischereibranche von fossilen Treibstoffen abhängig, sowohl für Fischereischiffe als auch für die Beförderung ihrer Produkte zu den Märkten. Beim Binnenverkehr und dem Export stehen unter anderem folgende Möglichkeiten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zur Verfügung: Verbesserung der Energieeffizienz von Fahrzeugen, Umstieg auf CO2-ärmere Brennstoffe wie Agrotreibstoffe oder grundlegender Austausch der Energieträger (z.B. Wechsel zu Elektrofahrzeugen), Einsatz anderer Verkehrsmittel (z.B. See- statt Luftfracht), Verringerung der Gesamtzahl an Fahrten. Maßnahmen wie diese werden in vielen Ländern bereits gefördert, und sie werden automatisch auch den Transport von Meeresfrüchten erfassen. Grundsätzlich könnten entsprechende Maßnahmen gezielt in Fischerei und Aquakultur zur Anwendung kommen.
Im Fall der Fischereiwirtschaft kann es auch sinnvoll sein, über Maßnahmen gegen andere ökologische Probleme nachzudenken – denn sie erhöhen ebenso die Widerstandsfähigkeit gegenüber Folgen des Klimawandels oder der Meeresversauerung. Hier sind mehrere der bereits im vorhergehenden Abschnitt genannten Maßnahmen möglich. Weitere Optionen sind unter anderem:
- Anfälligkeitsbewertungen für Betriebe im Bereich Fischerei und Aquakultur,
- besseres Küstenzonenmanagement, um Verschmutzung vom Lande aus, Übernutzung und physische Schädigung von Ressourcen zu verringern,
- Schaffung neuer Lebensräume etwa in Form künstlicher Riffe, die bei einer Zerstörung der natürlichen Riffe neue Brutstätten bieten,
- Verringerung der Abhängigkeit des Aquakultursektors von Fischmehl, um kleine Bestände von Hochseefisch zu schonen.
Der Schutz bestimmter Meeres-Ökosysteme wird Geschwindigkeit und Ausmaß des Klimawandels direkt beeinflussen und außerdem die Gesundheit der Ökosysteme fördern. In Mangrovenwäldern, Seegraswiesen und Salzwiesen befindet sich fast die Hälfte des gesamten organischen, in Meeressedimenten gebundenen Kohlenstoffs (blue carbon, ”blauer Kohlenstoff“). Der Schutz dieser Biotope trägt dazu bei, die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre zu begrenzen, die Küsten vor Sturmfluten zu schützen und Brutstätten von Fischen zu erhalten.
Im Laufe der Zeit sind staatliche Maßnahmen möglich, mittels derer blue carbon quantifiziert und in den internationalen Handel mit CO2- Zertifikaten einbezogen wird. Auf diese Weise könnten Schutz- und Renaturierungsprojekte finanziert werden, die den Klimawandel bremsen.
Fazit
Je weiter und schneller man den Klimawandel fortschreiten lässt, desto weitreichender werden seine Folgen für Fischerei und Aquakultur ausfallen.
Die raschen Veränderungen der chemischen, physikalischen und biologischen Bedingungen in den Ozeanen haben direkte Folgen für die Produktion von Fischerei und Aquakultur. Zudem verschärfen sie die Anfälligkeit des Sektors gegenüber nicht-klimatischen Belastungen wie Verschmutzung und Überfischung. Das Ergebnis sind Risiken für das gegenwärtige und das künftige Produktionsniveau, die Ernährungssicherheit und die Arbeitsplätze in der Fischereibranche. Außerdem könnte die illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei (IUU) zunehmen.
Erwärmung und Versauerung der Meere stellen schwerwiegende Gefahren für Korallenriffe dar. Deren Schädigung wird sich sehr wahrscheinlich auf die Fischproduktion in den Tropen auswirken. Daneben erschwert es die Ozeanversauerung Meeresorganismen, Schalen und Skelette auszubilden, und sie stört wichtige Lebensfunktionen von Fischen, etwa den Orientierungssinn.
Eine weitere Gefahr stellen häufiger auftretende, schädliche Algenblüten dar, die die menschliche Gesundheit, die Aquakultur und die Fischerei beeinträchtigen könnten. Der in jüngerer Zeit zu beobachtende Rückgang des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen, der durch die vom Land eingetragene Verschmutzung verschärft wird, bedroht Ökosysteme und Fischereiwirtschaft.
Ein gewisses Maß des Klimawandels ist mittlerweile unvermeidlich, weil die bereits in der Atmosphäre befindlichen Treibhausgase ihre Wirkung entfalten werden. Doch je weiter und schneller man den Klimawandel fortschreiten lässt, desto höher werden sich seine Folgen für Fischerei und Aquakultur aufbauen.
Auf kurze Sicht wird es möglich sein, sich auf einige Folgen des Klimawandels einzustellen, etwa durch bessere Verwaltung, Bewirtschaftung und Überwachung der Fischbestände. Die Minderung nicht- klimatischer Belastungen könnte dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Weitere Möglichkeiten zur Anpassung sind die Verlagerung von Fanggebieten oder die Modifikation und Umsiedlung von Aquakulturbetrieben.
Das Potenzial für Emissionsminderungen in der Branche ist begrenzt, aber allgemeine Maßnahmen zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern hätten auch Folgen für die Fischwirtschaft. Der Schutz von Mangrovenwäldern, Seegraswiesen und Salzwiesen wird dazu beitragen, die Fähigkeit der Ozeane zur CO2-Speicherung zu bewahren. Zugleich wird die Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels verringert.