Klimawandel

Was er für den Bausektor bedeutet

Kernergebnisse aus dem Fünften Sachstandsbericht des IPCC

Kernergebnisse

  1. 1 Im Jahr 2010 waren 32 Prozent des weltweiten Endenergieverbrauchs und 19 Prozent aller Treibhausgasemissionen auf Gebäude zurückzuführen.

    Gemäß Business as usual-Szenarien könnte sich die weltweit durch Gebäude verbrauchte Energie bis 2050 verdoppeln oder gar verdreifachen, unter anderem weil Milliarden Menschen Zugang zu angemessenem Wohnraum und zu Elektrizität erhalten werden.

  2. 2 Dagegen ließe sich der Energieverbrauch von Gebäuden bis 2050 stabilisieren oder sogar senken, wenn erprobte Erfolgsmethoden und -technologien in großem Maßstab eingesetzt würden.

    Viele Klimaschutzmaßnahmen haben positive Nebenwirkungen.

  3. 3 Zahlreiche Hürden verhindern, dass vorhandene Möglichkeiten zum Energiesparen stärker genutzt werden.

    Dazu gehören beispielsweise unzureichende Markttransparenz, Risikoscheu und der begrenzte Zugang zu Kapital. Schon heute gibt es das Know-how für die Modernisierung von Bestandsgebäuden und den Neubau von Niedrigstenergie- und Nullenergiegebäuden – was häufig mit nur marginalen Zusatzkosten verbunden ist. Außerdem steht eine breite Palette an wirksamen politischen Instrumenten zur Verfügung, mit denen sich die genannten Hürden beseitigen lassen.

  4. 4 Die sehr langen Investitionszyklen im Gebäudebereich bergen das Risiko, einen hohen Energieverbrauch langfristig gewissermaßen einzubetonieren ('lock-in' Effekte).

    Mangelndes Engagement heute wird noch jahrzehntelang zu spüren sein. Würde hingegen der Stand der Technik unverzüglich und flächendeckend bei Neubau und Sanierung angewandt, ließe sich diese Gefahr mindern.

  5. 5 Die erwarteten Folgen des Klimawandels bergen ein großes Risiko für Gebäudeschäden.

    Bereits in den vergangenen Jahrzehnten haben die Schäden durch Extremwetterereignisse deutlich zugenommen. Intensität und Art dieser Klimafolgen werden wahrscheinlich regional ungleich verteilt sein.

Zusammenfassung

Alle Gebäude der Welt zusammen verursachen knapp ein Drittel des globalen Endenergieverbrauchs und etwa ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen.

Die Energienutzung von Gebäuden in Industrieländern ist in der Regel sehr verschwenderisch und ineffizient. Dabei wird immer deutlicher, dass dies nicht nötig wäre. Entwicklungs- und Schwellenländer laufen Gefahr, im Zuge des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums dieselben Fehler zu begehen. Laufen alle Entwicklungen weiter wie bisher (Business as usual-Szenario), ist bis 2050 mit einer Verdopplung oder Verdreifachung des weltweiten Endenergiebedarfs von Gebäuden und der entsprechenden Emissionen zu rechnen.

Allerdings könnte mit kurzfristig wirksamen und hoch rentablen Maßnahmen das Wachstum des Energiebedarfs von Gebäuden gebremst werden. In Industriestaaten ließe es sich sogar umkehren. Schon heute ist es in einzelnen Industrienationen mithilfe strengerer Bauvorschriften und Gerätenormen gelungen, den Endenergieverbrauch zu senken.

Um dieses Potenzial umfassender zu nutzen, sind längerfristige Strategien und Maßnahmen erforderlich. Sie müssen alle Aspekte der Planung, der Errichtung und des Betriebs von Gebäuden und Gebäudetechnik einbeziehen. Auch das Verhalten und die Einstellung der Gebäudenutzer müssen sich ändern.

Vorreitern im Bausektor, die sich eine höhere Energieeffizienz von Gewerbe- und Wohngebäuden auf die Fahnen schreiben, winken viele Vorteile: Ihre Immobilien haben einen höheren Wert, sie sind weniger anfällig für Beschädigungen, bieten bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Eigentümer und Nutzer (und dadurch bedingte Gesundheits- und Produktivitätsvorteile) und verzeichnen weniger Leerstand.

Ein wesentliches Hindernis ist der schwierige Zugang zu Investitionskapital, nicht zuletzt in ärmeren Ländern. Dabei befördert eine höhere Energieeffizienz auch andere Entwicklungsziele, etwa bei der Armutsbekämpfung, der Versorgungssicherheit oder der Gesundheit (z.B. durch höhere Raumluftqualität).

Die Langlebigkeit von Gebäuden birgt das Risiko, einen bestimmten Energieverbrauch regelrecht in Zement zu gießen: Fehlendes Engagement der heutigen Generation wird in Form nicht-optimaler Gebäude an künftige Generationen weitergegeben. Dies lässt sich nur vermeiden, indem unverzüglich modernste Vorschriften für alle Gebäude eingeführt werden.

Gebäude sind verschiedenen Folgen des Klimawandels ausgesetzt. Dazu gehören die Zunahme von Starkwinden, von Hitze (vor allem in Ballungsräumen ” städtische Wärmeinseln“) sowie von Überschwemmungen und Waldbränden, die mit bestimmten Extremwetterereignissen einhergehen. Bereits seit mehreren Jahrzehnten ist eine deutliche Zunahme an Gebäudeschäden zu verzeichnen.

Folgen des Klimawandels

Die Forschung rechnet damit, dass der Klimawandel schwerwiegende Auswirkungen auf die gebaute Umwelt haben wird. Das genaue Ausmaß der Folgen jedoch ist unsicher. Klar ist: Die Folgen werden regional sehr unterschiedlich ausfallen.

Viele Gebäude sind anfällig für die fortschreitenden Klimaveränderungen und für Extremwetterereignisse. Zu den Folgen des Klimawandels gehören erhöhte Niederschlagsmengen, das Auftauen von Permafrostböden, häufigere Waldbrände , schwere Stürme und Überschwemmungen. Ohne Investitionen wird sich die Verwundbarkeit der Gebäude noch verstärken. Entscheidend für die Schadensanfälligkeit von Gebäuden ist deren Standort.

Auch die Baubranche ist mit direkten Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Extreme Niederschläge könnten zu mehr Bauverzögerungen und entsprechend höheren Kosten führen. Der Klimawandel wird möglicherweise die Länge der Bausaison verändern. Durch die veränderten Muster von Extremwetterereignissen steigt der Bedarf an Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten.

Häufigere und stärkere Hitzewellen machen Änderungen in der Gebäudeplanung erforderlich. Möglicherweise muss die heute übliche Architektur zugunsten anderer Bauweisen aufgegeben werden.

Steigen die Temperaturen, steigt auch die Energienachfrage für die Klimatisierung. In einkommensschwachen Ländern, die typischerweise ein wärmeres Klima aufweisen, wird der zunehmende Wohlstand der wichtigste Faktor für eine höhere Energienachfrage vor allem für Klimaanlagen und das Transportwesen sein. Bei einer ungebremsten Erderwärmung wird sich, so Prognosen, die weltweite Energienachfrage für Klimaanlagen von knapp 300 TWh im Jahr 2000 auf 4.000 TWh im Jahr 2050 mehr als verdreizehnfachen.

Für den Heizenergiebedarf wird ebenfalls ein Anstieg erwartet, allerdings dürfte dieser wesentlich niedriger ausfallen, weil die Regionen mit dem höchsten Wärmebedarf in der Regel bereits wohlhabend genug sind, sich die gewünschte Energie zu leisten. Die Nachfrage nach Heizenergie in den Industriestaaten wird sich voraussichtlich bis 2030 nicht deutlich ändern, während Entwicklungsländer wesentlich mehr verbrauchen werden als heute.

Die Gefahren durch den Klimawandel wirken sich auf Menschen in Armut sehr direkt aus – etwa durch die komplette Zerstörung ihres häufig besonders anfälligen Wohnraums. Materielle Schäden durch Extremwetterereignisse sind für arme städtische Ansiedlungen bereits heute gut dokumentiert.

Diese werden oft in Gebieten errichtet, in denen das Risiko von Überschwemmungen hoch ist, oder an Berghängen, die von Erdrutschen und Erosion bedroht sind. Wohlhabendere Bevölkerungsschichten in Hochrisiko-Gebieten können Schutzmaßnahmen bei behördlichen Stellen meist erfolgreicher einfordern und außerdem ihren Besitzstand versichern.

Möglichkeiten der Anpassung

Obwohl es erprobte Maßnahmen zur Anpassung von Altbauten an den Klimawandel gibt, mangelt es an privaten Investitionen – diese Gebäude sind der prognostizierten Zunahme der Klimarisiken folglich besonders stark ausgesetzt. Bei neuen Gebäuden wäre bereits bei Planung und Bau auf eine Anpassung an den Klimawandel zu achten.

Die Fähigkeit, sich vor Ort auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, hängen von vielen Faktoren ab. Dazu gehört natürlich, wie sehr ein bestimmter Standort durch Klimaänderungen gefährdet ist. Hinzukommt die Qualität lokaler Behörden, von risikomindernden Infrastrukturen und Dienstleistungen oder ob die geltenden Gesundheits- und Sicherheitsnormen den neuen Gefahren angemessen sind (und wie gut die Gebäude diesen Vorschriften entsprechen).

Staatliches Handeln ist entscheidend, wenn es um das Gestalten und Koordinieren der Reaktion auf den Klimawandel geht. Regierungen können Synergien identifizieren und fördern, die sich zwischen der Klimaanpassung von Gebäuden und der Minderung ihres Treibhausgasausstoßes ergeben.

Ein Beispiel für das Mobilisieren positiver Nebeneffekte ist die Förderung von Gründächern: Diese wirken dämmend, mindern also im Sommer das Aufheizen von Gebäuden und sparen im Winter Heizenergie; gleichzeitig kühlen sie die Umgebungsluft und verbessern so das Mikroklima in Städten. Technologien können die Risiken durch Extremwetterereignisse sowohl mindern als auch verstärken. Ein Beispiel waren die Hochwasserschutzanlagen in New Orleans. 

Sie hatten das Bauen in einem Überschwemmungsgebiet überhaupt erst ermöglicht, versagten aber beim Hurrikan Katrina 2005 katastrophal. Auch Versicherungen können ihren Kunden Anreize geben, das Risiko von Schäden zu mindern, indem sie Vorsorgemaßnahmen an Gebäuden mit niedrigeren Beiträgen belohnen. Sie können sich außerdem für bessere Bauvorschriften starkmachen und Immobilieneigentümer, Behörden und andere Betroffene über erfolgreiche Anpassungsmaßnahmen informieren. Mit bestimmten Regelungen können Versicherungsgesellschaften jedoch auch Fortschritte verhindern – zum Beispiel wenn Versicherungsklauseln verhindern, dass beim Wiederaufbau eines Gebäudes Verbesserungen vorgenommen werden.

Die Anpassungsmaßnahmen, vor denen Entwicklungsländer stehen, bergen auch Chancen. Mehr als die Hälfte der städtischen Siedlungsgebiete, die dort bis 2030 erwartet werden, sind noch gar nicht gebaut – der Klimawandel könnte dort also sehr gut von vornherein in die Planung integriert werden. Bangladesch beispielsweise verband eine Ausweitung der Schulpflicht mit der Vorsorge gegen künftige Stürme – neue Notunterkünfte wurden in Schulnähe errichtet oder neue Schulgebäude so gebaut, dass sie auch als Zyklon-Hochbunker dienen können.

Traditionelle Baumethoden können die Anfälligkeit für Stürme und Fluten in ländlichen Gebieten mindern. Die Bewohner der Salomonen-Inseln etwa nutzen Pfahlbauten, um sich vor Starkregen zu schützen, und errichten niedrige, aerodynamische Häuser mit Dächern aus Blättern der Sagopalme.

Optionen zur Emissionsminderung

Technologie, Know-how, Politik – es gibt die Instrumente, um den Energieverbrauch von Gebäuden weltweit bis 2050 zu stabilisieren oder zu verringern.

Das Potenzial für Energieeinsparungen bei bestehenden und neuen Gebäuden ist beachtlich: Es liegt bei 50 bis 90 Prozent. Viele Möglichkeiten zur Minderung des Energieverbrauchs sind sofort verfügbar und sehr profitabel. Doch den Lösungen für die Gebäudesanierung, die bereits vielfach erprobt sind, stehen oft praktische Schwierigkeiten im Wege. Hier sind kluge Politikinstrumente gefragt.

Zu den vorrangigen Minderungsstrategien gehören: CO2-Effizienz, energieeffiziente Technologien, die Effizienz von Systemen und Infrastrukturen sowie eine Verringerung der Nachfrage durch den Wandel von Lebensstilen und Verhaltensmustern.

CO2-Effizienz

Zum Kühlen von Gebäuden und den Betrieb von Haushaltsgeräten wird heute meist Strom eingesetzt, während zum Heizen in den meisten Ländern fossile Brennstoffe verwendet werden. Beide Energieformen verursachen meist erhebliche CO2-Emissionen. Mehr als zwei Milliarden Menschen können gegenwärtig nicht mit Elektrizität oder sauberer Energie kochen (und nutzen stattdessen offenes Feuer). Schon wenn hier eine Umstellung erfolgt, könnte sich die Tendenz bei den durch Gebäude verursachten Emissionen umkehren.

Integrierte (also sektorenübergreifende), wirtschaftswissenschaftliche Modellrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass es günstiger sei, bereits auf eine sauberere Stromerzeugung (”Dekarbonisierung“ des Elektrizitätssektors) zu zielen, anstatt beim Endverbraucher anzusetzen.

Ganz anders sehen die Resultate sektoraler Modellrechnungen aus: Ihnen zufolge sollten eher große Verbrauchssenkungen sowohl bei Primärbrennstoffen als auch bei Strom angestrebt werden, als zu versuchen, die Stromerzeugung auf CO2-arme oder -freie Technologien umzustellen. Die Einführung moderner Kocher zum Beispiel, mit denen etwa Holz effizienter genutzt werden kann, würde den Energieverbrauch und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen mindern.

In jedem Fall aber gilt: Wegen der langen Lebensdauer von Gebäuden müssen Kostenkalkulationen den gesamten Lebenszyklus einbeziehen, um optimale Entscheidungen treffen zu können. Was Fortschritte auf dem Weg zu einer höheren CO2-Effizienz behindert, sind beispielsweise Fehlanreize, die durch die Subventionierung konventioneller Brennstoffe gegeben werden. Hingegen können feste Einspeisevergütungen (wie im deutschen ÖkostromFördersystem), CO2-Steuern und zinsverbilligte Kredite für kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen Entwicklungshemmnisse abbauen.

Energieeffiziente Technologien

Es gibt viele Möglichkeiten, um den Energieverbrauch bei Gebäuden zu senken:

  • leistungsstarke Gebäudehüllen. Eine gute Dämmung und Energiesparfenster vermeiden Wärmebrücken und verhindern so das Entweichen von Heizenergie. Die Gebäude werden für ein gutes Raumklima aktiv gelüftet, dabei anfallende Abwärme kann mittels Wärmetauschern wiedergenutzt werden
  • energieeffiziente Haushaltsgeräte, Beleuchtungs-, Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK)
  • Verdunstungskühlung und solarbetriebene Entfeuchtungssysteme auf der Basis von Trocknungsmitteln (sofern es die lokalen Gegebenheiten erlauben)
  • verbesserte Gebäudeautomation und Kontrollsysteme, die flexibel auf veränderte Bedingungen reagieren
  • bewusste Tageslichtnutzung durch eine Planungs- und Bauweise, die den Einfall natürlichen Lichts optimiert und ggf. steuerbar macht (zum Beispiel durch veränderbare Sonnenblenden)
  • intelligente Stromzähler und -netze, um Angebot und Verbrauch in Echtzeit aufeinander abstimmen zu können

Über den gesamten Lebenszyklus gerechnet ist der Energieverbrauch von Niedrigenergiegebäuden geringer als bei herkömmlichen Gebäuden. Ein etwaiger höherer Energieaufwand für die Baumaterialien und Effizienzmaßnahmen kann durch Einsparungen während des Betriebs mehr als aufgewogen werden. Laut Forschungsergebnissen aus Schweden braucht ein Niedrigenergiegebäude über einen Zeitraum von 50 Jahren insgesamt 40 Prozent weniger Energie.

Vielerlei Probleme behindern jedoch den Einsatz derartiger Technologien. Dazu zählen unübersichtliche Märkte, institutionelle Strukturen und hohe Transaktionskosten sowie fehlende Steuerungsmöglichkeiten für die Gebäudenutzer. Hinzu kommt das ”Nutzer-Investor-Dilemma“: Während die Kosten von Energiespar-Investitionen zunächst auf den Eigentümer eines Gebäudes entfallen, liegt der Nutzen, etwa durch niedrigere Heizkostenabrechnungen, eher bei den Nutzern (z.B. Mietern).

Die wichtigsten Politikinstrumente, mit denen sich solche Hindernisse überwinden lassen, sind beispielsweise Steuererleichterungen und zinsverbilligte Darlehen, anspruchsvolle Effizienznormen für Haushaltsgeräte sowie eine Vorreiterrolle öffentlicher Auftraggeber.

Effizienz von Systemen und Infrastruktur

Wird auf die Effizienz der Infrastruktur geachtet, sind ebenfalls bedeutende Einsparungen möglich. Wichtig ist beispielsweise eine ”eingebaute“ Betrachtung des Energieverbrauchs und der Energienutzung in allen Phasen der Planung, der Auftragsvergabe und der Errichtung (”Integrierte bzw. integrale Planungsprozesse“).

Passivhäuser, bei denen nur minimaler oder gar kein Bedarf an aktiver Heizung, Kühlung und Lüftung besteht, ermöglichen sowohl Kostensenkungen als auch einen niedrigen CO2-Ausstoß. Energieeinsparungen und Emissionsminderungen lassen sich auch durch Gebäude mit sogenanntem ”aktivem Design“ erreichen, wenn sie sich an den jeweiligen Gegebenheiten und Nutzerbedürfnissen orientieren.

Individuell angepasste Sanierungen können je nach Gebäudetyp hohe Einsparungen im Vergleich zum Energieverbrauch in einem Business as usual-Szenario erbringen. Die Beispiele sind zahlreich:

  • freistehende Einfamilienhäuser, deren Energiebedarf um 50 bis 75 Prozent gesunken ist
  • Mehrfamilienhäuser, bei denen 80 bis 90 Prozent weniger Heizenergie erforderlich ist; in Entwicklungsländern 60 Prozent weniger Heiz- und 30 Prozent weniger Kühlenergie
  • Geschäftsgebäude, deren Energiebedarf für Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik um 25 bis 50 Prozent und für Beleuchtung um 30 bis 60 Prozent zurückging

Diese Art von Sanierungen lässt sich gezielt fördern, etwa durch strengere Bauvorschriften oder direkte finanzielle Zuschüsse, durch bevorzugt oder zinsverbilligt vergebene Darlehen, durch Energieausweise, Effizienzverpflichtungen für die Energieversorger oder handelbare ”Weiße Zertifikate“. 

Energiedienstleister können Einsparungen unterstützen, indem sie mit Endkunden Leistungsverträge abschließen: Geliefert wird also z.B. nicht das Produkt ”Strom“, sondern das Produkt ”Beleuchtung“. Wenn die Energiedienstleister dann in Effizienzmaßnahmen investieren, profitieren sie selbst von den Einsparungen. Will man verhindern, dass Verbraucher an suboptimale Verträge gebunden bleiben, ist es entscheidend, Energiedienstleister zu langfristigen und ehrgeizigen Einsparungen zu drängen.

Eine Möglichkeit ist auch, dass traditionelle Energieversorger derartige Dienstleistungen erbringen oder Effizienzinvestitionen durch Ratenzahlungen über die Energierechnung finanziert werden (on-bill financing). In den USA werden zum Beispiel sogenannte PACE-Finanzierungen erfolgreich eingesetzt: öffentlich oder privat verwaltete Fonds, die Kredite für Effizienzmaßnahmen vergeben, die durch Aufschläge auf die Grundsteuer zurückgezahlt werden.

Verringerung der Nachfrage

Die prognostizierte Zunahme des Energieverbrauchs im weltweiten Gebäudesektor geht vor allem darauf zurück, dass Menschen, die die Armut hinter sich lassen und ihr Konsumverhalten entsprechend ändern, mehr Energiedienstleistungen nachfragen. Mögliche Instrumente, die im Kontext dieser Entwicklungen die Nachfrage bremsen können, sind CO2-Bepreisung, Emissionshandel für Privathaushalte, Immobilienbesteuerung abhängig von den CO2 Emissionen der Gebäude, fortschrittliche Gerätenormen und Bauvorschriften mit absoluten Verbrauchsbeschränkungen.

Vielfacher Zusatznutzen bei CO2-Minderungen

Die Verringerung des CO2-Ausstoßes bringt zahlreiche positive Nebenwirkungen mit sich, die weit über die gewünschten Folgen für das Klima und den Energieverbrauch hinausgehen können. Dies wird jedoch selten erkannt und noch seltener in den politischen Strategien berücksichtigt. Der Zusatznutzen umfasst etwa eine Minderung der Energie und Brennstoffarmut oder positive Gesundheitseffekte durch eine bessere Innen- und Außenluftqualität.

Zu den wirtschaftlichen Vorteilen gehören:

  • Wertzuwachs der Gebäude
  • niedrigere Energierechnungen
  • mehr Arbeitsplätze
  • verbesserte Energiesicherheit
  • höhere Arbeitsproduktivität der Nutzer von Geschäftsgebäuden

Wenn die allgemeine Energienachfrage sinkt, verringert dies auch die Spitzenlast der Netze und die Verluste bei der Energieübertragung und -verteilung, sorgt für mehr Energiesicherheit, mindert die menschliche Beanspruchung der Ökosysteme und bremst den gesamten Beitrag des Gebäudesektors zum Klimawandel.

 

Regionale Perspektiven

Bei den Gefahren des Klimawandels und bei den Fähigkeiten, diesen zu begegnen, sind die regionalen Unterschiede groß. Auch innerhalb einzelner Regionen gibt es eine große Bandbreite.

Afrika

Hochrechnungen zufolge wird sich die Einwohnerzahl afrikanischer Städte bis 2050 verdreifachen, was einer Zunahme um 800 Millionen Menschen entspricht. Viele dieser wachsenden Städte expandieren ungeplant, es entstehen informelle Siedlungen mit schlechten Wohnbedingungen. Solche Städte sind extrem anfällig für die Folgen des Klimawandels, da sie in der Regel über keinen Schutz vor Überschwemmungen verfügen. Der Klimawandel wird ein entscheidender Faktor bei der Landflucht werden und sich so stark auf die ländliche und urbane Entwicklung Afrikas auswirken.

In Afrika ist eine Klimaanpassung besonders dringend, weil die Folgen der Erderwärmung dort besonders drastisch ausfallen werden und die Ressourcen für Anpassungsmaßnahmen gering sind. Doch die Aussicht auf positive Nebenwirkungen der Anpassungsmaßnahmen kann Anreize schaffen, diese auch umzusetzen.

Europa

Der Klimawandel führt zu häufigeren und stärkeren Hitzewellen, insbesondere in Südeuropa. Zu den Anpassungsstrategien, die nicht nur in Europa sinnvoll sind, gehören die Nutzung der thermischen Trägheit von Gebäudekörpern, das Kühlen durch Luftventilation oder der Einsatz von Sonnenblenden zur Minderung extremer Temperaturen.

Eine weitere mögliche Gefahr sind häufigere und stärkere, trockenheitsbedingte Bodensenkungen, die zu Gebäudeschäden führen können. Der Anstieg der Meeresspiegel und zunehmende Starkregen dürften zu vermehrten Fluten an Küsten und Flüssen führen. Zwar lassen sich Wohn- und Geschäftshäuser für gelegentliche Überschwemmungen rüsten, doch in extremen Fällen wird wohl ein ”geordneter Rückzug“ die wahrscheinliche Antwort sein.

Der Klimawandel wird auch Folgen für die zahlreichen Baudenkmäler in Europa haben, sowohl durch einzelne Extremwetterereignisse als auch durch dauerhaft höhere Belastungen der Bausubstanz. Europa als wohlhabender Kontinent verfügt über relativ gute Ressourcen, sich an das geänderte Klima anzupassen. Doch zwischen den wie auch innerhalb der verschiedenen Regionen Europas sind die Unterschiede groß, sowohl was die Klimafolgen angeht als auch die Anpassungsfähigkeit.

Asien

Der Klimawandel wird die Belastungen Asiens infolge rasanter Verstädterung, Industrialisierung und wirtschaftlicher Entwicklung noch verstärken. Bis 2050 wird für die asiatischen Städte ein Bevölkerungszuwachs von 1,4 Milliarden Menschen erwartet. Gleichzeitig werden sich Extremwetterereignisse – lokal in verschiedener Weise und Intensität – immer stärker auf den Kontinent auswirken. Die Hälfte bis zwei Drittel der asiatischen Millionenstädte sind einer oder mehreren klimabedingten Gefahren ausgesetzt, vor allem Überschwemmungen und Zyklonen.

Mit Shanghai, Delhi und Dhaka liegen drei der weltweit bevölkerungsreichsten Städte in Gebieten mit hohem Überschwemmungsrisiko. Diese Risiken (und entsprechende menschliche und materielle Schäden) konzentrieren sich besonders auf Indien, Bangladesch und China. Das Phänomen städtischer Wärmeinseln verschärft sich; inwiefern die öffentliche Gesundheit davon beeinträchtigt wird, hängt lokal von der Anpassung der gebauten Umwelt und von der Stadtplanung ab.

Viele Menschen in Asien können sich eine aktive Kühlung (vor allem von Wohnräumen) nicht leisten. Deshalb werden Designlösungen gebraucht, die mit niedrigem Energieeinsatz erträgliche Temperaturen schaffen. Dies kann auch verhindern, dass später stromfressende Klimaanlagen installiert werden. Wenn etwa Innenräume durch die Ventilation von Außenluft gekühlt werden (wie weltweit in traditionellen Regionalarchitekturen) statt durch Klimaanlagen, lassen sich das Bedürfnis nach behaglichen Temperaturen und die Resilienz von Gebäuden optimal verbinden.

Ozeanien

Zu den für Australien erwarteten Klimafolgen gehören häufigere Hitzeextreme und dadurch bedingte Flächenbrände, seltenere Kälteextreme sowie Starkregen, die in vielen Teilen des Landes das Überschwemmungsrisiko erhöhen. All dies hat Folgen auch für Gebäude. Ein Anstieg des Meeresspiegels um 1,1 Meter zum Beispiel hätte in Australien Auswirkungen auf Vermögenswerte, die mit rund 226 Milliarden australischen Dollar (190 Milliarden Euro) zu Buche schlagen, darunter bis zu 274.000 Wohn- und 8.600 Geschäftsgebäude. Hinzu kämen nicht bezifferbare Kosten, etwa durch Gesundheitsschäden und Versorgungsunterbrechungen.

Für die kleinen Inseln in Ozeanien (und so ähnlich für alle tiefliegenden Inseln weltweit) sind viele Aspekte des Klimawandels bedrohlich: Dazu zählen der Anstieg der Meeresspiegel, tropische und außertropische Zyklone, steigende Luft- und Wassertemperaturen sowie veränderte Niederschlagsmuster. Auch hier wirken sich diese Gefahren unter anderem auf Gebäude aus.

Überall könnten eine entsprechende Planung und Gestaltung von Gebäuden und Frühwarnsysteme sowie öffentliche Bildungsarbeit die Anpassung an den Klimawandel erleichtern. An Orten, die Extremwetterereignisse erlebt haben, werden derartige Maßnahmen bereits eingeführt.

Mittel- und Südamerika

Diese Weltregion gehört schon heute zu den am stärksten verstädterten. 79 Prozent der Bevölkerung Mittel- und Südamerikas lebt in urbanen Gebieten, nur in Nordamerika ist dieser Anteil mit 82 Prozent noch höher (der weltweite Durchschnitt beträgt rund 50 Prozent). Stadtbewohner sind in ihrem Alltag vielfältigen gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Risiken ausgesetzt – mit dem Klimawandel kommt ein weiteres hinzu.

Die anhaltend große Armut in den meisten mittel- und südamerikanischen Ländern führt zu einer starken Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels. Wirtschaftliche Ungleichheit bedeutet gerade für die am meisten verletzlichen Bevölkerungsgruppen einen mangelnden Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Anlagen und angemessenem Wohnraum. Sie haben nur wenige Mittel, sich an ein verändertes Klima anzupassen.

Nordamerika

Die jüngsten Klimaveränderungen und einzelne Extremwetterereignisse in Nordamerika haben gezeigt, welche Folgen klimabedingte Belastungen haben können und welche Verwundbarkeiten es gibt. Erste Konsequenzen werden bereits gezogen: So werden als Reaktion auf die Wirbelstürme des vergangenen Jahrzehnts neue Häuser am Golf von Mexiko nun anders geplant und gebaut.

In anderen Teilen Nordamerikas jedoch sind erst wenige Veränderungen zu erkennen. Viele Gebietskörperschaften sind bereits mit Klimabewertungen und Planungsprozessen beschäftigt. Es gibt Vorarbeiten für Bauvorschriften, die sowohl historische Wetterdaten als auch erwartete künftige Risiken berücksichtigen. Auf kommunaler Ebene geschieht in dieser Hinsicht wesentlich mehr als auf anderen politischen Ebenen.

Die Immobilien- und Bauwirtschaft macht Fortschritte in Sachen Klimaschutz, bei der Gebäudeplanung wird zunehmend auf die Energieeffizienz geachtet. Weniger weit sind die Branchen, wenn es darum geht, Gebäude besser gegen Schäden durch Extremwetterereignisse zu rüsten. Einige Bauherren nehmen auch eine abwartende Haltung ein, weil die Kosten der Anpassung hoch erscheinen und die eigene langfristige Verantwortung für künftige Gebäude niedrig.

Fazit

Häuser sind ein entscheidender Teil jeder globalen CO2-armen Zukunft. Bei den oft verschwenderischen und ineffizienten Gebäuden in Industrieund Schwellenländern sind bedeutende Energieeinsparungen möglich. Zwar besteht in vielen Entwicklungsländern ein großer Nachholbedarf an Wohnraum und Grundversorgung beispielsweise mit Elektrizität – doch diese Bedürfnisse können gedeckt werden, ohne dass der weltweite Treibhausgasausstoß ansteigt. Durch kluge politische Maßnahmen können Gebäude und Siedlungen gefördert werden, die effizient mit Energie umgehen und auf ein raueres Klima vorbereitet sind.

Die Folgen des Klimawandels wie Wärmebelastung, extreme Niederschläge, Überflutungen an den Küsten und an Flüssen, Erdrutsche, Luftverschmutzung, Trockenheit und Wasserknappheit stellen Bedrohungen für städtische Gebiete dar. Diese werden noch verstärkt durch mangelhafte Infrastrukturen und oft fehlende Grundversorgung, durch qualitativ schlechten Wohnraum und das Bauen an gefährdeten Standorten. Bessere Wohnverhältnisse und widerstandsfähigere Infrastruktursysteme könnten die Verwundbarkeit städtischer Gebiete für die Folgen des Klimawandels deutlich verringern.

Sollen im Bausektor tiefgreifende Veränderungen erreicht werden, sind entschiedene und langfristig angelegte Strategien und Maßnahmen erforderlich. Diese müssen die Planung, Errichtung und Bewirtschaftung von Gebäuden und Gebäudetechnik einbeziehen. Wirtschaftliche und politische Anreize können dazu einen Beitrag leisten.

Mit neuen Technologien, modernstem Fachwissen und geeigneten politischen Instrumenten kann der Energieverbrauch von Gebäuden bis zur Mitte des Jahrhunderts stabilisiert oder gar verringert werden. Dank großer Fortschritte bei den Kosten und der Leistungsfähigkeit etwa von Baumaterialien sind Niedrigenergiehäuser und energetische Sanierungen wirtschaftlich attraktiv geworden, bisweilen liegen die Gesamtkosten sogar unter denen konventioneller Bauten.

Bauvorschriften und Gerätenormen (sofern sie gut gestaltet und umgesetzt wurden) haben sich als ökologisch wirksame und kostengünstige Instrumente erwiesen, um den Treibhausgasausstoß zu senken. Werden derartige Vorschriften weiter verschärft, in zusätzlichen Ländern eingeführt und auf mehr Gebäude und Haushaltsgeräte ausgeweitet, ist dies ein entscheidender Faktor beim Erreichen ehrgeiziger Klimaziele und bei der Anpassung an das veränderte Klima.

Veränderungen von Verhalten und Lebensstil können in den Industrieländern verschiedenen Szenarien zufolge den Energieverbrauch kurzfristig um bis zu 20 Prozent und bis 2050 um bis zu 50 Prozent im Vergleich zu heute senken.