Klimawandel

Was er für Arbeit und Beschäftigung bedeutet

Kernergebnisse aus dem Fünften Sachstandsbericht des IPCC

Kernergebnisse

  1. 1 Die Folgen des Klimawandels für Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen sind selten offensichtlich und direkt.

    Der Klimawandel wird sich dennoch auf bestimmte Branchen und Industrien auswirken, aber auch auf Infrastrukturen, an deren Funktionieren die Gesamtwirtschaft hängt – und auf diese Weise Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivitäten negativ beeinflussen.

  2. 2 Je nach Region und Branche wird sich der Klimawandel sehr unterschiedlich bemerkbar machen.

    Küstenregionen, Städte und ländliche Gebiete unterliegen Risiken durch verschiedene klimabedingte Ereignisse. Die am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren sind Energie- und Wasserversorgung, Lebensmittel- und Landwirtschaft sowie Tourismus und Verkehr.

  3. 3 Umzuziehen ist oft die „einfachste“ Art der Anpassung an den Klimawandel.

    Migrationsbewegungen werden daher zu den wichtigsten Reaktionsweisen auf die Zerstörung von Existenzgrundlagen gehören.

  4. 4 Klimaschutz kann Arbeitsplätze schaffen.

    Zu den Branchen, die durch Bemühungen zur Minderung des Treibhausgasausstoßes stimuliert werden könnten, gehören Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, die Bauwirtschaft oder die Land- und Forstwirtschaft. Auch Anpassungsmaßnahmen, mit denen die Widerstandsfähigkeit von Infrastrukturen und Ökosystemen gegenüber dem Klimawandel erhöht wird, könnten für neue Jobs sorgen.

  5. 5 Es ist schwer, die genauen Auswirkungen des Klimawandels auf Existenzgrundlagen von Menschen verlässlich vorauszusagen.

    Neben dem Klimawandel gibt es immer auch andere Faktoren, die sich auf Arbeitsplätze auswirken. Selbst wo der Klimawandel eine Hauptursache von Veränderungen ist, wird es Gewinner wie auch Verlierer geben.

Zusammenfassung

Dieser Bericht untersucht, wie wirtschaftliche Aktivitäten zum Klimawandel beitragen und wie sie von ihm beeinflusst werden – sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten. Dabei werden verschiedene Wirtschaftssektoren sowie die Aspekte Infrastruktur, Armut und Migration einbezogen.

Der Klimawandel ist eine starke Bedrohung für die Existenzgrundlagen von Menschen in aller Welt und für eine nachhaltige Entwicklung. Ein Teil der Risiken resultiert aus direkten Folgen der Erderwärmung auf die menschliche Gesundheit und die Arbeitskraft. Viele Effekte sind aber auch das Ergebnis langer, komplexer Wirkungsketten, an deren Anfangspunkt die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme an Land, in Binnengewässern und in den Meeren stehen.

Weil es an Wasser mangelt, die landwirtschaftliche Produktivität sinkt und die Ernährungssicherheit sinkt, sind die Lebensgrundlagen und Einkommen auf dem Lande zunehmend gefährdet. In urbanen Gebieten sind Arbeitsplätze durch den möglichen Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung und die begrenzte Anpassungsfähigkeit armer Stadtbewohner an den Klimawandel in Gefahr. Die Entwicklungsländer wird der Klimawandel am stärksten treffen. Er ist eine zusätzliche Belastung für die Armen, und er vervielfacht bestehende Probleme.

Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen im Binnenland und an den Küsten, Sturmfluten und steigende Meeresspiegel werden ökonomische Aktivitäten beeinträchtigen. Die Störungen werden zum einen durch die Ereignisse selbst und zum anderen durch die Gesamtwirkung der steigenden Zahl solcher Ereignisse verursacht werden.

Extremwetterereignisse und weitere Folgen des Klimawandels werden im Zusammenspiel mit dem Bevölkerungswachstum, der verstärkten Urbanisierung und der Globalisierung der Lieferketten Auswirkungen auf Unternehmen in aller Welt haben – und damit auch auf die Menschen, die für diese Unternehmen arbeiten. Außerdem werden langsamer verlaufende Auswirkungen des Klimawandels wie der Temperaturanstieg und die Veränderung von Niederschlagsmustern die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit verschiedener Branchen beeinflussen, von der Landwirtschaft bis hin zum Tourismus.

Gleichzeitig tragen viele Wirtschaftssektoren wesentlich zum Klimawandel bei, beispielsweise die Energiebranche, die Landwirtschaft oder der Verkehr. Aktivitäten und politische Entscheidungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen können zwar Existenzen von Menschen gefährden, die in bestehenden Branchen arbeiten – sie können aber auch in neu entstehenden Wirtschaftsbereichen zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten schaffen. Dies gilt sowohl für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (beispielsweise den Bau neuer Hochwasserschutzanlagen und die Verstärkung von Infrastrukturen) als auch für Maßnahmen zur Emissionssenkung (etwa mden Ausbau Erneuerbarer Energien).

Die Politik muss Anpassungsmaßnahmen und Emissionsminderungen, deren Nutzen sich über unterschiedliche Zeiträume einstellt, aufeinander abstimmen. Außerdem müssen die Vor- und Nachteile von schrittweisem Wandel und von schnellen Veränderungen abgewogen werden; beide Vorgehensweisen haben unterschiedliche Auswirkungen auf Arbeit und Beschäftigung. Nicht zuletzt muss den politischen Entscheidungsträgern bewusst sein, dass der Klimawandel für manche Regionen und Branchen auch gewisse Vorteile mit sich bringen wird.

Folgen des Klimawandels

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Arbeit und Beschäftigung sind vielfältiger und verschiedenster Art, sie machen sich sowohl direkt als auch indirekt bemerkbar.

Die Gefährdung von Ökosystemen wie Wäldern und Ozeanen wird Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau, Energieversorgung, Zellstoff- und Papierproduktion oder auch den Tourismus beeinträchtigen. Risiken resultieren zum einen aus dem Klimawandel selbst und zum anderen aus dem menschlichen Umgang mit Wasser, Land und Energie in einem sich wandelnden Klima. Auch der Handel ganz allgemein ist mit Gefahren konfrontiert, denn global vernetzte Liefer- und Logistikketten sind besonders anfällig für Extremwetterereignisse und andere Folgen des Klimawandels. Gleichzeitig werden steigende Temperaturen und um sich greifende Krankheiten in vielen Regionen die Arbeitsproduktivität verringern.

Allerdings werden in den meisten Wirtschaftssektoren eine Reihe anderer Faktoren stärker wiegen als der Klimawandel, beispielsweise Veränderungen von Bevölkerungs- und Altersstruktur, von Einkommen, Technologien, relativen Preisen und Lebensweisen, von Gesetzen und Vorschriften, Verwaltung und Regierung. Im Laufe des 21. Jahrhunderts werden die Folgen des Klimawandels das Wirtschaftswachstum und die Armutsbekämpfung bremsen, die Ernährungssicherheit weiter untergraben und neue Armutsfallen schaffen. Doch für manche Weltgegenden und Branchen wird der Klimawandel auch Vorteile bringen, beispielsweise bessere Ernten oder einen verringerten Bedarf an Heizenergie (wobei diesen Effekten in ungewissem Umfang schlechtere Ernten bzw. vermehrter Kühlbedarf anderswo gegenüber stehen).

Zwischen 2009 und 2050 wird sich, so die Erwartung der Wissenschaft, das gesamte Wachstum der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten abspielen. Demgegenüber wird die ländliche Bevölkerung ab etwa 2020 schrumpfen. Für das Jahr 2050 wird erwartet, dass weltweit 6,3 Milliarden Menschen in Städten leben (gegenüber 3,4 Milliarden im Jahr 2009). Am stärksten wird die Stadtbevölkerung in Asien (1,7 Milliarden) und Afrika (0,8 Milliarden) zunehmen. Der Klimawandel wird sich auf städtische Gebiete (und damit auch die dort angesiedelten Arbeitsplätze) vor allem durch Störungen der Infrastruktur (Wasser- und Energieversorgung, Kanalisation und Sanitäreinrichtungen, Verkehrswege, Telekommunikationsnetze, Gebäude sowie Gesundheits- und Sozialsysteme) auswirken. In fast allen Ländern ist eine zunehmende Ballung von Menschen, Vermögenswerten und Wirtschaftsaktivitäten in urbanen Gebieten zu beobachten – in der Folge werden sich auch klimabedingte Risiken auf einen wachsenden Anteil der Weltbevölkerung konzentrieren und die wirtschaftliche Entwicklung gefährden.

Trotz des bereits lange laufenden Trends zur Urbanisierung zählen die ländlichen Gebiete mit 3,3 Milliarden Menschen immer noch knapp die Hälfte (47,9 Prozent) der Weltbevölkerung. Fast die gesamte Landbevölkerung (3,1 Milliarden Menschen bzw. 91,7 Prozent) lebt in wenig oder den am wenigsten entwickelten Ländern. Die ländlichen Gebiete beherbergen ungefähr 70 Prozent der armen Bevölkerung der Entwicklungsländer und leiden unter vielfältigen Problemen, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, etwa unter Umweltschäden, Investitionsmangel in der Landwirtschaft oder schlechter Verwaltung von Land und Naturressourcen. Die Folgen des Klimawandels machen sich daher erst als späte Glieder komplexer Wirkungsketten und oft als Bedrohungsmultiplikatoren bemerkbar. Am stärksten wird sich der Klimawandel in ländlichen Gebieten auf die Wasserversorgung, die Ernährungssicherheit und die landwirtschaftlichen Einkommen auswirken. Auf den Fischereisektor und die Menschen, die von ihm abhängen, kommen wahrscheinlich bedeutende Schwierigkeiten zu: In den Tropen und in der Antarktis werden die Fischbestände abnehmen, sich hingegen in den gemäßigten Breiten vergrößern.

Die zuverlässige Bereitstellung von Energie ist für ein reibungsloses Funktionieren der Wirtschaft unerlässlich. Die Folgen des Klimawandels, beispielsweise Extremwetterereignisse oder der Anstieg der Meeresspiegel, könnten sie jedoch gefährden. Für konventionelle thermische Großkraftwerke werden die Verfügbarkeit und die Temperatur von Kühlwasser die Hauptsorge sein. Wie wichtig zuverlässige Stromnetze für die Wirtschaft sind, zeigt sich auch daran, dass die wirtschaftlichen Schäden von Stromausfällen in der Regel viel höher sind als der Preis der nicht ausgelieferten Elektrizität (durch Ausfälle in Produktionsanlagen oder Handelssystemen, Verderb von Lebensmitteln, Unterbrechung der Wasserversorgung usw.).

Die Erkundung und Förderung fossiler Energieträger und anderer für die Wirtschaft wichtiger Rohstoffe könnte durch Extremwetterereignisse behindert werden.

Wasser spielt in vielen Wirtschaftsbranchen –von der Landwirtschaft bis hin zur Halbleiterherstellung – eine zentrale Rolle. Der Klimawandel bringt sowohl Überschwemmungen als auch Wassermangel. Überschwemmungen können immense wirtschaftliche Kosten verursachen, sowohl was die direkten Folgen angeht (beispielsweise Zerstörung von Anlagekapital, Betriebsunterbrechungen) als auch hinsichtlich notwendig werdender Anpassungsmaßnahmen (etwa Bau von Abwehreinrichtungen, Verstärkung von Infrastrukturen). Wassermangel kann zu Konkurrenzen zwischen verschiedenen Branchen oder Unternehmen führen, also dazu, dass die Quantität oder Qualität des verfügbaren Wassers für einige Nutzungen oder Standorte nicht ausreicht.

Der Verkehrssektor spielt eine entscheidende Rolle für den Fluss von Gütern aller Art innerhalb des gesamten Wirtschaftssystems und ermöglicht überhaupt erst den Welthandel, von dem viele Arbeitsplätze abhängen. Der Klimawandel kann Verkehrsinfrastrukturen durch Wetterereignisse stören, für die sie nicht ausgelegt sind – im Zuge fortschreitender Klimaveränderungen wird dies häufiger geschehen. Sämtliche Infrastruktureinrichtungen sind anfällig für den Frost-Tau- Wechsel. Befestigte Straßen sind besonders sensibel gegenüber extremen Temperaturen, unbefestigte Straßen und Brücken gegenüber Starkregen. Wegen des Temperaturanstiegs verkürzt sich in den arktischen Regionen die Nutzungsdauer von Eisstraßen, die eine wichtige Rolle für die Forstwirtschaft und den Bergbau und zur Verbindung zwischen Siedlungen spielen. 

Die Freizeit- und Tourismusbranche ist einer der größten Sektoren der Weltwirtschaft und einer der wichtigsten Arbeitgeber.Im Jahr 2011 entfielen auf sie neun Prozent der weltweiten Ausgaben, und mehr als 255 Millionen Menschen waren in diesem Bereich beschäftigt. Für viele Regionen ist Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig. Der Klimawandel wird Folgen für Urlaubsorte haben, insbesondere für Seebäder, Naturerholungs- und Skigebiete. Möglicherweise werden Touristen künftig in höhere Breiten und in höher liegende Gegenden reisen. Näher an den Polen oder weiter über dem Meeresspiegel liegende Länder werden vom Klimawandel profitieren, näher am Äquator und tiefer gelegene Länder jedoch Nachteile zu spüren bekommen.

Auch auf andere Wirtschaftssektoren wird sich die Erderwärmung auswirken. Die Industrie muss sich auf Änderungen bei den Preisen und der Qualität einrichten, weil der Klimawandel die Bergbau- und Grundstoffindustrien stören wird. Ganz allgemein wird die Nachfrage nach Gütern betroffen sein. Die Arbeitsproduktivität in heißen Regionen wird wahrscheinlich abnehmen (auch wenn das Ausmaß noch nicht genau bekannt ist). Entsprechende Untersuchungen zeigen während der heißesten und feuchtesten Jahreszeiten in Teilen Afrikas und Asiens bereits heute einen Rückgang der Produktivität infolge der Wärmebelastung der Arbeitskräfte. Auch wenn die Bedeutung körperlicher Arbeit künftig abnehmen mag, dürfte der Klimawandel bedeutende, wenn auch noch nicht genau bestimmbare Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum haben.

Die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels breiten sich über drei Mechanismen aus:

  • Erzeugnisse (Outputs) einer Branche sind Eingangsgrößen (Inputs) einer anderen – auf diese Weise beeinflussen beispielsweise Ernteerträge die Nahrungsmittelindustrie.
  • Verschiedene Produkte konkurrieren um begrenzte Budgets – werden beispielsweise Lebensmittel teurer, greifen Verbraucher zu günstigeren Lebensmitteln und geben zudem weniger Geld für andere Waren und Dienstleistungen aus.
  • Verschiedene Branchen konkurrieren um Primärfaktoren der Produktion (Arbeit, Kapital, Land, Wasser) – ist beispielsweise in der Landwirtschaft trotz größeren Einsatzes von Düngemitteln und Wasser auch zusätzliche Arbeitskraft erforderlich, um Ernterückgänge aufzufangen, bleibt weniger Arbeitskraft, um andere Waren herzustellen oder andere Dienstleistungen zu erbringen.

Der Klimawandel wird nicht nur einzelne Branchen beeinträchtigen, sondern auch tiefgreifende Folgen für unterschiedlichste Arten von Infrastrukturen haben, ohne die die globale Wirtschaft nicht funktionieren würde. Die Folgen werden einerseits einzelne Sektoren und sich andererseits gegenseitig beeinflussen. Zu den betroffenen Infrastrukturen zählen die Wasser- und Energieversorgung, Sanitäreinrichtungen und Kanalisation, Verkehrs- und Telekommunikationsnetze, Gesundheits- und Rettungsdienste sowie die gebaute Umwelt.

Am stärksten betroffen sein werden Bevölkerungsteile, die nur über niedrige Einkommen verfügen. Dies gilt für städtische und ländliche Gebiete gleichermaßen. Dabei wird der Klimawandel jene Probleme vervielfachen, die einkommensschwache Menschen ohnehin haben. Armut wiederum macht Menschen verwundbarer für die Folgen des Klimawandels, und sie vermindert ihre Fähigkeit, sich dem Klimawandel und anderen Schwierigkeiten anzupassen. Die Auswirkungen des Klimawandels können die Produktivität und das Wirtschaftswachstum verringern. Außerdem erschweren sie es, der Armut zu entkommen. Klimabedingte Gefahren wirken sich auf einkommensschwache Menschen sowohl direkt als auch indirekt aus: direkt durch eine Beeinträchtigung der Existenzgrundlagen (Ernteverluste, zerstörter Wohnraum u.ä.) und indirekt beispielsweise durch erhöhte Lebensmittelpreise.

Doch hat Armut unterschiedliche Ursachen, weshalb nicht alle einkommensschwachen Menschen gleichermaßen vom Klimawandel betroffen sind. Und nicht alle für Klimarisiken anfälligen Menschen sind arm. Auf Lohnarbeit angewiesene arme Haushalte, die mehr Lebensmittel kaufen als verkaufen, werden von den Preissteigerungen für Lebensmittel besonders betroffen sein, vor allem wenn sie in Regionen mit geringer Ernährungssicherheit und Ungleichheit (besonders in Afrika) leben. Demgegenüber könnten Selbstständige in der Landwirtschaft von Preissteigerungen profitieren.

Die künftigen Auswirkungen des Klimawandels werden das Wirtschaftswachstum und die Armutsbekämpfung bremsen, die Ernährungssicherheit weiter untergraben, soziale Ungleichheiten verschärfen und neue Armutsfallen verursachen, insbesondere in städtischen Gebieten und in neu entstehenden Brennpunkten des Hungers. Frauen und indigene Völker sind besonders anfällig.

Niedrig gelegene Küstengebiete

Gegenden an den Küsten, die höchstens zehn Meter über dem Meeresspiegel liegen, werden in der Fachsprache Low Elevation Coastal Zones genannt, kurz LECZ. Diese Regionen umfassen nur zwei Prozent der weltweiten Landfläche, beherbergen aber – so der Stand des Jahres 2000 – schätzungsweise zehn Prozent der Weltbevölkerung (600 Millionen) und 13 Prozent der weltweiten Stadtbevölkerung (360 Millionen Menschen). In der LECZ befinden sich zudem rund zwei Drittel aller Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern. Im Jahr 2010 waren 270 Millionen Menschen und Vermögenswerte von 13 Billionen US-Dollar der Gefahr ausgesetzt, (statistisch betrachtet) einmal in hundert Jahren von einem Meeresspiegelextrem (z. B. einer Sturmflut) betroffen zu sein – gegenüber 1970 ist die Zahl der Betroffenen um 95 Prozent gestiegen. Die Zahl der Menschen und das Volumen der Vermögenswerte, die wegen ihrer Küstenlage in Gefahr sind, werden infolge von Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, fortschreitender Urbanisierung und Migration in den kommenden Jahrzehnten deutlich zunehmen.

Möglichkeiten der Anpassung

Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz ("Widerstandsfähigkeit") gegenüber dem Klimawandel können auch dazu beitragen, die Lebensgrundlagen und das Wohlergehen von Menschen zu verbessern. Bei der Klimaanpassung konzentriert man sich üblicherweise auf einen schrittweisen Wandel; es mehren sich jedoch Hinweise, dass tiefgreifende Veränderungen notwendig sein könnten. Diese aber würden unweigerlich die Wirtschaft stören. Gleichwohl ist es entscheidend für die Anpassung von Staaten an den Klimawandel, dass nicht nur die öffentliche Hand bedeutende Investitionen tätigt, sondern sich auch der private Sektor beteiligt – angefangen von einzelnen Landwirten über kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu Großkonzernen. Dabei werden sich wahrscheinlich sowohl Chancen als auch negative Effekte ergeben.

Wirtschaftsunternehmen sind es gewohnt, mit Risiken für ihr Geschäft umzugehen. Doch nur wenige berücksichtigen bislang die langfristigen Gefahren des Klimawandels. Ebenso wenig erfassen sie die möglichen Wettbewerbsvorteile, die sich aus einem frühzeitigen Aktivwerden ergeben, weil sie unsicher sind über das (zweifellos immense) Ausmaß von Gefahren und Chancen des Klimawandels. Für Volkswirtschaften, die überproportional von klimaempfindlichen Sektoren wie Fischerei, Land- und Forstwirtschaft abhängig sind, kann sich die Anpassung schwieriger darstellen.

Ohne angemessene Koordination und durchdachte Anreize besteht die Gefahr, dass Anpassungsmaßnahmen des privaten Sektors nicht mit staatlichen oder gesellschaftlichen Zielen harmonieren. Bei der Planung sollte zunehmend auch auf die Gefahr von "Fehlanpassungen" geachtet werden: Maßnahmen am einen Ort oder im einen Sektor können die Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit erhöhen.

Klimabezogene strategische Instrumente, etwa Maßnahmen für ein größeres Angebot an erneuerbaren Energien, die Förderung von Biokraftstoffen oder Zahlungen im Rahmen des REDD-Mechanismus (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation, zu Deutsch: Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung), werden in manchen ländlichen Gegenden bedeutende sekundäre Effekte haben, die sowohl positiv (größere Chancen auf neue Arbeitsplätze) als auch negativ (Veränderungen der Landschaft, mehr Konflikte aufgrund knapper Ressourcen) ausfallen können.

Im gesamten Ernährungssektor gibt es Anpassungsmöglichkeiten, angefangen von der Lebensmittelproduktion über -verarbeitung und -verpackung bis hin zu Lebensmitteltransport, -lagerung und -handel. Wird dabei besonders auf Ernährungssicherheit und -gerechtigkeit geachtet, dürfte der Nutzen für die Sicherung von Lebensgrundlagen am direktesten sein. Wenn die Preisausschläge an den Agrar-Börsen gedämpft würden, könnten die Weltmärkte für Lebensmittel berechenbarer und verlässlicher und Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sicherer gemacht werden.

Die Bewahrung widerstandsfähiger Ökosysteme und die Einrichtung von Frühwarnsystemen sind Aufgaben für die Fischerei- und Aquakulturbranche. Zu den Möglichkeiten bei der Tierhaltung gehört die Einführung neuer Züchtungen, die besser auf das sich wandelnde Klima vorbereitet sind. Durch einfacheren Zugang zu Krediten lassen sich Anpassungsmaßnahmen fördern.

Maßnahmen in städtischen Gebieten sind entscheidend für die weltweite Anpassung an den Klimawandel, denn über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten, und dort konzentrieren sich die meisten Gebäude und wirtschaftlichen Aktivitäten. In städtischen Gebieten findet sich ein großer Teil der am stärksten durch den Klimawandel gefährdeten Menschen und Wirtschaftsaktivitäten. Zugleich entsteht dort ein Großteil der weltweiten Treibhausgasemissionen. Für die Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Aktivitäten und die Sicherung von Arbeitsplätzen ist es entscheidend, widerstandsfähige Infrastrukturen zu schaffen (Wasser und Abwasser, Straßenentwässerung, Elektrizität, Verkehr, Telekommunikation, Bildung, Gesundheit und Rettungsdienste).

Versicherungsprogramme, soziale Sicherungssysteme und Katastrophenschutzmaßnahmen können dabei helfen, die Existenzgrundlagen für einkommensschwache und an den Rand gedrängte Bevölkerungsgruppen zu sichern.

Migration

Eine der wichtigsten Möglichkeiten für die Anpassung an den Klimawandel wird die Migration sein. Umzuziehen ist bereits heute eine weithin genutzte Strategie von Menschen, wenn sie sich angesichts gesellschaftlicher oder ökologischer Veränderungen eine Existenzgrundlage erhalten wollen. Der Klimawandel wird deutliche Auswirkungen auf die Migrationsbewegungen haben. Wie genau die Veränderungen aussehen, ist schwer vorherzusagen. Deren Ursache kann sowohl das gewandelte Klima selbst sein (etwa erhöhte Temperaturen, Extremwetterereignisse) als auch Dominoeffekte (klimabedingter Nahrungs- oder Wassermangel, gewalttätige Konflikte). Manchen Bevölkerungsgruppen aber fehlen die Mittel für eine Migration.

Auf vier Wegen könnte der Klimawandel die Migration beeinflussen:

  • Intensivierung von Naturkatastrophen
  • Verstärkte Erwärmung und Dürren, die den Zugang zu sauberem Wasser und die landwirtschaftliche Produktion beeinträchtigen
  • Anstieg der Meeresspiegel, wodurch küstennahe Regionen und manche Inselstaaten zunehmend unbewohnbar werden
  • Konkurrenz um natürliche Ressourcen, was Konflikte zwischen Einwohnern sowie Vertreibungen anheizt

Migrationsbewegungen können sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Gesellschaften, aus denen Menschen auswandern, können von Geldüberweisungen der Migranten profitieren. Doch wenn infolge der Migration die Arbeitslast – vor allem für Frauen – steigt, kann dies Gesellschaften auch schwächen. Ein weiteres Problem kann sein, dass durch Auswanderung traditionelles Wissen verloren geht bzw. in geringerem Umfang weitergegeben wird. Im Gegenzug kann es an den Orten, die Migranten aufnehmen, zu übermäßigem Bevölkerungszuwachs und zunehmendem Druck auf knappe Ressourcen kommen, wie es in den semiariden (halbtrockenen) Tropen bereits der Fall ist.

Optionen zur Emissionsminderung

Entscheidend für die Begrenzung des Klimawandels ist es, Treibhausgasemissionen und Wirtschaftswachstum voneinander zu entkoppeln. Dies wird tiefgreifende Veränderungen in der Funktionsweise der Wirtschaft erfordern – von der Energieerzeugung über den Energieverbrauch bis hin zu der Art, wie Land genutzt wird. Das Ausmaß dieses Wandels wird zu Umwälzungen in etablierten Branchen führen und bestehende Arbeitsplätze gefährden. Doch zugleich wird die Senkung des Treibhausgasausstoßes neue Arbeitsplätze schaffen, sowohl in bestehenden als auch in neuen Wirtschaftssektoren.

Die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen wird besonderes Geschick erfordern. Eine entscheidende Rolle wird die Qualifizierung von Arbeitskräften für ”grüne Jobs“ spielen, etwa für die Bereiche Erneuerbare Energien, dezentrale Energieversorgung und Energieeffizienz oder ”grüne“ Gebäude. Aber auch ganz allgemein wird es ein wichtiger Aspekt im Bereich Arbeit und Beschäftigung werden, die Folgen des Klimawandels mitzudenken. Maßnahmen zur Emissionssenkung können langfristige und indirekte negative Folgen für die Artenvielfalt und den Menschen haben. So kann die Förderung von Energiepflanzen zu steigenden Lebensmittelpreisen oder veränderter Landnutzung in weit entfernten Gegenden führen. Aus Mais gewonnenes Ethanol kann, wenn man die gesamte Herstellungskette betrachtet, genauso viele Treibhausgase verursachen wie Erdöl.

Der Energiesektor ist der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen. 2010 gingen rund 35 Prozent des weltweiten Ausstoßes auf sein Konto. Daher wird er wahrscheinlich einer der Schwerpunkte von Klimaschutzmaßnahmen sein, was sich sowohl positiv wie auch negativ auf die dortigen Arbeitsplätze auswirken wird. Eine zentrale Herausforderung wird darin bestehen, moderne Energiedienstleistungen bei begrenzten Treibhausgasemissionen anzubieten.

Die Verringerung der Nachfrage, zum Beispiel durch höhere Effizienz oder verändertes Verbraucherverhalten, gehört zu den wichtigsten Klimaschutzoptionen im Energiesektor. Die Energieeffizienz kann überall im Systems verbessert werden: angefangen bei Kraftwerken über die Stromnetze bis hin zum Endverbrauch in Gebäuden und einzelnen Geräten. Im Bereich Erzeugung könnten Erneuerbare Energien, Kernkraft sowie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) stärker genutzt werden. Bislang wird das technische Potenzial der Erneuerbaren Energien nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft.

Wenn der CO2-Ausstoß in den Bereichen Heizung und Verkehr gesenkt werden soll (etwa durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen bzw. durch Elektrofahrzeuge), sind wesentlich größere Kapazitäten der emissionsarmen Stromerzeugung und massiv verbesserte Elektrizitätsnetze nötig.

Die Branchen Wind- und Solarenergie werden von Klimaschutzbemühungen profitieren. Der Aufbau eines regenerativen und dezentralen Energiesystems wird viele Arbeitsplätze schaffen, die neue Fertigkeiten erfordern – von Forschung und Entwicklung über Maschinen- und Anlagenbau und Beratung bis hin zu Installation und Wartung. Dank Erneuerbarer Energien können ländliche Gebiete in Entwicklungsländern, die nicht an die Stromnetze angeschlossen sind, Zugang zu Elektrizität erhalten. Dies eröffnet wirtschaftliche Chancen.

Wegen des notwendigen Ausstiegs aus der emissionsintensiven konventionellen Energieerzeugung aus fossilen Rohstoffen (vor allem Kohle) werden in diesen Branchen Arbeitsplätze verloren gehen. Wie die Beschäftigungseffekte dieser beiden gegenläufigen Entwicklungen unterm Strich aussehen werden, ist unklar. Einige Studien sagen eine Netto-Zunahme an Arbeitsplätzen voraus, andere sehen eine gleichbleibende oder gar negative Jobbilanz. In jedem Falle werden die Staaten Strategien zur Qualifizierung der Arbeitskräfte brauchen, um das Beste aus den sich bietenden Chancen zu machen.

Die Möglichkeiten in Gebäuden, Treibhausgasemissionen zu senken, können groß, lukrativ und arbeitsintensiv sein. Gegenüber dem Status quo können in neuen oder sanierten Gebäuden bis zu 60 Prozent des Energieverbrauchs eingespart werden. Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz generieren pro eingesetzter Million US-Dollar zwischen 0,7 und 35,5 Arbeitsjahre (Stand 2010).

Emissionssenkungen im Bereich Verkehr werden erhebliche politische Eingriffe und Infrastrukturinvestitionen erfordern, beispielsweise beim öffentlichen Verkehr. Möglich sind auch Anreize für die Fortbewegung zu Fuß und mit dem Fahrrad sowie Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, etwa die Förderung der lokalen Beschaffung (local sourcing). Auch werden die Hersteller von Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen die Effizienz der Motoren erhöhen müssen, während gleichzeitig mehr Biotreibstoffe und Elektrofahrzeuge produziert werden.

Regionale Perspektiven

In Afrika wird der Klimawandel in Wechselwirkung mit anderen Faktoren bereits existierende Probleme bei der Wasserversorgung verschärfen. Dies wird die Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind, noch verwundbarer machen. Die Klimarisiken für den Agrarsektor werden bestehende Risiken für Ernährung, Gesundheit und wirtschaftlicher Sicherheit der gesamten arbeitenden Bevölkerung vervielfachen.

In Asien ist zu erwarten, dass sich der Wassermangel zu einer zentralen Herausforderung entwickelt. Dies ist auf höhere Nachfrage und schlechtes Wassermanagement zurückzuführen. In vielen Gegenden werden Lebensmittelproduktivität und Ernährungssicherheit abnehmen. Der Klimawandel wird die vielfältigen Belastungen infolge rascher Urbanisierung, Industrialisierung und wirtschaftlicher Entwicklung verstärken, was sich zunehmend auf Gesundheit, Sicherheit, Existenzgrundlagen und Armut auswirken wird.

In Australien und Ozeanien haben in jüngster Zeit Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen deutlich gemacht, wie anfällig Ökosysteme und menschliche Gesellschaft für Klimaveränderungen sind. Es ist zu erwarten, dass sich die Situation an vielen Orten verschlechtert. Wirtschaftsaktivitäten vom Bergbau bis zur Landwirtschaft sind bedroht.

In Europa steigt die Wahrscheinlichkeit systemischer Störungen, die viele Sektoren betreffen würden. Insbesondere häufigere und stärkere Hitzewellen in Südeuropa könnten Land- und Forstwirtschaft, Energieversorgung, Tourismus sowie Gesundheit und Produktivität der Arbeitskräfte in der gesamten Volkswirtschaft treffen.

In Nordamerika wird der Klimawandel den Druck auf Wasserressourcen erhöhen, die bereits durch die Folgen der wirtschaftlichen Entwicklung stark beansprucht sind. Im Agrarsektor werden die Ernteerträge von Jahr zu Jahr stärker schwanken. Ein Großteil der nordamerikanischen Infrastruktur ist empfindlich gegenüber Extremwetterereignissen und dem Meeresspiegelanstieg. Wird nicht in ihre Verstärkung investiert, wird die Verwundbarkeit infolge des Klimawandels zunehmen.

In Mittel- und Südamerika werden die negativen Folgen des Klimawandels dadurch verschärft, dass sich die Landnutzung aus ökonomischen Gründen verändert. Landwirtschaft und Ernährungssicherheit sind durch Produktivitätsrückgänge bedroht, während der Meeresspiegelanstieg eine Gefahr für Fischbestände sowie für Tourismusangebote darstellt. Allerdings sind die Folgen des Klimawandels regional sehr verschieden.

In der Arktis gefährden veränderte Niederschlagsmuster und tauende Permafrostböden die Infrastruktur und damit verbundene Dienstleistungen. Die dort lebenden Menschen müssen mit starken Beeinträchtigungen rechnen, vor allem an Orten, an denen Anpassungsmöglichkeiten wegen wenig diversifizierter Wirtschaftsstrukturen begrenzt sind.

Die kleinen Inselstaaten sind mit Klimarisiken wie dem Meeresspiegelanstieg und Wirbelstürmen konfrontiert. Aufgrund ihrer Geografie sind sie höchst anfällig für klimatische Einflüsse und andere Faktoren. Ihr Wirtschaftswachstum könnte gebremst werden, weil die Bewältigung der Folgen von Extremwettern viel Zeit und Kraft rauben. Für die Anpassung an den Klimawandel wird oft internationale Unterstützung erforderlich sein. Ihr Nutzen wird größer sein, wenn sie mit anderen  Entwicklungsmaßnahmen verbunden wird (etwa Katastrophenschutzmaßnahmen).

Fazit

Im Moment ist der Klimawandel eine mäßige Bedrohung für die nachhaltige Entwicklung. Doch er ist eine starke Bedrohung für die künftige nachhaltige Entwicklung – und somit für Beschäftigung, Existenzgrundlagen und Arbeitsplätze in der Zukunft. Allerdings ist das genaue Ausmaß der Gefährdung schwer zu beziffern. Während die meisten Folgen des Klimawandels sich negativ auf Arbeit und Beschäftigung auswirken werden, wird es in einigen Regionen und Sektoren auch positive Effekte geben.

Bei der Anpassung an den Klimawandel wird eine bedeutende Zahl neuer Arbeitsplätze entstehen, beispielsweise beim Bau von Hochwasserschutzanlagen. Dasselbe gilt für Maßnahmen zur Emissionsminderung, etwa den Ausbau der Erneuerbaren Energien oder Initiativen für mehr Energieeffizienz.