Die Theorie der "Schweigespirale" besagt, dass Menschen sich scheuen, einer Meinung zu widersprechen, die sie für die Mehrheitsmeinung halten. Diese Theorie wurde in den 1970er Jahren von der konservativen Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann formuliert. Ihr zufolge fürchten sich Menschen vor sozialer Isolation – und schweigen daher lieber, wenn sie annehmen, in der Minderheit zu sein. Der Effekt verstärke sich, wenn wenig über ein Thema gesprochen wird. Und besonders fatal wirke er, wenn Menschen fälschlich annehmen, in der Minderheit zu sein, etwa weil die Gegenposition häufig in den Medien auftaucht. Dann schweigen sie, obwohl sie zur Mehrheit gehören – und als Folge dieser "Schweigespirale" könne eine laute Minderheit irgendwann tatsächlich die Mehrheit erringen.

Auch beim Klimawandel gibt es offenbar eine Schweigespirale – zumindest in den USA, wo das Thema als kontrovers gilt und die Klimadebatte ideologisch polarisiert ist. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Psychologen der Pennsylvania State University im Journal of Environmental Psychology. Grund sei die Angst vieler Menschen, dass der Gesprächspartner an der Realität des Klimawandels zweifele und man selbst als inkompetent gelten könnte, wenn man Sorge über den Klimawandel äußert. Aus Furcht, von anderen weniger respektiert zu werden, zögen es viele US-Bürger deshalb vor, zum Klimawandel zu schweigen, so die Studienautoren Nathaniel Geiger und Janet Swim.

Simpler Ausweg aus der Schweigespirale: viel über den Klimawandel reden

Um das Verhältnis zwischen den Gesprächspartnern beim Thema Klimawandel näher zu untersuchen, befragten und beobachteten die Forscher in zwei Untersuchungen mehr als 300 Studenten der Pennsylvania State University. Dabei bestätigte sich die Vermutung, dass von den Gefahren der globalen Erwärmung überzeugte Studenten, die in ihrem Umfeld aber viele Klimawandelleugner vermuten, eher ungern auf das Thema zu sprechen kommen. Umgekehrt äußerten sich jene Studenten gern zum Klimawandel, die annehmen, dass in ihrem Umfeld eher Menschen mit einem Verständnis für Klimaschutz leben. Je größer der Unterschied zwischen der eigenen und der angenommenen Mainstream-Meinung, desto schwerer taten sich laut Studie die Probanden, ihren Standpunkt darzulegen. 

Die Furcht vor einer sozialen Isolation beim Thema Klimawandel basiere aber auf einem grundlegenden Irrtum. Zwar bekommen Personen, die Erkenntnisse der Klimaforschung bestreiten, in den US-Medien großen Raum – in der Öffentlichkeit aber sind sie in der Minderheit, wie Umfragen belegen. Das Phänomen, wenn eine Mehrheit in der Gesellschaft fälschlicherweise denkt, dass der Meinungs-Mainstream ihren eigenen Überzeugungen widerspricht, wird in der Sozialpsychologie als "Pluralistische Ignoranz" bezeichnet.

Einziger Weg aus diesem Dilemma sei, den Klimawandel in so vielen Gesprächen wie möglich zu thematisieren, betonen die Studienautoren gegenüber der Washington Post. Je mehr Menschen über den Klimawandel redeten, desto weniger Hemmnisse gäbe es auch, sich offen darüber auszutauschen.

sg