Markus Rindt, 52, stammt aus musikalischem Elternhaus und studierte Horn, erst in Dresden, später in Köln. 1997 war er einer der Gründer der Dresdner Sinfoniker, das inzwischen als eines der profiliertesten Orchester Europas für zeitgenössische Musik gilt. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2018 mit dem Erich-Kästner-Preis. Unter dem Titel "Antárctica" bereitet er derzeit mit seinem Orchester ein Musikprojekt vor, bei dem Musikerinnen und Musiker an ökologisch zerstörten Orten überall auf der Erde simultan und gemeinsam eine Komposition aufführen sollen.

 

1. Nennen Sie bitte eine Sache, die Ihnen persönlich wirklich sehr, sehr am Herzen liegt – und die Sie durch den Klimawandel gefährdet sehen.

Die Flora und Fauna auf unserem Planeten ist einer unserer größten Schätze. Über Milliarden Jahre entstanden, ist der Artenreichtum auf unserer Erde einfach überwältigend. Im Vergleich zu dieser langen Entwicklungsgeschichte ist die Menschheit eine recht junge Erscheinung - und lediglich vier Generationen reichten aus, die Erde in einen beängstigenden Zustand zu bringen. Schauen Sie zum Beispiel auf den ausgetrockneten Aral-See, abgeholzte Urwälder, verschmutzte Ozeane,  verstopfte Millionenstädte oder Mega-Industriegebiete! Der von diesen vier letzten Generationen angestoßene Klimawandel ist aber eine noch viel größere Bedrohung für die Artenvielfalt und das biologische Gleichgewicht. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welcher Selbstherrlichkeit die Menschheit die Erde für sich allein beansprucht. In diesem Zusammenhang fällt mir ein Satz eines indonesischen Ministers ein, der auf Nachfrage eines Journalisten zur Brandrodung der Wälder antwortete: "Wir können es uns als Industrieland nicht leisten, unsere Urwälder einfach ungenutzt herumstehen zu lassen." Wie kurzsichtig!

2. Wann und mit wem haben Sie zuletzt – jenseits Ihres Jobs – über den Klimawandel gesprochen?

Ich spreche oft mit meiner Frau und meinem zehnjährigen Sohn über dieses Thema. Gerade die "Fridays for Future"-Aktionen zeigen, dass sich die junge Generation Fragen stellt und aktiv wird. Das macht Hoffnung.

3. … und mit wem würden Sie sich gern einmal darüber unterhalten?

Mich würde es interessieren, mal mit eingefleischten Klimawandel-Leugnern zu diskutieren.

4. Wenn Sie versuchen, Menschen mit dem Thema Klimawandel zu erreichen - hatten Sie schon einmal einen Aha-Effekt in der Frage, wie das am besten gelingt?

Einen Aha-Effekt hatte ich in diesem Zusammenhang noch nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Kunst eine wichtige Rolle zukommt. Die Kunst verfügt über die Gabe, die Herzen der Menschen zu erreichen, sie mit Musik, Geschichten, Tanz und Theater emotional zu berühren. Die Kunst ist darüber hinaus in der Lage, Türen zu öffnen, die beispielsweise der Politik oder der Wissenschaft nicht selten verschlossen bleiben. Unser Projekt "Antárctica" könnte die Möglichkeit eröffnen, weitere Menschen weltweit für die Themen Umweltzerstörung und Klimawandel zu sensibilisieren.

5. Die Menschen, die Ihnen besonders nahestehen - könnten die zutreffend beschreiben, was Sie in Sachen Klimawandel tun?

Meine Freunde und meine Familie haben eine klare Vorstellung davon, was jeder einzelne gegen den Klimawandel tun kann. Allerdings besteht gerade bei uns Künstlerinnen und Künstlern die Diskrepanz zwischen dem Wunsch, völkerverbindende Projekte und internationale Konzertreisen durchführen zu wollen sowie dem Bedürfnis, auf Flugreisen zugunsten des Klimaschutzes zu verzichten.

6. Stellen Sie sich vor, Sie wären die Vorsitzende einer politischen Partei, die den Klimaschutz voranbringen will. Was wäre der Kampagnen-Slogan, mit dem Sie Ihre Wählerinnen und Wähler erreichen?

"Klimaschutz ist keine Zukunftsmusik! Wir haben bereits begonnen."

Foto: Graziela Diez

Vergangenen Monat in dieser Rubrik:
Martha Stangl, Mitarbeiterin des österreichischen Klimaforschungsnetzwerk CCCA und Nebenerwerbslandwirtin