Der Anstieg der Erdmitteltemperatur infolge des Klimawandels wird üblicherweise in Zahlen ausgedrückt: rund 0,8 °C seit 1880 zum Beispiel. Häufig werden die Daten auch als Diagramme gezeichnet, heraus kommen dann – je nachdem, über wie lange Zeitintervalle die Daten geglättet werden – aufsteigende Geraden, geschwungene Linien oder Zickzack-Kurven. Daniel Crawford von der University of Minnesota hat einen komplett anderes Mittel der Darstellung gewählt: sein Cello.

Für jedes Jahr seit 1880 „übersetzte“ Crawford den jeweiligen Wert der weltweiten Durchschnittstemperatur (entnommen aus dem GISS-Datensatz der Nasa) in eine Note. Das kälteste Jahr 1907 erhielt die tiefste Note auf dem Cello, ein großes C. Die Temperaturen bis zur Gegenwart verteilte er über drei Oktaven, jeder Halbtonschritt nach oben entspricht so einem Temperaturanstieg um etwa 0,03 °C. Es entstand ein Stück, in dem die Töne von Jahr zu Jahr springen (wie es die Erdmitteltemperatur wegen der natürlichen Variabilität tut) – im Gesamtverlauf aber unüberhörbar nach oben streben: Während der kühlen Jahre Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts sinkt das Cello in seine tiefsten Töne hinab. Es folgt eine ansteigende Sequenz bis in die 1940er Jahre, dann eine Phase relativ stabiler Temperaturen und Töne bis in die siebziger Jahre – bevor die Noten hoch und höher klettern.

"Bei einigen Leuten ist die Visualisierung von Daten wirkungsvoll, aber sie ist nicht der beste Weg, um wirklich alle zu erreichen", sagt Crawfords Professor, der Geograph Scott St. Georg. "Statt den Leuten etwas zum Anschauen zu geben, gibt Dan ihnen etwas, das sie fühlen können." In einem Aufsatz im Bulletin of the American Meteorological Society haben St. Scott und sein Team das Projekt ausführlich beschrieben.

In einem knapp vierminütigen Internet-Video (siehe unten) erklärt Daniel Crawford sein Projekt – und spielt das Cello-Stück. Der Clip endet mit einer eindrucksvollen Notiz: "Bis Ende des Jahrhunderts rechnet die Forschung mit einem Temperaturanstieg um weitere 1,8 Grad °C. Diese zusätzliche Erwärmung würde eine Reihe von Tönen erzeugen, die über den Frequenzbereich hinausreichen, der vom menschlichen Gehör wahrgenommen werden kann."

A Song of Our Warming Planet from Ensia on Vimeo.

Toralf Staud