Zusammenfassung:

„Carbon Dioxide Removal“ (kurz: CDR) ist der Oberbegriff für verschiedene Möglichkeiten, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entnehmen. Der Weltklimarat IPCC geht davon aus, dass – neben den unbedingt nötigen, schnellen und drastischen Emissionssenkungen – auch CDR-Methoden wie Aufforstungen oder das sogenannte „Direct Air Capture and Carbon Storage“ (DACCS) unerlässlich sind, um die Erderwärmung noch unter 1,5 °C oder 2 °C halten zu können. Denn per CDR könnten Emissionen ausgeglichen werden, die sich an der jeweiligen Quelle nicht oder nur sehr schwer verhindern lassen, etwa in der Landwirtschaft oder der chemischen Industrie.

Unsicher ist bisher jedoch, wie groß der Klimaschutz-Beitrag durch CDR sein kann und welche Methoden (mehr als ein Dutzend werden diskutiert) tatsächlich in relevantem Umfang Anwendung finden werden. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen werden gegenwärtig intensiv erforscht, sind aber oft noch weit entfernt von der Einsatzreife – und teils gibt es Schwierigkeiten und Risiken bei einem großskaligen Einsatz. Dennoch rechnen einige Länder bereits CDR-Maßnahmen fest in ihre Klimaschutz-Pläne ein.

Hervorzuheben ist: In der Forschung herrscht Konsens, dass die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre keinesfalls ein Ersatz für weitestmögliche Emissionsminderungen ist, sondern lediglich eine notwendige Ergänzung. CDR erfordert erhebliche Investitionen, klare politische Rahmenbedingungen und eine sorgfältige Abwägung der Chancen und Risiken.

 

Der Begriff „Carbon Dioxide Removal“ steht für ein großes Bündel verschiedenster Optionen, die eines gemein haben – sie sollen dabei helfen, der Atmosphäre wieder das überschüssige Kohlendioxid zu entziehen, durch das der Mensch die Klimaerhitzung verursacht. Welche Methoden werden diskutiert? Wie wirksam können sie den CO2-Gehalt der Atmosphäre senken? Und welche Risiken gibt es? Antworten dazu aus der Wissenschaft.

"Carbon Dioxide Removal" (wörtlich übersetzt: „Kohlendioxid-Entfernung“, abgekürzt: CDR) ist die von Menschen veranlasste Entnahme von Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre. Es geht bei diesen Maßnahmen also darum, bereits in der Luft befindliches CO2 aktiv und gezielt wieder zu entfernen. Carbon Dioxide Removal wird daher auch als „negative Emissionen“ bezeichnet.

Während die Emissionsvermeidung (etwa indem man ein Kohlekraftwerk durch Windräder ersetzt) „nur“ den weiteren Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration verhindert, kann diese durch CDR-Maßnahmen aktiv gesenkt werden.

Der Weltklimarat IPCC hat in seinem Sechsten Sachstandsbericht (AR6) drei Anforderungen an CO2-Entnahmetechnologien formuliert, die erfüllt sein müssen, um als CDR-Maßnahme zu gelten (IPCC 2022, AR6, Band 3: Annex I: Glossar, Seite 1796):

  • Das CO2 muss direkt aus der Atmosphäre entnommen werden, nicht an fossilen Emissionsquellen (etwa bei der Verbrennung von Kohle oder Erdöl).
  • Die Einlagerung des Kohlendioxids (z.B. in geologischen Formationen, im Boden, im Ozean oder in Produkten) muss dauerhaft sein.
  • Die CO2-Entnahme muss das Ergebnis einer menschlichen Aktivität sein, also zusätzlich zu natürlich ablaufenden Prozessen stattfinden.

Beim Carbon Dioxide Removal werden grob zwei Grundmechanismen unterschieden, durch die das CO2 gebunden wird: Einerseits gibt es sogenannte biologische Maßnahmen, etwa Aufforstung von Wäldern oder Wiedervernässung von Mooren, und andererseits (geo)chemische wie Direct Air Capture. Durch die langfristige Speicherung des CO2 entstehen zusätzliche „Kohlenstoffsenken“, unter diesen Fachbegriff werden zum Beispiel Bäume und Böden gefasst oder auch geologische Formationen (UBA 2023).

Der IPCC teilt die CDR-Maßnahmen danach ein, wo im Kohlenstoffkreislauf sie ansetzen bzw. in welchem Teil des Erdsystem das Kohlendioxid eingelagert wird (landbasierte vs. ozeanbasierte Prozesse ) und wie lange das CO2 dort gespeichert bleibt. Im IPCC-Bericht werden zudem für jede CDR-Option Schätzungen (mit erheblichen Spannbreiten) angegeben, wie viel CO2 damit potenziell aus der Atmosphäre geholt werden kann. Dies wird auch als „technisches“ Potenzial bezeichnet. Weil es sich um theoretische, errechnete Werte unter bestimmten Annahmen handelt, ist das obere Ende der Schätzung oft riesig – wenn wirtschaftliche, ökologische, soziokulturelle und institutionelle Zwänge berücksichtigt werden, schrumpfen die Potenziale häufig ganz erheblich (AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1).

In einer Infografik hat der IPCC verschiedene CDR-Optionen zusammengefasst:

Infografik zu verschiedenen CDR-Optionen

Quelle: IPCC 2022, AR6, WG3, Cross Chapter Box 8, Figure 1
(Übersetzung: Klimafakten/de-ipcc.de)

Die dort vom IPCC genannten Optionen werden im Folgenden kurz vorgestellt – zuerst acht land- und danach noch kurz drei ozeanbasierte.

1. Aufforstung/Wiederaufforstung

Damit ist das Pflanzen von Bäumen gemeint auf Flächen, die zuvor nicht oder nicht mehr bewaldet waren. Diese landbasierte biologische und seit langem praktizierte CDR-Maßnahme entzieht der Atmosphäre CO2, weil die Bäume beim Wachstum Kohlendioxid aufnehmen und in ihrer Biomasse binden. Wird der Wald aktiv vom Menschen gepflanzt, geschieht dies tatsächlich „zusätzlich“ (siehe CDR-Erfordernisse in Abschnitt 1). Allerdings besteht bei dieser Methode immer die Gefahr, dass das CO2 zum Beispiel durch Waldbrände wieder freigesetzt wird. 

Der IPCC beziffert das Potenzial von (Wieder)Aufforstungsmaßnahmen auf 0,5 bis 10 Milliarden Tonnen CO2-Aufnahme pro Jahr (IPCC 2022, AR6, Band 3, Technical Summary Tabelle TS.7). Zum Vergleich: Deutschlands Emissionen betrugen 2023 rund 0,6 Milliarden Tonnen CO2, der globale Treibhausgas-Ausstoß mehr als 40 Milliarden Tonnen.

2. Agroforstwirtschaft

Unter dem Begriff Agroforstwirtschaft versteht man das gleichzeitige Anpflanzen von landwirtschaftlichen Ackerkulturen sowie Bäumen, Hecken und Sträuchern. Dies kann etwa in Form von Hecken bzw. Baumreihen auf Feldern geschehen oder auch durch die Nutzung lichter Wälder als Viehweiden („silvopasture“). Den verschiedenen Methoden ist gemein, dass die Kombination aus Bäumen und Acker- oder Weidewirtschaft typischerweise den Gehalt von Kohlenstoff im Boden erhöht (Hübner et al. 2022), also mehr CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden kann. Zudem geht Agroforstwirtschaft mit einer größeren Artenvielfalt, besserer Bodenqualität, teilweise höheren Erträgen, Gewässerschutz und Erosionsschutz einher. 

Der Weltklimarat IPCC beziffert die mögliche CO2-Aufnahme durch Agroforstwirtschaftspraktiken auf zwischen 0,3 und 9,4 Gigatonnen pro Jahr (IPCC 2022, AR6, Band 3, Technical Summary Tabelle TS.7).

3. CO2-Speicherung im Boden (Acker- und Grünlandflächen)

Böden bestehen zum Teil aus zerkleinertem Pflanzenmaterial (Humus). Die Pflanzen haben zu ihren Lebzeiten Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen; daher können humusreiche Böden dauerhaft große Mengen CO2 speichern. Doch durch viele verbreitete Formen der landwirtschaftlichen Nutzung von Böden wird das Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre entlassen, ohne dass gleichzeitig erneut CO2 gespeichert wird. Hier setzt die sogenannte „soil carbon sequestration“ an (übersetzt: Boden-Kohlenstoff-Speicherung) – bei ihr soll eine veränderte landwirtschaftliche Bearbeitung dazu beitragen, dass Böden (wieder) mehr CO2 aufnehmen als sie abgeben. Zu diesen Methoden gehören etwa das Anpflanzen von Zwischenfrüchten wie Klee, Bohnen und Erbsen, die nach einer Haupternte gesät und später untergepflügt werden. Eine weitere Möglichkeit ist, Böden weniger intensiv zu pflügen, da dies gespeicherten Kohlenstoff freisetzt (Paustian et al. 2019).

Ungefähr 45 Prozent der bewohnbaren Landfläche weltweit werden als Acker- oder Weideland landwirtschaftlich genutzt. Studien zufolge könnten durch gut bekannte und erforschte Maßnahmen im Rahmen der „soil carbon sequestration“, wenn sie konsequent in der Landwirtschaft umgesetzt würden, weltweit pro Jahr bis zu fünf Milliarden Tonnen CO2 in Böden gespeichert werden (Paustian et al. 2019). Der Weltklimarat IPCC beziffert das Potenzial der Maßnahme auf 0,6 bis 9,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr (IPCC 2022, AR6, Band 3, Technical Summary Tabelle TS.7). Nachteile beziehungsweise Unsicherheiten bezüglich der CO2-Speicherung im Boden bestehen in Schwierigkeiten bei der Umsetzung und Kontrolle, sowie der Messbarkeit und Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Methoden bei den mehr als 500 Millionen Bauern auf der Welt (FAO, 2014, MIT Climate Portal 2021, Bossio et al. 2020). 

Mehr zu Risiken von CDR in Abschnitt 4.

4. Pflanzen- bzw. Biokohle

Bei dieser Methode wird aus organischem Material (etwa Ernteabfällen) durch Pyrolyse  sogenannte Pflanzenkohle bzw. Biokohle (englisch: „biochar“) erzeugt. Unter Pyrolyse versteht man ein sehr starkes Erhitzen unter Ausschluss von Sauerstoff. Dabei wird der im Pflanzenmaterial enthaltene Kohlenstoff in der Pflanzenkohle weitestgehend gebunden und bleibt es für lange Zeit, weil Pflanzenkohlesehr beständig ist gegenüber chemischer Zersetzung. Wird die Pflanzenkohle dann in Böden eingebracht (etwa auf Äckern untergepflügt), bleibt der Kohlenstoff für Jahrzehnte gespeichert und erhöht zudem die Fruchtbarkeit des Bodens (MIT Climate Portal, 2024).

Im Sachstandsbericht des IPCC von 2022 wird das Potenzial der CO2-Entnahme durch Pflanzenkohle mit 0,3 bis 6,6  Milliarden Tonnen jährlich angegeben (IPCC 2022, AR6, Band 3, Technical Summary Tabelle TS.7).

5. Wiedervernässung von Mooren (und nachhaltige Bewirtschaftung)

Moore machen zwar nur drei bis vier Prozent der Landoberfläche der Erde aus, speichern jedoch Studien zufolge rund 21 Prozent des in allen Böden weltweit vorhandenen Kohlenstoffs (Leitfeld/Menchetti 2018). Werden Moore trockengelegt, setzt dies gewaltige Mengen an Kohlendioxid frei – umgekehrt stoppt die Wiedervernässung deren Emissionen und ermöglicht langfristig die Aufnahme weiteren Kohlendioxids aus der Atmosphäre (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 7.4.3.3). Durch Paludikultur, also „nasse Landwirtschaft“, und Nutzung als Bioenergie mit CCS (siehe Punkt 7) oder in langlebigen Produkten kann die CO2-Speicherung erhöht werden. 

Mehr dazu in unserem F&A-Text Klimaschutz durch Moore.

6. Direct Air Capture and Storage (DACCS)

Der englische Begriff Direct Air Capture (wörtlich übersetzt „direkte Luft-Erfassung“, abgekürzt DAC) bezeichnet eine Technologie zur Entnahme von Kohlendioxid direkt aus der Umgebungsluft. Das gebundene Kohlendioxid kann danach entweder gasförmig oder flüssig unterirdisch gespeichert werden, was dann als DACCS bezeichnet wird („Direct Air Carbon Capture and Storage“). Wird das CO2 in langlebigen Produkten verwendet, etwa Baumaterialien, spricht man von (DA)CCU („Direct Air Carbon Capture and Utilisation“). Abhängig davon, wie langlebig die Produkte sind, wird DACCU von manchen Fachleuten als CDR-Maßnahme gezählt, von anderen hingegen nicht.

Laut dem Sechsten IPCC-Sachstandsbericht könnte die DAC-Technologie der Atmosphäre theoretisch zwischen 5 und 40 Gigatonnen CO2 pro Jahr entziehen – allerdings muss dieses CO2 auch dauerhaft gespeichert werden können (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Table 12.6). Die Kosten sind erheblich, und es darf nicht zu viel Energie (und natürlich keine fossile Energie) dafür aufgewendet werden.

Mehr dazu in unserem F&A-Text zum Thema DAC.

7. Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (BECCS)

Zur Energiegewinnung in Kraftwerken kann anstelle fossiler Brennstoffe auch Biomasse eingesetzt werden, zum Beispiel Ernterückstände, Biogas oder Holz. Dabei wird aber das zuvor von den Pflanzen gebundene Kohlendioxid wieder freigesetzt. Zu einer CDR-Methode wird die Nutzung von Bioenergie, wenn das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid aufgefangen und langfristig gespeichert wird. Dann spricht man von „Bioenergy with carbon dioxide capture and storage“ (kurz: BECCS), übersetzt: Bionergie mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung.

Hierzu wird eine Technologie verwendet, die schon seit vielen Jahren diskutiert wird: Carbon Capture and Storage (siehe unseren ausführlichen Text zu CCS).  Bei dieser Methode wird CO2 vor, während oder nach Verbrennungs- oder Produktionsprozessen zum Beispiel in einem Kohlekraftwerk oder einem Stahl-Hochofen mittels chemischer Reaktionen abgeschieden und langfristig in geologische Formationen eingespeichert (Thrän et al. 2024; Dennison et al. 2020). Dies ist prinzipiell auch bei der Verbrennung von Biogas, Biomethan und biogenen Feststoffen möglich, wobei das aufgefangene und langfristig gebundene Kohlendioxid in diesem Falle zuvor aus der Atmosphäre entnommen worden sein muss und nicht aus fossilen Lagern stammen darf.

Nach Schätzungen des IPCC lassen sich mit BECCS zwischen 0,5 und 11 Gigatonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre entfernen (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 7.4.4).

Allerdings sind mit BECCS auch eine Reihe möglicher Nebenwirkungen verbunden. Zum Beispiel tritt Biomasse wenn sie nur zur energetischen Nutzung angebaut wird, in Konkurrenz um Flächen für Nahrungsmittelanbau, Rohstoffquelle, Natur- und Artenschutz (mehr dazu in Abschnitt 4).

8. Beschleunigte Verwitterung (Enhanced Weathering)

Unter diesem Begriff (zu Deutsch „beschleunigte Verwitterung“) versteht man einen geochemischen Prozess, bei dem Gesteine Kohlendioxid binden. Verwendet werden bestimmte Mineralien, die mit (dem im Regenwasser gelösten) CO2 aus der Luft reagieren und es so sehr dauerhaft speichern. Um den Vorgang zu beschleunigen, werden die Mineralien fein zermahlen und zum Beispiel auf Äckern, Stränden oder dem Meer verteilt. Je feiner die Gesteine, desto höher der Bindeeffekt – aber desto mehr Energie kostet auch der Mahlvorgang (Strefler et al. 2018). In der Landwirtschaft können die verwendeten Mineralien zusätzlich als Dünger wirken (IPCC 2022, AR6, AG3, Kapitel 12.3.1.2).

Laut Weltklimarat IPCC ist diese Methode noch nicht sehr weit entwickelt und könnte bis 2050 unter bestimmten Voraussetzungen zwischen 2 und 4 Gigatonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre entfernen (IPCC 2022, AR6, Band 3, Technical Summary Tabelle TS.7).

9. CDR-Optionen im Meer

Die Ozeane der Welt enthalten rund 38.000 Gigatonnen Kohlenstoff, etwa 45-mal mehr als die Atmosphäre heute. Der Ozean hat zudem über Jahrzehnte bereits gewaltige Mengen menschgemachte Kohlenstoffemissionen aufgenommen, je nach Zeitraum rund ein Drittel bis knapp die Hälfte (Sabine et al. 2004; Gruber et al. 2019). Es werden daher mehrere CDR-Methoden diskutiert, die eine noch weitergehende CO2-Aufnahme in oder an den Meeren anreizen sollen.

Eine biologische läuft unter dem Begriff blue carbon management. Dabei ist mit „blauem Kohlenstoff“ solcher gemeint, der in Feucht- und Küstengebieten gebunden ist, zum Beispiel in den Böden und Sedimenten von Mangrovenwäldern, Gezeitensümpfen oder Seegraswiesen. Wenn solche Biotope intakt sind, können dort (durch Bindung von CO2 mittels Photosynthese) große Mengen Kohlenstoff eingelagert werden – und durch den Schutz und die Wiederherstellung solcher Gebiete kann ihre Wirkung als Kohlenstoffsenke verstärkt werden (IPCC, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.3). Das Aufnahmepotenzial wird auf unter eine Gigatonne CO2 pro Jahr geschätzt.

Bei der sogenannten Ozean-Düngung wird an der Meeresoberfläche Dünger (zum Beispiel Eisensulfat) ausgebracht, der das Algenwachstum anregt. Dieses Wachstum bindet zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre. Wenn die Algen dann absterben und ihre Überreste bis in die Tiefsee absinken, ist der Kohlenstoff darin über einen klimarelevanten Zeitraum gespeichert (IPCC, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.3). Geschätztes Potenzial: 1 bis 3 Gigatonnen CO2 im Jahr.

Bei einer weiteren ozeanbasierten Methode werden alkalische Materialen an der Meeresoberfläche verteilt, um die chemische Aufnahme von CO2 durch das Meerwasser (das bei Bindung von Kohlendioxid versauert) zu erhöhen.

Den genannten Methoden ist gemeinsam, dass noch viel Unsicherheit über ihr Potenzial, mögliche Nebenwirkungen für den Ozean und ihre Kosten besteht (IPCC, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.3). Manche Forscher sprechen von hunderten Milliarden Tonnen oder noch höheren, denkbaren CO2-Aufnahmepotenzialen (Renforth/Henderson 2017), was jedoch angesichts der weitgehend unbekannten Auswirkungen auf die Meere und deren Flora und Fauna als sehr theoretische Zahl angesehen werden muss.

Die im Abschnitt 2 vorgestellten CDR-Methoden unterscheiden sich stark darin, wie weit entwickelt sie bereits sind und was sie für den Klimaschutz leisten können. Zwar betont der IPCC in seinem Sechsten Sachstandsbericht:

„Carbon Dioxide Removal ist ein notwendiges Element beim Erreichen von Netto-Null-Emissionen sowohl auf globaler wie auch nationaler Ebene, um verbleibende Emissionen aus schwer umstellbaren Sektoren auszugleichen. Sie ist ein Schlüsselelement in Szenarien, die die Erwärmung bis 2100 auf zwei Grad Celsius oder weniger begrenzen.“

Zugleich mahnt er, sich die verschiedenen Optionen zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre sehr genau anzuschauen. Es sei

„zu berücksichtigen, dass die CDR-Methoden differieren in Bezug auf den Entzugsprozess, den Zeithorizont der Kohlenstoffspeicherung und die technologische Reife, das Minderungspotenzial und die Kosten, den Zusatznutzen und unerwünschte Nebeneffekte sowie darauf, was für ihre politische Steuerung und Verwaltung [„governance“] erforderlich ist“. (IPCC 2022, AR6, WG3, Kapitel 12, Executive Summary)

Die Wissenschaft teilt die Methoden daher nicht nur nach der Art der CO2-Bindung ein, also in biologische vs. (geo)chemische; sondern auch danach, ob es sich um eine „konventionelle“, also bereits bewährte und praktizierte Methode handelt oder um eine „neuartige“ – und inwieweit sie bereits einsetzbar sind. Die untenstehende Grafik stammt aus dem regelmäßig erscheinenden Report „The State of Carbon Dioxide Removal“, der jeweils aktuelle Daten zum Status von CDR liefert und dessen Hauptautoren an renommierten Institutionen arbeiten und auch an IPCC-Berichten mitgewirkt haben.

Übersicht mit zahlreichen CDR-Optionen

Quelle: The State of Carbon Dioxide Removal 2024, Figure 1.4

(Wieder-)Aufforstung und die Speicherung von Kohlendioxid in Acker- und Grünland gelten als konventionelle Methoden, die gut erforscht sind und bereits seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten praktiziert werden (IPPC, AR6, Band 3, Kapitel 12.3, Cross-Chapter Box 8). Ihr Potenzial zur CO2-Entnahme wird vom Weltklimarat wie auch den Autoren des Reports „The State of Carbon Dioxide Removal 2024“ als „groß“ beurteilt. Demgegenüber wird die Rolle, die zum Beispiel Pflanzenkohle und Ozeandüngung voraussichtlich beim Klimaschutz spielen können, in dem Report „moderat“ genannt.

Bei dieser Beurteilung spielen insbesondere auch die Kosten für die jeweilige Entnahmemethode und häufig deren Energieverbrauch eine erhebliche Rolle. So sieht der IPCC etwa für Direct Air Capture zwar ein sehr großes, theoretisches Entnahmepotenzial (5 bis 40 Gigatonnen CO2 jährlich), begrenzende Faktoren seien aber zum Beispiel der hohe Verbrauch an Energie (die emissionsarm erzeugt werden muss) und die voraussichtlichen Kosten (100 bis 300 US-Dollar pro entnommene Tonne CO2) – siehe dazu auch unseren F&A-Text zum Thema DAC. Ähnlich groß sind die Spannbreiten bei BECCS, wo das Aufnahmepotential einerseits mit 0,5 bis 11 Gigatonnen CO2 im Jahr angegeben wird und die Kosten mit 15 bis 400 US-Dollar pro entfernter Tonne Kohlendioxid.

Meeresbasierte Methoden haben laut IPCC ein kombiniertes Entnahmepotenzial  von einer bis hundert Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr bei Kosten von schätzungsweise 40 bis 500 US-Dollar pro Tonne CO2. Doch der Weltklimarat schreibt, ihre Durchführbarkeit ist aufgrund möglicher Nebenwirkungen auf die Meeresumwelt „ungewiss”, und ebenso wie enhanced weathering seien sie „derzeit technisch noch nicht ausgereift“ (IPPC, AR6, Band 3, Technical Summary).

Bei der Beurteilung von „readiness“ (also der unter anderem technischen Bereitschaft zur großskaligen Anwendung), des Klimaschutzpotenzials (also der CO2-Mengen, die aus der Atmosphäre gezogen werden können) und der Zeitskala der Speicherung treten konventionelle CDR-Optionen wie die Wiederaufforstung als besonders vielversprechend hervor. Dies insbesondere deshalb, weil 99,9 Prozent der bereits heute stattfindenden CO2-Entnahme (insgesamt 2,2 Gigatonnen im Jahr) durch diese Methoden erfolgt (CDR-Report 2024, Kapitel 7). Im Falle der neuartigen Methoden gibt es hingegen vorerst nur Berechnungen ihres theoretischen Potenzials und Beobachtungen zur Entwicklung neuer Projekte und Preise. Politische Entscheidungen, gesellschaftliche Einstellungen gegenüber den jeweiligen Methoden, Preisentwicklung, Risikoabwägung und die Verfügbarkeit der notwendigen Landflächen sowie von sauberer Energie werden dafür ausschlaggebend sein, welche Methoden sich tatsächlich in großem Umfang nutzen lassen.

Die Autoren des Reports The State of Carbon Dioxide Removal 2024 stützen ihre Bewertungen auch auf Daten zu Investmenttrends – also in welche Optionen wieviel Geld fließt. Sie sehen ein „stabiles Interesse“ an Waldprojekten, in die bereits heute über den Verkauf von „carbon credits“ für die Wiederaufforstung erhebliche finanzielle Mittel fließen, einen starken Fokus großer privater Investoren auf DACCS sowie ein zunehmendes Interesse von Investoren an anderen neuartigen Methoden wie Bio- bzw. Pflanzenkohle, beschleunigter Verwitterung und BECCS (CDR-Report 2024, Kapitel 3). In der Forschung, gemessen an der Zahl der publizierten Studien, ist das Interesse am größten bei Pflanzenkohle, der CO2-Speicherung in Böden sowie der Aufforstung/Wiederaufforstung (CDR-Report 2024, Kapitel 2).

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass es keine einzelne CDR-Methode geben wird, die allein für ausreichend CO2-Entnahme aus der Atmosphäre sorgen wird, um das politische Ziel von netto-null Treibhausgasemissionen zu erreichen – sondern dass die Menschheit auf eine Mischung verschiedener Technologien und Maßnahmen  wird zurückgreifen müssen (Fuss et al. 2018). Fachleute sprechen von einem „Portfolioansatz“.

Auch hier sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Methoden groß, und es sind sehr unterschiedliche Kategorien von Risiken relevant. Zugleich können CDR-Methoden jedoch auch positive Nebenwirkungen haben (Prütz et al. 2024).

1. Soziale und Umweltrisiken

In der Wissenschaft sind Risiken von CDR-Maßnahmen ein wichtiges Thema und werden intensiv erforscht. Es ist klar, dass Politik und Gesellschaft vor teils schwierigen Abwägungsprozessen stehen. Studien empfehlen, klar zwischen der Machbarkeit einer Maßnahme („feasibility“) und ihrer Wünschbarkeit („desirability“) zu unterscheiden. Während bisher häufig auf die (theoretische, technische oder auch rechtliche) Machbarkeit einer Maßnahme fokussiert wurde, ist deren Wünschbarkeit stark von (subjektiven, oft individuell unterschiedlichen) Werten abhängig. Diese sollten in Debatten – und auch in wissenschaftlichen Studien – ausdrücklich thematisiert und offen diskutiert werden, um möglichst ausgewogene und breit akzeptierte Kompromisse zu finden (Holland-Cunz/Baatz 2025; Tank et al. 2025).

Insbesondere bei Bioenergie mit CCS (BECCS), aber auch bei Aufforstung wird – sofern sie in großem Stil eingesetzt werden sollen – vor den Risiken schlecht geplanter Landnutzungsänderungen gewarnt. Die benötigten Flächen wären jedenfalls riesig. So geben Forschende zu bedenken, dass die Treibhausgasneutralitätsziele der Staaten zusammengenommen ein Volumen von CO2-Entnahme einplanen, für deren Verwirklichung bis zu 1,1 Milliarden Hektar benötigt werden könnten – was mehr wäre als die Größe Kanadas, des nach Fläche zweitgrößten Landes der Welt (Dooley et al. 2024). Dieselbe Größenordnung nennt auch eine andere Studie und mahnt,

„dies würde die landwirtschaftlichen Flächen stark reduzieren. Die schärfere Konkurrenz um Land könnte zu höheren Lebensmittelpreisen führen und das Hungerrisiko erhöhen“. (Doelman et al. 2020)

Auch wenn anstelle bisher vielleicht artenreicher Biotope eine Holzplantage mit Monokulturen träte, hätte das negative Auswirkungen sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für die Biodiversität (Creutzig et al. 2021; CDR-Report 2024, Kapitel 8). Solche Forschungsergebnisse werden in politischen oder gesellschaftlichen Debatten bisweilen nicht oder kaum berücksichtigt.

In einem Forschungspapier hat das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) 2021 den Stand des Wissens zu CDR speziell mit Blick auf Deutschland zusammengefasst – und für praktisch alle Optionen die begrenzte Verfügbarkeit der Anbauflächen bzw. der anbaubaren Biomasse-Mengen genannt:

„Beispielhafte Schätzungen für die Entnahmepotentiale in Deutschland liegen für BECCS bei 65 bis 120 Millionen Tonnen CO2 (limitierender Faktor ist das Biomassepotential), für DACCS bei 35 bis 55 Millionen Tonnen CO2 (limitierender Faktor ist der Energiebedarf), für Aufforstung bei 7 Millionen Tonnen CO2 (limitierender Faktor die Landfläche), für Pflanzenkohle bei 3 bis 7 Millionen Tonnen CO2 (limitierender Faktor ist das Biomassepotential) und für beschleunigte Verwitterung bei 30 Millionen Tonnen CO2 (limitierender Faktor ist die Gesamtagrarfläche). Aufgrund von Flächenkonkurrenz liegt das Gesamtpotential jedoch unter der Summe der einzelnen Potentiale.“ (Seite 5)

Für Großbritannien haben Forscher berechnet, dass 67 Millionen Tonnen (0,067 Milliarden Tonnen) CO2-Entnahme durch BECCS pro Jahr ungefähr 4,5 Millionen Hektar Anbaufläche für Bioenergiepflanzen benötigen würde (Dennison et al. 2019). Zum Vergleich: Die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Vereinigten Königreichs ist 16,8 Millionen Hektar groß; man müsste also rund ein Viertel davon künftig für BECCS nutzen – diese theoretische Erwägung macht deutlich, dass dies keine realistische Option ist. Und auch deshalb gilt es in der Forschung als Konsens, dass verschiedene CDR-Maßnahmen kombiniert werden müssen und eine weitestmögliche Reduzierung von Treibhausgasemissionen unerlässlich ist.

Bei meerbasierten Methoden wie der Ozeandüngung oder dem Ausbringen alkalischer Materialen an der Meeresoberfläche (Ozeanalkalinisierung), ist noch wenig darüber bekannt, wie sich diese Eingriffe auf die betroffenen Arten und das Ökosystem auswirken (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12.3.1.3; Bach et al. 2019).

2. Messbarkeit: Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung

Um CDR-Maßnahmen verlässlich beim Klimaschutz einsetzen   zu können, müssen ihre jeweiligen CO2-Entnahmemengen möglichst genau beziffert werden können – hierbei unterscheiden sich die verschiedenen CDR-Optionen jedoch stark.

Bei DACCS zum Beispiel ist es verlässlich möglich, die Menge des aufgefangenen CO2 zu beziffern und auch die dauerhafte Einlagerung im Untergrund zu überwachen. Demgegenüber ist etwa bei der Ozeanalkalinisierung, die CO2-Aufnahme in den Algen oder deren Absinken in die Tiefsee kaum verlässlich messbar. Auch die erhöhte Speicherung von CO2 in landwirtschaftlich genutzten Böden und wieviel davon für CDR verbucht werden kann (also zusätzlich zu natürlichen Prozessen), ist momentan noch schwer zu ermitteln (Tiemeyer et al 2020; CDR-Status Report 2024).

Weil die Finanzierung von Klimaschutzprojekten oft an die Menge des gebundenen CO2 gekoppelt ist, können Schwierigkeiten bei der Messbarkeit dazu führen, dass eine CDR-Maßnahme – wiewohl vielversprechend für das Klima – keine größere Finanzierung, Weiterentwicklung und Verbreitung findet. Die Autoren des Status of Carbon Dioxide Removal 2024-Reports betonen die Dringlichkeit in diesem Bereich:

„Bei allen CDR-Methoden muss die Genauigkeit der Rechnungslegungsmethoden von den Forschenden weiter untersucht werden [...] Da die Innovation im Bereich CDR fortschreitet und der Sektor sich auf die Einführung in großem Maßstab zubewegt, wird die Lösung dieser Fragen entscheidend sein.“ (Kapitel 10.4, Seite 203)

3. Energieverbrauch und Kosten

Technologien wie DACCS oder auch die Gewinnung bzw. Aufbereitung der Mineralien für die beschleunigte Verwitterung (enhanced weathering) erfordern einen hohen Energieeinsatz. Damit es insgesamt einen Nutzen fürs Klima gibt, muss aber eine Maßnahme verlässlich mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen, als durch den Energieeinsatz bei Anlagenbetrieb, Transport und Einlagerung emittiert wird.

Bei diesen beiden wie auch anderen neuartigen, bislang wenig getesteten Methoden werden zudem die Kosten pro entnommener Tonne CO2 ausschlaggebend dafür sein, ob es sich (wirtschaftlich betrachtet) lohnt, diese Methoden anzuwenden – anstatt andere CDR-Technologien einzusetzen oder doch noch stärker solche Technologien, die den Ausstoß von Treibhausgasen an ihrer Quelle senken (Nemet et al. 2018; Honegger et al. 2021; CDR-Status Report 2024).

4. Dauerhaftigkeit und Umkehrbarkeit

Die verschiedenen CDR-Methoden können Kohlendioxid über sehr unterschiedlich lange Zeiträume speichern. Bei der Bindung in Biomasse (etwa durch Aufforstung in den gepflanzten Bäumen) geht es – je nachdem, was letztlich mit dem Holz geschieht – meist um Jahrzehnte. In geologische Formationen (etwa bei DACCS) hingegen ist eine Speicherung über Jahrtausende möglich.

Bei biologischen CDR-Methoden gibt es meist das Risiko der Reversibilität (Umkehrung) der Kohlenstoffspeicherung: Durch Brände oder Krankheiten kann zum Beispiel das im Holz der Wälder gespeicherte CO2 jederzeit wieder in die Atmosphäre entweichen. Auch nach einer Ozeanalkalinisierung ist unsicher, ob und ggf. wann das gebundene CO2 wieder an die Meeresoberfläche und in die Atmosphäre gelangt. Und eine Änderung der Nutzung  landwirtschaftlicher Böden kann Kohlenstoffsenken wieder in CO2-Quellen verwandeln, beispielsweise wenn Grasland in Ackerland umgewandelt wird.

Ein Schutz dieser CO2-Speicher und zumindest ein ehrlicher Umgang mit diesen Risiken ist daher sehr wichtig, wenn CDR-Maßnahmen wirklich einen dauerhaften Nutzen fürs Klima bringen sollen.

5. Ablenkung von notwendiger Emissionsreduktion

In der Forschung wird noch ein weiteres Risiko von Carbon Dioxide Removal diskutiert, das dieses indirekt für die Klimapolitik birgt: Regierungen und die Öffentlichkeit könnten die großen Ungewissheiten ausblenden und eventuell überoptimistischen Schätzungen erliegen – sich also ein zu positives Bild von den Chancen der CDR-Maßnahmen machen. Und in der Erwartung künftiger CO2-Entnahmen aus der Atmosphäre würden dann womöglich andere, als mühsamer wahrgenommene Klimaschutzmaßnahmen (vor allem Emissionsvermeidung) verzögert oder gar ganz unterlassen (McLaren et al. 2021).

Werden jedoch mit Blick etwa auf DACCS andere, gesichert wirksame Klimaschutzoptionen nicht verfolgt, warnt eine Studie, könne dies zu einer zusätzlichen Erderwärmung von bis zu 0,8 Grad Celsius führen, (Realmonte et al., 2019). Auch der IPCC findet zu dieser Problematik klare Worte:

„CDR kann nicht als Ersatz für tiefgreifende Emissionsminderungen dienen.“ (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Cross-Chapter Box 8)

6. Co-benefits / Nebennutzen

Außer den möglichen Risiken verschiedener CDR-Methoden gibt es bei etlichen auch mögliche positive Nebeneffekte oder Zusatznutzen (im Englischen: „co-benefits“). So gehen die Anwendung von Pflanzenkohle, Agroforstwirtschaft und die Maßnahmen zur erhöhten Speicherung von CO2 in landwirtschaftlichen Flächen mit verbesserter Bodenqualität und Ernteerträgen einher sowie mit einer höheren Widerstandskraft gegen Trockenheit und mit mehr Artenvielfalt (Yang et al. 2019), verbessern das lokale Klima und Luftqualität, ersetzen fossile Energiequellen, (durch BECCS und Pflanzenkohle) führen zu einer Verbesserung der Beschäftigungslage und der lokalen Lebensgrundlagen (IPCC 2022, AR6, Band 3, Tabelle 12.6; State of CDR Report). Sie helfen damit auch, die langfristigen Lebensgrundlagen lokaler Bevölkerungen zu sichern.

Bei meeresbasierten Methoden gehen einige Studien davon aus, dass v.a. durch die Ozeanalkalinisierung gleichzeitig der Versauerung der Meere und der negativen Folgen auf die Tier- und Pflanzenwelt entgegengewirkt werden kann (IPCC 2022, AR6, Band 3, Tabelle 12.6). Auch der Küstenschutz und die Biodiversität wird durch blue carbon management verbessert.

In der Forschung herrscht Konsens darüber, dass CO2-Entnahme-Technologien keine Alternative zu sind und keine Ablenkung von möglichst schnellen und starken Emissionssenkungen sein dürfen. Zugleich gelten die Maßnahmen als „ein notwendiges Element“, um die Klimaerwärmung noch auf 2 Grad Celsius oder gar weniger begrenzen zu können (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary).

Infografik zur Rolle von CDR beim Klimaschutz (Quelle: IPCC)

Quelle: IPCC 2022, AR6, WG3, CDR Factsheet

 

„Carbon Dioxide Removal kann nicht als Ersatz für einschneidende Emissionsreduzierungen dienen", 

betont der Weltklimarat und nennt stattdessen mehrere Funktionen, die CO2-Entnahme-Methoden beim Klimaschutz ergänzend zu anderen (Emissionsminderungs-)Maßnahmen erfüllen können (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Cross-Chapter Box 8):

  • kurzfristig die Netto-Menge des Treibhausgas-Ausstoß durch menschliche Aktivitäten reduzieren (also über das hinaus, was durch Emissionsminderungen allein erreicht werden kann);
  • mittelfristig Rest-Emissionen aus solchen Sektoren ausgleichen, die sich nur schwer auf klimaschonende Technologien umstellen lassen, zum Beispiel CO2 aus Industrieanlagen, Flugzeugen oder Containerschiffen, ebenso Methan oder Lachgas aus der Landwirtschaft; selbst bei starkem Klimaschutz ist ein Teil solcher Emissionen kaum vermeidbar, durch gleichzeitige CO2-Entnahme aus der Atmosphäre kann dennoch unterm Strich ein Netto-Null-Niveau beim gesamten Treibhausgas-Ausstoß erreicht werden;
  • langfristig dazu beitragen, sogar Netto-Negativ-Emissionen zu erreichen und aufrechtzuerhalten, also die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre wieder zu senken; dafür müssten CDR-Maßnahmen in einem Umfang eingesetzt werden, der die Rest-Emissionen an Treibhausgasen übersteigt.

In Klimaschutzszenarien der Forschung spielen CO2-Entnahme-Technologien bereits seit langem eine feste Rolle. Doch die Schätzungen dazu, wie groß die Kapazitäten sein müssten, um die Erderhitzung noch auf unter zwei Grad begrenzen zu können, gehen teils weit auseinander.

Laut IPCC müssten die verschiedenen CDR-Methoden im Jahr 2050 weltweit rund 5,75 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen können (IPCC 2022, AR6, Band 3, Kapitel 12, Executive Summary) – zusätzlich zu außerdem nötigen, starken Emissionsminderungen in allen möglichen Bereichen; global von derzeit 40 Gigatonnen CO2 pro Jahr auf eben die gleiche Menge wie CDR, also 7 bis 9 Gigatonnen CO2 pro Jahr. Die Schätzungen im Report The State of Carbon Dioxide Removal 2024 liegen mit sieben bis neun Milliarden Tonnen als Gesamtniveau der CO2-Entnahme durch alle CDR-Methoden im Jahr 2050 noch höher. (Zum Vergleich: Das entspricht etwa einem Achtel der momentanen weltweiten Emissionen.)

Die bisherigen Klimaschutzpläne der Staaten weltweit reichen bei weitem nicht aus, um dieses Niveau zu erreichen – die Forschung spricht deshalb von einer „CDR-Lücke“ und fordert eine stärkere Unterstützung durch die Politik:

„Unsere Analyse zeigt, dass Szenarien, mit denen die Pariser Klimaziele erreicht werden können, ein sehr rasches Hochskalieren von CDR erfordern – die Regierungen aber nicht entsprechend planen. … Kurzfristige politische Maßnahmen sind dringend erforderlich, um die neuartigen CDR-Methoden in ihrer Entstehungsphase zu unterstützen. Andernfalls ist ein [Klimaschutz-]Beitrag im Gigatonnenmaßstab im Jahr 2050 und darüber hinaus nur schwer vorstellbar. Auch der Erlass von Regeln, die neue CDR-Verfahren solide definieren, überwachen, berichten und überprüfen, ist im Rückstand.“ (Lamb et al. 2024)

Auch wenn die Ungewissheiten noch groß und die möglichen Risiken beträchtlich sind (siehe Abschnitt 3 und Abschnitt 4) – Länder, die sich „Netto-Null“-Ziele setzen (also Treibhausgasneutralität anstreben, bei der insgesamt nicht mehr CO2 emittiert wird als durch Senken aufgenommen werden kann), haben längst damit begonnen, CDR in ihre Projektionen und Klimaschutzpläne einzubeziehen (Honegger et al. 2021; Schenuit et al. 2021).

In Deutschland zum Beispiel soll laut Bundesklimaschutzgesetz bis 2045 Treibhausgasneutralität erreicht werden und bis 2050 netto-negative Emissionen. Um dies zu erreichen, wird eine Aufnahme großer Mengen Kohlendioxid durch Wälder und Böden eingeplant. Dieser Bereich (englisch: „Land use, land use change and forestry“, abgekürzt: LULUCF) soll einen Beitrag von mindestens 25 Millionen Tonnen bis 2030 und 40 Millionen Tonnen bis 2045 erbringen.

Ob dieses Ziel erreicht werden kann, erscheint jedoch unsicher. Während der deutsche Wald lange eine Kohlenstoffsenke war, ist er im Zeitraum von 2017 bis 2022 selbst zur Emissionsquelle geworden: Unter anderem wegen zunehmender Dürren und Waldbränden ist der Kohlenstoffverlust der Wälder höher als seine Aufnahme, wie das staatliche Thünen-Institut in seiner Bundeswaldinventur ermittelt hat. Für die landwirtschaftlich genutzten Böden hat das Institut ebenfalls berechnet, dass sowohl Ackerflächen als auch Grünland mehr Treibhausgase pro Jahr ausstoßen als speichern. Im Bereich Wälder, Landwirtschaft oder auch bei der Wiedervernässung von Mooren [siehe unser F&A zum Thema] müsste also viel mehr passieren als bisher, damit der erhoffte Klimaschutzbeitrag dieser biologischen Kohlenstoffsenken Realität wird.

Zum ersten Mal ist im Klimaschutzgesetz auch eine Verpflichtung der Bundesregierung verankert, für die Zieljahre 2035, 2040 und 2045 einen Beitrag „technischer Senken“ (also neuer CDR-Optionen) zur Erreichung negativer Emissionen zu entwickeln. Begonnen wurde dies mit den im Februar 2024 veröffentlichten „Eckpunkte zu einer Langfriststrategie Negativemissionen“.

In Eckpunkten zu einer Carbon-Management-Strategie hat die Bundesregierung im August 2024 zudem Leitplanken für den Einsatz von CCS und CCU festgelegt. Diese Regeln sind für die CO2-Infrastruktur und Speicherung bei den CDR-Maßnahmen BECCS und DACCS von Bedeutung [siehe auch unser F&A zum Thema CCS].

Für die Europäische Union ist im Europäischen Klimagesetz das Ziel verankert, bis 2050 klimaneutral zu sein. Auch auf EU-Ebene werden CDR-Maßnahmen fest eingeplant. Eine einheitliche Zertifizierung der Kohlenstoffentnahme durch die unterschiedlichen Methoden (siehe Verordnungsentwurf zum Carbon Removal Certification Framework, CRCF) soll die Entwicklung anreizen; dies wird auch von der Wissenschaft als essenziell erachtet (Schenuit et al. 2024).

Die Europäische Kommission hat im Juni 2024 zudem einen Vorschlag für ein Nettonull-Industriegesetz (Net Zero Industry Act, NZIA) vorgelegt, in dem Berichtspflichten und Transparenzvorgaben über potenzielle CO2-Lagerstätten für die Mitgliedsstaaten enthalten sind.

Grob zusammengefasst in ganz einfachen Worten

Carbon Dioxide Removal (also die Entfernung von CO2 aus der Luft) wird sicher gebraucht, um die Erderwärmung zu bremsen. Es gibt sehr verschiedene Optionen: Bäume zu pflanzen, ist eine lange bewährte Maßnahme; daneben wird an neuen Technologien geforscht, die aber oft teuer und energieaufwändig sind. Sie haben Vor- und Nachteile und müssen sorgfältig ausgewählt werden. Die Forschung betont, dass CDR kein Ersatz für schnelle und starke Emissionsminderungen ist.

Kerstine Appunn/Klimafakten
zuletzt aktualisiert: Mai 2025

Infografik:

Infografik zu verschiedenen CDR-Optionen