Windkraftunternehmen haben den Bundesverband Windenergie, Kohlefreunde unter anderem den Deutschen Braunkohle-Industrie-Verein, Journalisten den Deutschen Journalisten-Verband. An wen aber wendet sich ein Klimaschutzmanager, wenn er einen Sack voll Fragen hat? Bis vor wenigen Monaten gab es keine Dachorganisation für diese Klimaschutz-Praktiker in öffentlichen Verwaltungen oder Unternehmen. Seit 2016 aber gibt es den Bundesverband Klimaschutz (BVKS). "Wir sind in den Kommunen Einzelkämpfer und oft allein auf weiter Flur", sagt der Erste Vorsitzende des Vereins, Daniel Willeke. "Einen Austausch unter Kollegen gab es schon länger, jetzt haben wir das zu einer richtigen Interessenvertretung ausgebaut."

Klimaschutzmanager (im Behördenjargon "KSM" genannt) oder auch Klimaschutzbeauftragte koordinieren Klimaschutzaktivitäten, meist in Kommunalverwaltungen. Sie entwickeln zum Beispiel Ideen, wie Städte und Gemeinden Energie sparen oder nachhaltiger mit Ressourcen umgehen können. Klimaschutzbeauftragte arbeiten außerdem an der Vernetzung mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Auch die Aufklärung über Grundlagen des Klimawandels und mögliche Anpassungsmaßnahmen gehört zu ihren Aufgaben. Die Ergebnisse sind je nach Kommune sehr unterschiedlich, in Gemeinden mit klammem Haushalt sind die Handlungsspielräume oft begrenzt.

"In drei bis fünf Jahren kann man nicht die Welt retten"

Daniel Willeke ist Klimaschutzmanager in Uebigau-Wahrenbrück, einer 5.000-Einwohner-Stadt im Süden Brandenburgs - und trotz seiner erst 35 Jahre einer der bundesweit dienstältesten. Vor gut acht Jahren gab es die ersten Stellenausschreibungen des jungen Berufszweiges, ins Leben gerufen durch die Nationale Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Mittlerweile sind deutschlandweit rund 500 Klimaschutzmanager tätig.

Drei Dutzend von ihnen hoben im September 2016 den BVKS aus der Taufe. Mittlerweile ist der Verband auf mehr als hundert Mitglieder gewachsen. Zielgruppe seien aber nicht nur Kolleginnen und Kollegen in Kommunen, betont Willeke - sondern auch Umweltbeauftragte in anderen Behörden oder in Unternehmen, Klimaschutz-Startups sowie Sanierungs- und Energieeffizienzmanager. Der BVKS will denn auch mehr sein als ein Forum für Gedankenaustausch, sondern ein echter Lobbyverband. Eines der wichtigsten Ziele ist ganz grundsätzlich: Bisher sitzen viele der Kollegen auf befristet geförderten Stellen, die nach wenigen Jahren oft sang- und klanglos auslaufen. "Man kann doch in drei bis fünf Jahren nicht die Welt retten", beschwert sich Willeke. "Der Job eines Klimaschutzmanagers muss fest in der Kommune verankert werden, sonst kann er nicht langfristig arbeiten."

Einerseits müssten die Gemeinden erkennen, dass ihre Klimabeauftragen wichtige Arbeit leisten, fordert er - doch auch der Bund müsse mehr Anreize schaffen. "Viele Gemeinden haben wenig Geld und wissen gar nicht genau, was ihnen so eine Stelle bringt", so Willeke. Dabei bringe ein Klimaschutzmanager oft mehr ein, als für ihn ausgegeben werden muss. Auf der anderen Seite fühle sich der Bund nicht zuständig für die langfristige Stellensicherung, weil die Kommunen über ihr Personal selbst entscheiden. Aber das sei, gibt sich Willeke optimistisch, "ein auflösbarer Knoten".

Jemand muss ja praktisch umsetzen, was auf Klimagipfeln beschlossen wird

Hauptamtliche Klimaschützer wie Willeke sind so etwas wie die Exekutive der Klimapolitik. Sie müssen am Ende umsetzen, was auf nationaler oder internationaler Ebene beschlossen wird, etwa in Abkommen wie dem Pariser Weltklimavertrag. Doch ihre Erfolge gehen oft im Tagesgeschäft der Verwaltung unter. "Es gibt noch ein großes Defizit bei der Öffentlichkeitsarbeit", gibt der Verbandschef zu. Wieviel Energie und damit Geld die Kommune pro Jahr einspart oder wer die neuen Radwege durchgeboxt hat, müsse bekannter werden – für die Akzeptanz der Stellen aber auch für die Bewusstseinsbildung bei den Entscheidern und Bürgern.

Der BVKS füllt eine Lücke. Vor seiner Gründung waren Klimaschutzmanager im öffentlichen Dienst allenfalls in Gewerkschaften wie Verdi organisiert. Wer als freier Berater oder Consultant arbeitete, fühlte sich eher Verbänden wie dem Bundesverband Erneuerbare Energien zugehörig. Doch keine dieser Organisationen vertrat die Ansprüche und die besondere Kompetenz dies neu entstandenen Berufszweigs nach außen. Man wolle das "grundlegende Bewusstsein für die Relevanz von Klimaschutz und Klimafolgenanpassungen schärfen", heißt es klar und deutlich im Leitbild des BVKS, außerdem "konkrete Verhaltensänderungen und Investitionsentscheidungen bewirken". Mit all dem betritt der Verband Neuland, er kenne keine ähnliche Organisation zum Beispiel in Österreich oder der Schweiz, sagt Willeke.

"Eine starke Stimme, die Zugang zu den richtigen Ohren hat"

"In einer Welt, in der viele Entscheidungen durch Lobbyisten beeinflusst werden und das in eine Richtung, die den Bestrebungen des Klima- und Umweltschutzes entgegenwirken, benötigt unsere Berufsgruppe eine starke Stimme, die auch Zugang zu den richtigen Ohren hat", meint Jacob Renner, Sachbearbeiter Klimaschutz und Energie im brandenburgischen Eberswalde. Er ist froh, dass es für ihn nun eine Anlaufstelle gibt.

"So ein Verband als externer Vertreter kann mit seinen Experten in Stadtverwaltungen oder gegenüber dem Gemeinderat mehr überzeugen", glaubt auch der Klimamanager von Stuttgart, Rainer Kapp. "Letztlich geht es ja darum, Einsichten zu wecken und Verhaltensänderungen herbeizuführen. Das braucht eigene Gewissheit und überzeugende Positionen." Der Verband könne den hunderten Klimamanagern im Land den Rücken stärken, glaubt Kapp. Die Hoffnung: Dass er und seine Kollegen mit einer Stimme sprechen - und dadurch mehr Forderungen gegenüber der Landes- aber auch Bundespolitik durchbekommen.

Susanne Götze