Zugegeben, die Berichterstattung übers Klima hat in den vergangenen ein, zwei Jahren merklich zugenommen - einer der Gründe dürften die häufigeren Wetterextreme sein, etwa der Dürresommer 2018 oder die Hitzewellen auch dieses Sommers. Doch widmen sich Presse, Funk, Fernsehen und Online-Medien dem Klimawandel tatsächlich schon so häufig und vor allem so sorgfältig und tiefgründig, wie es der Bedeutung des Themas entspräche? Ist doch der Klimawandel "die größte Story der Welt", wie es vor ein paar Jahren Alan Rusbridger formulierte, der damalige Chefredakteur des britischen Guardian.

 

Mehr als siebzig Medien und Journalistenpersönlichkeiten weltweit haben sich bereits der Initiative "Covering Climate Now" angeschlossen - so auch klimafakten.de und unser Schwesterprojekt Clean Energy Wire; Video: CJR Covering Climate Change from Columbia University News on Vimeo

Die Klima-Berichterstattung zu intensivieren und zu verbessern, das ist das Ziel des Projekts "Covering Climate Now". Initiiert haben es das renommierte Medienmagazin Columbia Journalism Review (CJR) von der Columbia School of Journalism an der University of New York gemeinsam mit dem US-Wochenmagazin The Nation. Seit Monaten schon erscheinen im CJR verstärkt Fachartikel zum Thema. Für den September hat die Initiative nun zu einer globalen Aktionswoche aufgerufen: Vom 16. bis zum 23. September sollen sich Medien in den USA und überall auf der Welt zu einer Woche Schwerpunktberichterstattung über den Klimawandel verabreden.

"Die Klima-Story so erzählen, dass die Leute sie wirklich begreifen"

Die Liste der Beteiligten ist inzwischen mehr als 70 Einträge lang, sie reicht von TV-Stationen wie CBS oder der BBC-Sendung "The World" über große Tageszeitungen wie The Philadelphia Inquirer (USA), Asahi Shimbun (Japan) oder La Repubblica (Italien) und renommierten Fachjournalen wie Nature oder Harvard Business Review bis zu zahlreichen Lokalblättern und Online-Portalen wie HuffPost und Vox. Auch klimafakten.de und sein Schwesterprojekt Clean Energy Wire (CLEW) werden sich an der Schwerpunktwoche beteiligen - neben dem Netzwerk Weitblick, dem gemeinnützigen Journalismus-Projekt KlimaSocial und der Wochenzeitung WOZ als weiteren Medien aus Deutschland und der Schweiz.

"Es war für uns sonnenklar, dass wir mitmachen", sagt CLEW-Chefredakteur Sven Egenter. "Und wir hoffen, dass wir möglichst viele Kollegen dazu inspirieren, auch ihre Redaktionen zum Mitmachen zu bewegen. Schließlich sind die Klimakrise wie auch Lösungansätze ein Thema über alle Länder- und Ressortgrenzen hinweg." Terminlicher Schlusspunkt der Themenwoche ist der UN-Gipfel zum Klima am 23. September in New York. In Deutschland bieten die wohl entscheidende Tagung des "Klimakabinetts" der Bundesregierung oder der #FridaysForFuture-Aufruf zum Großstreik am 20. September weitere Anlässe für die Berichterstattung.

"Uns geht es nicht darum, Leuten zu sagen, was sie schreiben oder senden", betonen die Initiatoren des Projekts. Die beteiligten Medien sollten lediglich die Menge und Sichtbarkeit ihrer Klimaberichterstattung erhöhen und ihrem Publikum klarmachen, dass der Klimawandel mehr ist als ein Thema unter vielen. "Der Punkt ist, dem Klimathema jene Aufmerksamkeit und Prominenz einzuräumen, die ihm - wie Forscher schon lange sagen - eigentlich gebührt. Es geht darum, ob wir die Story so erzählen können, dass die Leute sie wirklich begreifen. Mit 'Climate Covering Now' erfüllen wir die höchste Verantwortung des Journalismus - die Öffentlichkeit zu informieren und Debatten zu ermöglichen über gesellschaftliche Herausforderungen."

Interviews, Hintergrundberichte, Handreichungen auf klimafakten.de

Auf klimafakten.de wird es in der Woche ab 16. September einen Themenschwerpunkt darüber geben, wie Journalistinnen und Journalisten über den Klimawandel berichten. Dieser Aspekt beschäftigt uns schon lange, weshalb wir bereits zahlreiche Hintergrundberichte, Interviews und Handreichungen hierzu veröffentlicht haben. Hier - zur Einstimmung und Vorbereitung auf die Themenwoche - ein kleiner Querschnitt aus unseren bisherigen Texten zum Thema:

1. Klimaberichterstattung: Was Journalisten falsch machen - und wie sie dies ändern können
Für das öffentliche US-Radio NPR berichtete Elisabeth Arnold viele Jahre über Politik- und Umweltthemen, inzwischen ist sie Journalistik-Professorin an der Universität of Alaska. Wenn Reporter über den Klimawandel berichten, dann sei es häufig kontraproduktiv, lediglich den üblichen Instinkten und Routinen zu folgen, erklärt Arnold in einem Gastbeitrag

2. "Wir brauchen Leugnern des Klimawandels keinen Raum zu geben, um Objektivität zu wahren"
Die britische Rundfunkanstalt BBC hat in einem internen Rundschreiben einige Grundregeln ihrer Berichterstattung zum Thema Klimawandel formuliert - sie können auch hilfreich sein für andere Journalisten und Medien

3. Gegen "Klimazynismus" helfen Erfolgsstories und lokale Berichte
Medienberichte über Misserfolge der Klimapolitik führen zu Fatalismus, kritisiert das Canadian Center for Policy Alternatives. In einem Arbeitspapier gibt es Journalisten und Aktivisten Hinweise für eine Klimakommunikation, mit der die Apathie der Öffentlichkeit nicht weiter verstärkt wird

4. Falschaussagen zur Wissenschaft: In Meinungsbeiträgen erlaubt?
In den Medien tauchen gelegentlich fehlerhafte oder zumindest zweifelhafte Aussagen zur Klimaforschung auf. Gegen einen solchen Fall ist kürzlich ein britischer Forscher vorgegangen – erfolglos. Häufig handelt es sich bei derartigen Texten um Meinungsartikel, die den besonderen Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit genießen. Doch ein Blick in die Standesregeln der Presse zeigt, dass die journalistische Sorgfaltspflicht auch dort gilt

5. Handreichung: Worauf Journalisten bei Berichten über Extremwetter und Klimawandel achten sollten
Bei Hitzewellen, Starkregen oder Stürmen möchten viele wissen: Ist das schon der Klimawandel? Doch die Frage ist schwierig zu beantworten, das Thema komplex. Frank Böttcher, langjähriger Wetterjournalist und Vorstandsmitglied der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft erklärt, was man bei Berichten über Extremwetter und Klimawandel vermeiden sollte - und wie man es besser macht

6. Gegner der Klimaforschung werben auf Google: "Dies sind die Informations-Kriege"
Mit gekauften Links bei der führenden Internet-Suchmaschine sorgen die Betreiber von Desinformations-Seiten in den USA für steigende Zugriffszahlen, berichtet die New York Times. "Es wird immer schwerer, unvoreingenommene und vertrauenswürdige Informationen zu finden"

Wie gesagt - weitere Texte zum Themenbereich "Journalismus & Klimawandel" lesen Sie bei uns in der Woche vom 16. bis 23. September: Mit einem Klick hier gelangen Sie zur Übersicht

red