Klimawandel

Was er für den Verkehrssektor bedeutet

Kernergebnisse aus dem Fünften Sachstandsbericht des IPCC

Kernergebnisse

  1. 1 Die Auswirkungen des Klimawandels – etwa Hitzewellen, schwerere Dürren und Überflutungen, tauende Permafrostböden und steigende Meeresspiegel – könnten die Verkehrsinfrastruktur (zum Beispiel Straßen, Bahnstrecken und Häfen) beschädigen.

    Dies könnte umfassende Anpassungsmaßnahmen erfordern, in manchen Regionen auch eine veränderte Streckenführung.

  2. 2 Der Verkehrssektor verursacht rund ein Viertel des weltweiten energiebedingten CO2-Ausstoßes.

    Seine Emissionen steigen schneller als bei allen anderen Endverbrauchern. Wenn die Politik nicht energisch und dauerhaft eingreift, könnte sich der direkte CO2-Ausstoß des Verkehrssektors bis 2050 verdoppeln.

  3. 3 Die Emissionen des Verkehrssektors zu verringern, ist eine große Herausforderung.

    Zu den Gründen dafür gehören die ständig steigende Nachfrage nach Transportdienstleistungen und lange Investitionszyklen für Fahrzeugflotten und Infrastrukturen. Zudem ist es für einige Verkehrsmittel ein Problem, handhabbare Alternativkraftstoffe mit einer Energiedichte zu finden, die der von fossilen Kraftstoffen vergleichbar ist. Auch wenn die Fortschritte bisher gering sind: Mithilfe neuer Technologien und Infrastrukturen, der Verlagerung auf andere Verkehrsträger, konsequenter politischer Maßnahmen und Verhaltensänderungen könnte der Wandel gelingen, der für eine drastische Verringerung der Emissionen erforderlich ist.

  4. 4 Viele Energieeffizienzmaßnahmen sind rentabel.

    Würden beispielsweise die Aerodynamik von Fahrzeugen verbessert, das Fahrzeuggewicht verringert und Motoren nach modernsten Standards gebaut, könnte der Energieverbrauch bis 2030 um 30 bis 50 Prozent sinken.

Zusammenfassung

Die Abhängigkeit des Verkehrssektors von Erdöl ist extrem stark. Im Jahr 2010 wurde 94 Prozent des Energiebedarfs für Transportzwecke aus Erdöl gedeckt, und der Sektor konsumierte 53 Prozent der weltweit als Rohöl geförderten Primärenergie. Daher spielt das Thema Energiesicherheit für den Verkehrsbereich eine zentrale Rolle. Und deshalb gehört er zu den wichtigsten Verursachern von Kohlendioxid, aber auch von Luftschadstoffen wie Ozon, Stickoxiden und Feinstaub.

Ohne dauerhaft wirksame Gegenmaßnahmen wird das Wirtschaftswachstum auch weiterhin den Treibhausgasausstoß im Verkehrssektor steigen lassen. Doch Politik, Infrastruktur und Technik bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die Emissionen zu mindern – zum Beispiel:

  • Höhere Wirtschaftlichkeit der Kraftstoffe und schärfere Fertigungsnormen können die Effizienz der Fahrzeuge weiter erhöhen.
  • Durch Stadtplanung, technologische Innovationen und Aufklärung kann die Verkehrsnachfrage verringert werden.
  • Gebührenmodelle und verbesserte Infrastrukturen können den Umstieg von Privatfahrzeugen auf öffentliche Verkehrsmittel, Elektrofahrzeuge, Fahrräder oder auf Fußgängerverkehr fördern.
  • Anreize für Unternehmen und probate Infrastrukturinvestitionen können im Güterverkehr dabei helfen, Kurz- und Mittelstreckenflüge und Lkw durch Züge oder Schiffe zu ersetzen. 

Behindert wird die Umsetzung solcher Maßnahmen beispielsweise durch hohe Investitionskosten, die langsame Erneuerungsrate von Fahrzeugflotten und die für Umbau oder Stilllegung bestehender Infrastrukturen nötigen Ausgaben. Eine Rolle spielen auch tief verwurzelte gesellschaftliche Konventionen und Einstellungen auf Seiten der Verbraucher, die den Besitz eines eigenen Fahrzeugs oft als Status- symbol ansehen. Obwohl die Verfügbarkeit von Alternativen zunimmt, werden sich emissionsarme Technologien und Gewohnheiten im Personen- und Güterverkehr ohne politische Interventionen kaum durchsetzen. Für eine Verbreitung in großem Maßstab muss auch der private Sektor kreativer, ehrgeiziger und kooperativer werden als bisher.

Um sich an den Klimawandel anzupassen, sind ein Bewusstsein für die zu erwartenden Folgen nötig und strengere Vorgaben für bestehende Verkehrsinfrastrukturen. Wenn Unternehmen bei ihren Kapitalinvestitionen die Klimarisiken für die Infrastruktur verstehen und einpreisen, wird das für sie von Vorteil sein.

Eine gut gestaltete und verwaltete Verkehrsinfrastruktur ist von wesentlicher Bedeutung für Handel und Wettbewerbsfähigkeit.Der Zusatznutzen von Emissionsminderungsmaßnahmen kann deren Kosten teilweise oder auch ganz aufwiegen. Beispielsweise werden Verkehrssysteme, die erschwinglicher und für mehr Menschen zugänglich sind, die Produktivität und gesellschaftliche Teilhabe erhöhen.

Damit verbessern diese den Zugang zu Märkten, Arbeitsplätzen, Bildung, Gesundheits- und anderen Dienstleistungen. Sie bieten somit auch Chancen, Armut zu verringern und Gerechtigkeit zu fördern.

Folgen des Klimawandels

Die Auswirkungen des Klimawandels werden je nach Verkehrsmittel und dessen Infrastruktur variieren. Gleiches gilt innerhalb von und zwischen verschiedenen Regionen. Künftige Veränderungen beim Güter- und Personenverkehr könnten die jeweilige Anfälligkeit verschiedener Verkehrsmittel gegenüber Extremwetterereignissen und anderen Folgen des Klimawandels widerspiegeln. Für Unternehmen bedeutet dies, dass Risiken für Lieferketten bewertet sowie Logistiknetze redundant und resilient aufgebaut sein sollten, um der höheren Wahrscheinlichkeit von Störungen Rechnung zu tragen.

Straßenverkehr

Extreme Hitze lässt asphaltierte Straßen aufweichen, weshalb der Straßenbelag mit haltbareren Materialien erneuert werden muss. Häufige Frost-Tau-Zyklen in kalten Gegenden werden sowohl den Unterbau als auch die Straßenoberfläche beschädigen. Wegen häufigerer Überschwemmungen ist in einigen Regionen mit höherem Instandhaltungsaufwand zu rechnen, und es muss vermehrt in Entwässerungs- und Schutzvorrichtungen investiert werden.

Unbefestigte Straßen sind besonders anfällig für starke Regenfälle. Brücken sind Überschwemmungen ausgesetzt, was bei Neubauten eine veränderte Planung und bei Bestandsbauten Nachrüstungen erforderlich macht. Die Anpassung der Brückeninfrastruktur in den USA wird im Laufe der nächsten 50 Jahre schätzungsweise 140 bis 250 Milliarden US-Dollar kosten. Schätzungen für Europa belaufen sich auf 350 bis 500 Millionen US-Dollar pro Jahr.

Die Erderwärmung wird die Effizienz von privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln mindern, weil ihre Klimaanlagen mehr Energie verbrauchen werden. Außerdem wird der Energieverbrauch für die Kühlung verderblicher Fracht zunehmen. Stärkere Regenfälle, die für manche Regionen erwartet werden, könnten durch schlechtere Sicht- und Straßenverhältnisse die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Der Rückgang von Schnee und Eis wird jedoch den gegenteiligen Effekt entfalten.

Auch das Auftauen von Permafrostböden stellt eine Gefahr für die Verkehrsnetze dar. Ein großer Teil der Transportinfrastruktur in den Polarregionen ist im Winter oder gar ganzjährig von der Tragfähigkeit der Dauerfrostböden abhängig. In Teilen Alaskas hat sich der Zeitraum, in dem im Winter Eisstraßen genutzt werden können, bereits von 200 Tagen in den 1970er-Jahren auf heute 100 Tage verkürzt. Ein Ersatz von Eisstraßen durch herkömmliche Straßen könnte große Investitionen nötig machen. Das im Winter nutzbare Eisstraßennetz wird in den acht Polarländern laut Projektionen bis 2050 um durchschnittlich 14 Prozent schrumpfen.

Bahnverkehr

Schienenwege sind anfällig gegenüber stärkeren Regenfällen, Überschwemmungen, Bodenabsenkungen, steigenden Meeresspiegeln, Hitzewellen und häufigeren Frost-Tau-Zyklen. Das Auftauen von Permafrostböden kann zur Setzung des Untergrunds führen, was die Stabilität von Bahnstrecken verringert. Hohe Temperaturen haben zur Folge, dass sich Schienen ausdehnen und verbiegen. Nach dem Hochwasser im Sommer 2013, wie sie infolge des Klimawandels künftig häufiger erwartet werden, musste beispielsweise die ICE-Strecke Berlin-Hannover aufgrund von Reparaturarbeiten für ein halbes Jahr gesperrt werden.

Schifffahrt

Durch häufigere Dürren und Überschwemmungen könnten Unternehmen dazu gezwungen sein, in der Binnenschifffahrt kleinere Fahrzeuge einzusetzen, beispielsweise auf dem Rhein oder auf den Großen Seen in Nordamerika. Dies hat steigende Kosten zur Folge. Einige Binnenwasserstraßen werden laut Projektionen aufgrund unregelmäßiger Wasserführung an weniger Tagen pro Jahr schiffbar sein.

Bei der Seeschifffahrt könnte die erwartete Zunahme von Stürmen in manchen Gegenden höhere Kosten verursachen, weil Schiffe auf weniger sturmgefährdeten, längeren Routen verkehren müssen. Zudem könnte die Instandhaltung von Schiffen und Häfen aufwändiger werden. Extremwetterereignisse könnten zu häufigeren Verspätungen und Ausfällen im Fährverkehr führen.

Demgegenüber dürfte der Arktische Ozean wegen des schwindenden Meereises zunehmend schiffbar werden, Mitte des Jahrhunderts wird er wahrscheinlich im Sommer praktisch eisfrei sein. Schifffahrt auf der Nordwestpassage, der Nordostpassage und auf anderen Strecken wird Routine werden, der seeseitige Zugang zu den Nordküsten Kanadas, Alaskas, Russlands und Grönlands leichter sein. Doch wenn der Schiffsverkehr in diesen empfindlichen Ökosystemen zunimmt, könnte dies Umweltschäden und lokale Folgen des Klimawandels verstärken.

Luftfahrt

Häufigere Stürme in manchen Regionen könnten die Zahl wetterbedingter Flugverspätungen und -ausfälle erhöhen. Über Teilen des Atlantiks werden Turbulenzen in wolkenfreier

Luft wahrscheinlich zunehmen, sodass Flüge länger und unruhiger werden. Stärkere Hitze und Regenfälle werden sich auf die Rollbahnen von Flughäfen ähnlich auswirken wie auf Straßen. Höhere Temperaturen führen zu geringerer Luftdichte, dies könnte an Flughäfen in großer Höhe und solchen in niedrigen Breiten eine Verringerung des maximal zulässigen Startgewichts zur Folge haben oder Investitionen in längere Rollbahnen notwendig machen.

Küsten­infrastruktur

Straßen und Schienen, Häfen und Flughäfen werden als Folge von Meeresspiegelanstieg und Extremwetterereignissen anfälliger werden gegenüber Überschwemmungen und Erosion. Zu den Extremereignissen, die laut Projektionen häufiger auftreten werden, zählen heftige Regenfälle, Starkwind und Sturmfluten. Hurrikan Katrina verursachte 2005 an Häfen im US-Bundesstaat Mississippi Schäden in Höhe von schätzungsweise 100 Millionen US-Dollar. 2012 musste wegen Sandy der Hafen von New York für eine Woche geschlossen werden, was Verluste von 50 Milliarden US-Dollar zur Folge hatte.

Die (nicht nur zum Verkehrssektor gehörenden) Vermögenswerte, die sich in Küstennähe befanden und von Überschwemmungen bedroht waren, wurden 2005 weltweit auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt. Projektionen zufolge soll dieser Anteil bis 2070 auf neun Prozent steigen.

Möglichkeiten der Anpassung

Der Klimawandel wird sich stark auf den Verkehrssektor auswirken, bei Infrastruktur, Betriebsabläufen und seinen Dienstleistungen werden deshalb umfangreiche Anpassungen erforderlich. Indirekt werden sich auch Emissionssenkungen und Anpassungsmaßnahmen anderer, vom Verkehrssektor bedienter Branchen, bemerkbar machen.

Die Gestalt einer Stadt und die entsprechenden Verkehrsnetze werden in Zukunft für die Resilienz von Städten, also die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimafolgen, eine große Rolle spielen. Die künftige Menge der verkehrsbedingten und damit der gesamten Treibhausgasemissionen wird wesentlich durch die Entwicklungsrichtung von Siedlungen und Infrastrukturen bestimmt, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Anpassung und Emissionssenkung sollten deshalb Hand in Hand angegangen werden werden.

Land­infrastruktur

Sowohl bestehende als auch neue Infrastrukturen müssen angepasst werden. Die Widerstandsfähigkeit lässt sich beispielsweise durch höhere Betonqualität oder dickere Beläge erhöhen. Eine zentrale Rolle kommt der Kanalisation zu – im indischen Mumbai etwa könnte die Modernisierung des Entwässerungssystems die ökonomischen Verluste einer Jahrhundertflut um bis zu 70 Prozent verringern. Eine Verdichtung der Städte dürfte die Verkehrseffizienz verbessern, kann aber auch große Teile der Bevölkerung anfällig für Extremwetterereignisse machen. Anpassungsmaßnahmen im Verkehrssektor müssen daher in breitere Entwicklungsstrategien für klimagerechte Städte eingepasst werden.

Schienen­systeme

Bahnstrecken sind anfällig gegenüber stärkeren Regenfällen, Überschwemmungen und Bodensenkungen, steigenden Meeresspiegeln, Extremwetterereignissen und häufigeren Frost-Tau-Zyklen. Die Klimaanpassung von Schienensystemen ist eine Aufgabe hoher Komplexität, die sich durch die Vielzahl von Normen, verwendeten Materialien und Fahrzeugen sowie Unsicherheiten über die künftigen Temperaturveränderungen noch erhöht. Die zu erwartenden Hitzewellen könnten beispielsweise große Investitionen in die Belüftung und Kühlung von U-Bahn-Anlagen erfordern; in London sind hierfür bereits umgerechnet 290 Millionen US-Dollar bereitgestellt worden.

Binnenwasser­straßen

Zu den Anpassungsmöglichkeiten in diesem Bereich gehören die Kanalisierung von Flussabschnitten und stärkeres Wassermanagement zur Regulierung der Flusstiefe. Auch sind bessere Hochwasserschutzanlagen nötig.

Küstengebiete

Bis Ende des Jahrhunderts wird ein mittlerer Meeresspiegelanstieg um 0,45 bis 0,82 Meter erwartet, der aber an einigen Orten wegen regionaler Abweichungen und lokaler Faktoren höher ausfallen kann. Für Küstenstädte, Flussdeltas und tiefliegende Staaten hat die Entwicklung ernste Folgen. Zu den Anpassungsmöglichkeiten gehören der Schutz bzw. die Wiederherstellung von Dünen, Sümpfen und Deltas, die Sturmfluten abschwächen können. Solche Gebiete könnten außerdem Kohlendioxid binden.

Straßen, Bahnlinien und andere Infrastrukturen in Küstennähe können mit stärkeren Schutzanlagen versehen oder in höher gelegene Gebiete verlegt werden, um sie gegen Meeresspiegelanstieg und Extremwetter zu sichern. Zu einer Langfriststrategie können auch neue Sperrwerke, Dämme und andere Küstenschutzanlagen gehören.

Optionen zur Emissionsminderung

Der Treibhausgasausstoß des Verkehrssektors hat sich seit 1970 mehr als verdoppelt. 2010 lag er bei sieben Milliarden Tonnen CO2eq. Er stieg schneller als in jedem anderen Endverbrauchssektor. Rund 80 Prozent der Zunahme entfielen auf den Straßenverkehr. Weltweit gibt

es derzeit eine Milliarde Pkw und Kleinlastwagen. Für die nächsten Jahrzehnte wird eine Verdoppelung erwartet, zwei Drittel des Zuwachses dürften auf Nicht-OECD-Staaten entfallen. Heute sind etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung für 80 Prozent der gesamten Personenkilometer im motorisierten Verkehr verantwortlich – das lässt erahnen, wie stark ohne politische Eingriffe und Anreize für emissionsarmen Verkehr ein Wirtschaftswachstum die CO2- Emissionen wird steigen lassen.

Es ist möglich, Wirtschaftswachstum und Verkehrszunahme zu entkoppeln. Dafür ist aber eine Vielzahl von Maßnahmen, neuen Technologien und Infrastrukturen erforderlich. Deren Rentabilität kann je nach Region und Zeithorizont variieren. Wenn Maßnahmen

zur Emissionsminderung schnell ergriffen werden, vermeidet dies auch Lock-in-Effekte infolge langer Investitionszyklen bei Fahrzeugflotten (insbesondere bei Flugzeugen, Zügen und Schiffen) und Infrastrukturen. Beim Aufbau emissionsarmer Verkehrssysteme sind Verhaltensänderungen und Infrastrukturinvestitionen oft ebenso wichtig wie effizientere Fahrzeugtechnologien und klimaschonende Kraftstoffe.

Verkehrs­verlagerung

Möglich ist die Umstellung der Personen- und Güterbeförderung auf emissionsärmere Verkehrsträger, etwa von Privatfahrzeugen auf öffentliche Verkehrsmittel, vom Auto aufs Fahrrad oder vom Flugzeug auf die Bahn. Werden Fußgänger oder nicht-motorisierte Verkehrsmittel bei der Infrastrukturplanung bevorzugt, hat das einen ökonomischen und gesellschaftlichen Zusatznutzen. Verkehrsverlagerungen werden beispielsweise durch soziale Konventionen behindert, durch bestehende Stadtstrukturen und durch die hohen Anfangskosten neuer Infrastrukturen, etwa beim Bau von Bahnstrecken oder von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge. Die Nettokosten sinken, wenn Zusatzeffekte berücksichtigt werden.

Verkehrsvermeidung

Die Verdichtung von Städten und die Mischung von Wohnen und Gewerbe führt zu kürzeren Wegen. Ebenfalls hilfreich wären Straßennutzungsgebühren, lokale Lieferketten oder technologische Fortschritte (etwa Videokonferenzen). Schlecht geplante, zersiedelte und von Privatautos abhängige Städte zementieren ein hohes Emissionsniveau für die Zukunft.

Fahrzeug­effizienz­

Pkw und Kleinlastwagen können durch bessere Aerodynamik, geringeres Gewicht und Leichtlaufreifen rund 25 Prozent sparsamer werden. Durch modernste Verbrennungsmotoren (etwa Direkteinspritzer) ließe sich der Kraftstoffverbrauch um weitere 25 Prozent verringern. Solche Veränderungen haben oft geringe Kosten oder bringen gar Gewinne. Hybridantriebe können den Energieverbrauch von Autos, Bussen oder Bahnen gegenüber konventionellen Motoren um 35 Prozent senken, allerdings zu höheren Kosten. Ähnliche oder etwas geringere Effizienzgewinne lassen sich bei schweren Nutzfahrzeugen und Schiffen erzielen. Ein großes Potenzial wird auch bei Flugzeugen gesehen, deren lange Lebensdauer könnte aber das Tempo realer Verbesserungen bremsen.

Frachtunternehmen sind sehr interessiert an höherer Energieeffizienz, denn in der Regel verursachen die Treibstoffe im Straßenlastverkehr rund ein Drittel, im Seegüterverkehr rund 40 Prozent und im Luftfrachtverkehr rund 55 Prozent der Betriebskosten. Doch kann der sogenannte ”Rebound-Effekt“ Vorteile zunichte machen, etwa wenn der geringere Verbrauch dazu führt, dass Fahrzeuge öfter genutzt werden. Gegen solche Mechanismen helfen zum Beispiel Straßennutzungsgebühren oder andere Systeme, die zusätzliche Fahrten unattraktiv machen.

Treibstoffe

Wenn Benzin und Diesel durch emissionsärmere Alternativen ersetzt werden, kann der Verkehrssektor seinen Treibhausgasausstoß senken und trotzdem herkömmliche Verbrennungsmotoren und Tankinfrastrukturen weiternutzen. Zu den Alternativen zählen Erdgas und Agrokraftstoffe, letztere können auch an die Bedürfnisse der Luftfahrt angepasst werden. Doch Agrokraftstoffe senken nicht automatisch die Emissionen, insbesondere wenn durch ihren Anbau Wälder oder andere natürliche CO2-Speicher zerstört werden. 

Zu bedenken sind auch die Folgen des Energiepflanzenanbaus auf die Natur sowie auf steigende Nahrungsmittelpreise, wenn Lebensmittelproduktion verdrängt wird. Zudem ist die Produktion von Agrokraftstoffen anfällig für klimabedingte Wetterveränderungen.

Mit Elektro- oder Wasserstofffahrzeugen lassen sich die Treibhausgasemissionen stark senken, sofern Strom bzw. Wasserstoff CO2-arm erzeugt werden. Sämtliche Szenarien für eine klimaschonende Entwicklung sehen eine Dekarbonisierung der Stromerzeugung und den Einsatz von Elektroautos vor. Die Reichweiten batteriebetriebener Fahrzeuge betragen derzeit in der Regel nur 100 bis 200 Kilometer, und das Laden der teuren Batterien dauert mehr als vier Stunden. Dies hemmt die Verbreitung. Wasserstoff kann aus Erdgas oder aber per Elektrolyse oder Biomassevergasung aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Sowohl Elektro- als auch Wasserstofffahrzeuge erfordern neue Lade- bzw. Tankvorrichtungen, was die Verbreitung dieser Technologien stark bremst.

Politische Maßnahmen

Nur mit energischen und dauerhaften politischen Interventionen und abgestimmten Maßnahmen können die Verkehrsemissionen gebremst, stabilisiert und schließlich gesenkt werden:

  • Im Güterverkehr kann eine Reihe steuerlicher, regulatorischer und beratender Strategien Anreize für Unternehmen schaffen, die CO2-Intensität ihrer Logistiksysteme zu verringern.
  • Vorgaben für den Kraftstoffverbrauch können den Bau effizienterer Fahrzeuge sicherstellen.
  • Probate Gebührenmodelle (etwa verbrauchsabhängige Zulassungskosten) können die Verbreitung effizienterer Fahrzeuge fördern. Per Regulierung kann die Umstellung auf emissionsarme Kraftstoffe befördert werden, wie sich etwa in Kalifornien oder der EU zeigt.
  • Es kann verfügt werden, dass Kraftstoffen ein bestimmter Anteil Agrokraftstoff beizumischen ist.
  • Die Verkehrsnachfrage lässt sich durch Besteuerung von Benzin und Diesel, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung oder eine City-Maut drosseln.
  • Investitionen in eine höhere Verkehrssicherheit können den Umstieg auf Fahrrad- und Fußverkehr fördern, wie es in Dänemark und den Niederlanden zu beobachten ist.
  • Über den Preis lässt sich die Verkehrsnachfrage von Privatpersonen und Unternehmen verringern.
  • Einheitliche Normen sowie öffentliche Investitionen in Auflade- und alternative Tankinfrastruktur können den Umstieg auf Erdgas-, Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge ebenso fördern wie bezuschusste Demonstrationsprojekte.
  • Zentralisierte Stadtplanung und staatliche Investitionen ermöglichen den Bau neuer öffentlicher Verkehrsinfrastrukturen.
  • Engagierte Aufklärungsmaßnahmen können zu Verhaltensänderungen und gesellschaftlicher Akzeptanz beitragen.

Zwar werden sich die meisten Maßnahmen auf den CO2- Ausstoß konzentrieren, doch weil der Verkehrssektor auch anderweitig zum Klimawandel beiträgt, umfasst Klimaschutz in diesem Bereich mehr als nur CO2- Einsparungen. Der bei der Verbrennung von Diesel oder (im Schiffsverkehr) Schweröl freigesetzte Ruß, aber auch Stickoxide, Kohlenmonoxid, Methan, fluorierte Gase (F-Gase) und Schwebstoffe wirken sich auf verschiedene Weise auf das Klima aus. Eine Senkung der Luftverschmutzung kann sowohl zu einer Abkühlung (zum Beispiel bei der Reduzierung von Ruß) als auch zu einer Erwärmung (etwa bei der Reduzierung von Sulfat-Aerosolen) führen.

Die Rußemissionen der arktischen Schifffahrt sind besonders problematisch, weil der auf Eis und Schnee abgelagerte Ruß dazu führt, dass mehr Sonnenenergie absorbiert und die Schmelze verstärkt wird. Es gibt viele Belege dafür, dass die Verringerung von Rußemissionen eine wichtige Kurzfriststrategie gegen die Erderwärmung darstellen könnte.

Regionale Perspektiven

Für 2002 bis 2030 wird eine durchschnittliche jährliche Zunahme des Treibhausgasausstoßes zwischen 1,3 Prozent (in den OECD-Staaten) und 3,6 Prozent (in sich entwickelnden Staaten) erwartet. Das Potenzial für die Verringerung dieser Raten ist sehr unterschiedlich, dasselbe gilt für die Strategien und Maßnahmen, mit denen eine Reduzierung erreicht werden kann. Effizientere Fahrzeuge und emissionsärmere Treibstoffe könnten bis 2030 einen Großteil des Emissionszuwachses der Nicht-OECD-Staaten ausgleichen.

Zur Förderung nachhaltiger Verkehrssysteme haben acht multilaterale Entwicklungsbanken für die nächsten zehn Jahre 175 Milliarden US-Dollar zugesagt. Der notwendige Wandel könnte zu einem Großteil finanziert werden, wenn Gelder aus nicht-nachhaltigen Verkehrsbereichen oder der Subventionierung fossiler Kraftstoffe umgelenkt oder Einnahmen aus einer CO2- oder Mineralölsteuer genutzt würden. In Nicht-OECD-Staaten spielen staatseigene Betriebe eine größere Rolle, ihre Einflussmöglichkeiten unterscheiden sich möglicherweise von denen der privatisierten Verkehrsunternehmen in OECD-Staaten.

Asien

Die Verkehrsinfrastruktur in niedrig liegenden Küstengebieten ist höchst anfällig für klimatische Auswirkungen wie Meeresspiegelanstieg, Sturmfluten und Taifune. Mit Tokio, Neu-Delhi und Shanghai liegen drei der weltgrößten Städte in Gebieten mit hohem Überschwemmungsrisiko.

Etwa zwei Drittel der acht Billionen US-Dollar, die zwischen 2010 und 2020 in Asien und im pazifischen Raum für Infrastrukturinvestitionen benötigt werden, fließen in Neuerschließungen. Dort könnten Verkehrsnetze entstehen, die zugleich emissionsarm und an den Klimawandel angepasst sind – sofern diese Aspekte bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden.

Europa

Dank seltenerer Frosttage und Fortschritten bei Fahrzeugtechnologie und Notfallsystemen wird bis Mitte des Jahrhunderts ein Rückgang schwerer Verkehrsunfälle erwartet. Bei der Bahn wird die Zahl der Verkehrsunterbrechungen durch Eis und Schnee zurückgehen, zugleich könnte es aber mehr hitzebedingte Probleme geben.

In einigen westeuropäischen Städten wird eine Kombination aus besserer Flächennutzung, Preisgestaltung sowie besserer Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs und für Fahrräder zu deutlichem Zusatznutzen führen. Dazu gehören eine höhere Energiesicherheit, gesparte Kraftstoffkosten, weniger Staus sowie ein verbessertes Gesundheitsniveau dank vermehrter körperlicher Aktivität, geringerer Luftverschmutzung und reduzierter Lärmbelastung. Diese Beispiele können Stadtplanern in anderen Regionen als Vorbild dienen.

Nordamerika

Ein Meeresspiegelanstieg um einen Meter über die nächsten 50 bis 100 Jahre würde Prognosen zufolge im Bereich der US-Golfküste zwischen Alabama und Houston ein Drittel der Straßen dauerhaft überfluten und 70 Prozent der Häfen gefährden. Eine theoretische Sturmflut von sieben Metern würde in dieser Region mehr als die Hälfte der großen Hauptverkehrsstraßen, fast die Hälfte aller Schienenkilometer, 29 Flughäfen und praktisch alle Häfen bedrohen. Bei einem Anstieg der Erdmitteltemperatur um 1 bzw. 1,5 °C könnten sich in den USA bis 2050 die jährlichen Instandhaltungskosten für befestigte und unbefestigte Straßen um zwei bzw. drei Milliarden US-Dollar verteuern.

Fazit

Anpassungsmaßnahmen und Emissionssenkungen im Verkehrssektor stellen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vor komplexe Herausforderungen, weil tatsächliche oder gefühlte Konflikte zwischen Anfangskosten und Langfristnutzen zu lösen sind. Der Verkehrssektor wird indirekt auch von Emissionssenkungen und Anpassungsmaßnahmen in anderen Branchen berührt sein. Auf kurze und mittlere Sicht hätten politische Maßnahmen, mit denen die vereinbarte Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 °C sichergestellt werden könnte, zweifellos bedeutende Folgen für den gesamten Verkehrssektor.

Bisher mangelt es an deutlichen und beständigen Fortschritten beim notwendigen Wandel. Doch der Fünfte Sachstandsbericht sieht ein größeres Potenzial für Emissionssenkungen und dabei niedrigere Kosten als der Vorgängerbericht von 2007. Positiv stimmt, dass parallel zu neuen Technologien mancherorts bereits kostengerechte Energiepreise und andere stringente politische Maßnahmen verwirklicht worden sind. Es gibt Anzeichen dafür, dass

  • die Zahl von Pkw und Kleinlastwagen in einigen OECD-Staaten ihren Höchststand erreicht hat;
  • die Nutzung von Elektrofahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln zugenommen hat;
  • das Interesse an Erdgas und Agrokraftstoffen wieder steigt;
  • das Bewusstsein für den Zusatznutzen einer Stadtplanung gewachsen ist, die den Fußgänger- und Fahrradverkehr fördert.

Wenn ein Konsens hergestellt werden kann, dass Verkehrssysteme emissionsarm gestaltet und die Nachfrage gesteuert werden sollen, bieten sich große Gelegenheiten zu ehrgeizigen Emissionsminderungen, die zugleich die Anpassungsfähigkeit der Industrie erhöhen und bedeutende Zusatzeffekte für die Gesellschaft mit sich bringen.

Da für dieses Jahrhundert weltweit eine Verdoppelung der städtischen Flächen erwartet wird und der Großteil dieses urbanen Raums noch gar nicht gebaut ist, muss nachhaltige Stadtplanung zur Priorität werden. So können Städte entstehen, die auf den Klimawandel eingestellt und weniger anfällig für dessen Folgen sind (etwa für steigende Meeresspiegel, Fluten und Wetterextreme). Die immer ernsteren Folgen des Klimawandels werden inner- und außerhalb städtischer Zentren fortlaufend Anpassungsmaßnahmen erfordern, was zusätzliche Investitionen bedeutet.

Aber auch Unternehmen müssen Strategien entwickeln für mehr Effizienz, die Verlagerung auf andere Verkehrsträger und eine raschere Entwicklung emissionsarmer Kraftstoffe und Fahrzeuge sowie deren Einsatz in globalen Logistiknetzen. Dabei werden neue Partnerschaften mit Regierungen und der Zivilgesellschaft sowie mit Konkurrenten und Kunden notwendig sein. Auf diesem Wege ließen sich politische Lösungen voranbringen und Finanzierungsmechanismen identifizieren, mit denen die Kluft zwischen Anfangskosten und Langfristnutzen überbrückt werden kann.