Was er für die Bergbau- & Grundstoffindustrien bedeutet
Kernergebnisse
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1 Der Klimawandel hat für den Bergbau und die Grundstoffindustrien weitreichende Folgen.
Zu den physischen Auswirkungen gehören voraussichtlich Schäden an Infrastruktur und Anlagevermögen. Auch die Verfügbarkeit erneuerbarer natürlicher Ressourcen wie Wasser könnte sich verringern.
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2 Zwischen 1970 und 2010 hat sich der weltweite Treibhausgasausstoß des Industriesektors fast verdoppelt.
Zu diesem Anstieg hat das Wachstum der globalen Bergbau- und Grundstoffindustrie wesentlich beigetragen, obwohl ihr Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) im gleichen Zeitraum zurückgegangen ist.
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3 Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass die globale Nachfrage nach Industrieprodukten bis Mitte des Jahrhunderts um 45 bis 60 Prozent gegenüber 2010 zunehmen wird.
Paradoxerweise könnten gerade Investitionen in die Minderung des Treibhausgasausstoßes (z. B. steigende Nachfrage nach Dämmstoffen für Gebäude) und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (z. B. Baumaterial zur Flutvorsorge) zu einem Wachstum der Industrieemissionen führen.
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4 Um den absoluten Treibhausgasausstoß der Primärindustrie zu senken, werden breit angelegte Strategien gebraucht.
Gelegenheiten zur Emissionsminderung finden sich sowohl auf Seiten der Produktion (Steigerung der Effizienz der industriellen Prozesse) als auch auf Seiten der Nachfrage (Minderung des Gesamtverbrauchs der produzierten Stoffe).
Infografik
Zusammenfassung
Diese Publikation konzentriert sich auf jene Branchen, die am Anfang der Lieferkette stehen, die auf der Rohstoffförderung beruhen und deren Produktionsprozesse viel Energie verbrauchen. Hierzu gehören der Bergbau und Branchen wie die Zement-, Eisen-, Stahl-, Aluminium-, Chemie-, Zellstoff- oder Papierindustrie.
Erkundung, Förderung und Aufbereitung von Rohstoffen für die Industrieproduktion werden auf vielerlei Weise vom Klimawandel betroffen sein. Er bringt deshalb erhebliche Risiken für die Primärindustrie mit sich. Extremhitze, Dürren, Fluten, Waldbrände und andere Extremwetterereignisse werden wahrscheinlich die Sicherheit der Energieversorgung sowie von Industrie- und Verkehrsinfrastrukturen beeinträchtigen.
Die Grundstoffindustrien könnten außerdem unter einem zunehmenden Mangel an produktionsnotwendigen Naturressourcen (etwa Wasser) leiden. Die direkten und indirekten Treibhausgasemissionen des Industriesektors stiegen weltweit von umgerechnet 10,4 Gigatonnen Kohlendioxid (CO2eq) im Jahr 1990 auf 15,5 Gigatonnen Kohlendioxid (CO2eq) im Jahr 2010 und spiegeln den stetigen Wachstumstrend der Weltproduktion in allen drei Hauptsektoren der Wirtschaft (Primärsektor, Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungsbranchen) wider. Derzeit wird ein großes Augenmerk auf eine verbesserte Energieeffizienz bei den Primärindustrien gelegt.
Durch den breiten Einsatz der momentan besten verfügbaren Technologien könnte die Energieintensität um bis zu 25 Prozent gesenkt werden. Innovationen könnten weitere Reduzierungen von bis zu 20 Prozent bringen, bevor technologische Grenzen erreicht werden.
Zwar erfordern Emissionsminderungen oft zusätzliche Investitionen, diese bringen dann aber auch zahlreiche positive Nebenwirkungen mit sich. Beispielsweise steigt die Wettbewerbsfähigkeit, laufende Kosten sinken, und neue Geschäftsfelder können sich eröffnen. Umweltvorschriften können einfacher erfüllt werden, Arbeitsbedingungen verbessert und Abfallmengen reduziert werden.
Klimaschutzmaßnahmen bieten die Chance, Innovationen bei Industrieprozessen durchzusetzen und Investitionen in effizientere Produktionsverfahren zu stimulieren. Eine bessere Zusammenarbeit unter den und innerhalb der verschiedenen Branchen (zum Beispiel in Öko-Industrieparks oder regionalen Öko-Industrienetzwerken) kann der Grundstoffindustrie dabei helfen, ihren Material- und Energieverbrauch zu senken.
Ein breiter Wandel zu einer CO2-armen Wirtschaft und Gesellschaft wird die Nachfrage nach bestimmten Industrieprodukten und -materialien erhöhen – Energieverbrauch und Treibhausgasausstoß, die mit deren Herstellung verbunden sind, werden wachsen. Um dennoch die absolute Menge an Emissionen aus der Primärindustrie zu senken, bedarf es breit angelegter Minderungsmaßnahmen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Sektors. Dazu gehören radikale Produktinnovationen und die Umstellung der Stromerzeugung auf kohlenstoffarme Technologien (decarbonisation).
Folgen des Klimawandels
Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen
Je nach Region könnte eine Zunahme vom Klimawandel verursachter Gefahren (zum Beispiel Waldbrände, Fluten und Stürme) die Produktion in Bergbaubetrieben beeinträchtigen. In der Folge könnten Betriebs-, Transport- und Stilllegungskosten steigen. Temperaturextreme und Starkniederschläge (bzw. deren Folgen wie Überschwemmungen und Erosion) würden insbesondere Tagebaue in einigen Regionen betreffen.
Bodenschätze in kälteren Klimazonen könnten durch den Rückgang der Permafrostgebiete besser zugänglich werden. Aufgrund zunehmender Feuchtigkeit mögen Änderungen bei der Lagerung und Handhabung von Kohle notwendig werden.
Verkehrsinfrastrukturen
Der Handel mit Rohstoffen wie Eisenerz und mit Grunderzeugnissen wie Aluminium, Stahl oder Chemikalien ist auf einen funktionierenden Verkehr zu Straße, Schiene oder See angewiesen. Doch der Klimawandel könnte hier zu zahlreichen Problemen führen. Steigende Meeresspiegel können Transportinfrastrukturen beeinträchtigen, am deutlichsten die Häfen.
Befestigte Straßen können unter Extremhitze, starken Niederschlägen und Überflutungen sowie (im hohen Norden) tauenden Permafrostböden leiden. Brücken sowie das Gleisbett von Bahnlinien sind anfällig für stärkere Niederschläge und daraus folgende Überschwemmungen und Bodenabsenkungen, für steigende Meeresspiegel oder auch veränderte Frost-Tau-Zyklen.
Die Eisstraßen in den arktischen Regionen werden für kürzere Zeit nutzbar sein. Einige der bereits genannten Klimafolgen oder auch Waldbrände, die infolge häufigerer Hitzewellen zunehmen dürften, können Öl- oder Gas-Pipelines bedrohen. Generell werden sich die häufigeren und stärkeren Wetterextreme wahrscheinlich auf die Sicherheit von Energietransport und -versorgung auswirken.
Sichere Wasserversorgung
Der Klimawandel wird wahrscheinlich die verfügbaren Oberflächen- und Grundwassermengen in den meisten trockenen subtropischen Regionen erheblich verringern. Das verschärft die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzern. Im Gegensatz dazu könnten mancherorts in höher gelegenen Breiten die Wasserressourcen zunehmen.
Der Anstieg von Temperatur und Luftfeuchte beeinträchtigt die Effizienz thermischer Kraftwerke (die derzeit rund 80 Prozent des Stroms weltweit liefern und deren Anteil an der Stromversorgung gemäß der meisten Szenarien hoch bleiben wird). Wassermangel und Hitzeextreme werden in vielen Regionen dazu führen, dass vor allem im Sommer das Kühlwasser knapp wird. Drosselungen oder gar Komplettabschaltungen drohen.
Arbeitsmarkt
Steigende Temperaturen lassen erwartungsgemäß die Arbeitsproduktivität sinken, insbesondere bei körperlichen Tätigkeiten in warmen und feuchten Klimazonen. Ein vermehrtes Auftreten von Malaria und ähnlichen Infektionskrankheiten könnte die Verluste noch verstärken. Der Klimawandel kann Armut und ökonomische Verwerfungen verstärken und so bestehende Konflikte verschärfen.
Möglichkeiten der Anpassung
Die Roh- und Grundstoffindustrie hat eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten:
- Ein anpassbares Wassermanagement kann auf Unsicherheiten reagieren (Planung gemäß verschiedener Szenarien, Einsatz lernender Systeme und flexibler Lösungen).
- Mit besseren Abbauverfahren und höheren Recyclingquoten kann dem drohenden Mangel an bestimmten Rohstoffen begegnet werden, einschließlich solcher, die man für Klimaschutztechnologien benötigt.
- Zu den technischen und politischen Maßnahmen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur gehören aktualisierte Bauvorschriften für Neubauten, dementsprechende Nachrüstungen bestehender Einrichtungen und eine veränderte Raumplanung in Küstengebieten.
- Wo die Versorgung mit Elektrizität nur begrenzt möglich oder unsicher ist, kann eine effiziente Stromrationierung dazu beitragen, Verluste zu reduzieren.
- Versicherungen mindern das finanzielle Risiko aus Naturkatastrophen und sind daher für die Klimaanpassung relevant. Sie ermöglichen nicht nur einen Wiederaufbau und reduzieren die Verwundbarkeit, sondern geben auch Anreize zur Risikominimierung.
Die Anpassung an den Klimawandel erfordert zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur. Dadurch dürfte die Nachfrage nach Baumaterial steigen, etwa nach Zement und Beton. Beispielsweise erfordern steigende Meeresspiegel bessere HochwasserschutzEinrichtungen. Veränderungen an der Infrastruktur sind weiterhin auch notwendig in den Bereichen Wasser und Abwasser (inklusive der Regenwasserableitung), bei Strom-, Verkehrs- und Telekommunikationsnetzen, im Gesundheits- und Bildungswesen sowie bei den Rettungsdiensten.
Häufigere Extremwetterereignisse dürften einen steigenden Bedarf an Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten nach sich ziehen. Einige Klimaschutztechnologien kurbeln die Nachfrage nach bestimmten Industrieprodukten an und könnten so zu Materialengpässen beitragen (zum Beispiel bei Seltenen Erden, die in Stromakkumulatoren oder Elektromotoren eingesetzt werden).
Optionen zur Emissionsminderung
Die Industrie ist gegenwärtig für gut 30 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen verantwortlich. Mitgerechnet sind dabei Emissionen aus der Grundstoffproduktion, der Fertigung von Produkten daraus sowie dem Gebrauch der Produkte. Um die absoluten Industrieemissionen zu senken, sind Effizienzverbesserungen in allen Phasen des Produktionszyklus‘ nötig.
Emissionsminderungen können aber auch durch einen Rückgang der Nachfrage erreicht werden, beispielsweise durch einen längeren und intensiveren Gebrauch der Produkte. Würden die besten verfügbaren Technologien breit eingesetzt, könnte die Emissionsintensität in der Industrie um etwa 25 Prozent sinken, durch Innovationen wären weitere 20 Prozent möglich, bevor technische Grenzen erreicht werden.
Klimaschutzstrategien
Auf der einen Seite stehen Strategien, die auf die Produktion zielen – also darauf, Industrieprozesse effizienter zu gestalten.
Hier gibt es drei Hauptstrategien:
- Emissionseffizienz: Verringerung der Emissionen pro verwendeter Energieeinheit, meist durch eine Umstellung auf CO2-arme Energiequellen.
- Energieeffizienz: Verbesserung des Energieverbrauchs im Verhältnis zur Menge produzierten Materials.
- Materialeffizienz: Verringerung der zur Fertigung eines Produkts notwendigen Menge an Rohmaterial. Gegenwärtig wird etwa ein Zehntel allen Papiers, ein Viertel allen Stahls und die Hälfte des insgesamt produzierten Roh-Aluminiums (vor allem in der nachgeschalteten verarbeitenden Industrie) zu Abfall und dann intern wiederverwertet.
Auf der anderen Seite stehen Strategien, die auf die Nachfrage zielen – also darauf, den Materialverbrauch der Industrie durch eine geänderte Produktnachfrage zu senken. Dazu gehören beispielsweise eine verstärkte Wiederverwendung und Wiederverwertung von Produkten bzw. Materialien, die effizientere Materialnutzung und die Umstellung auf weniger energieintensive Werkstoffe, die weniger Treibhausgase freisetzen.
Hier existieren zwei Hauptstrategien:
- Gebrauchseffizienz: Ein einmal hergestelltes Produkt wird länger und intensiver genutzt – insgesamt müssen also weniger Güter produziert werden.
- Verringerung der Nachfrage: Durch z.B. Nachnutzung alter Produkte oder verändertes Verbraucherverhalten sinkt die Produktnachfrage – auch dies trägt zur Senkung der Treibhausgasemissionen bei.
Bergbau
Der Bergbau und die Förderung von Steinen und Erden benötigen 2,7 Prozent der weltweit insgesamt von der Industrie verbrauchten Energie. Die Energie wird hauptsächlich für das Brechen und Mahlen sowie durch den dieselbetriebenen Maschinenpark verwendet. Tagebaue benötigen weniger Energie als eine Förderung unter Tage, weil dort eine aufwendigere Transport- und Hebetechnik nötig ist sowie der Betrieb von Belüftungs-, Klima- und Pumpenanlagen. Für die Senkung des Energieverbrauchs gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel effizientere Bergbauausrüstungen oder sparsamere Zerkleinerungstechnologien für Rohgestein. Die Materialeffizienz in dieser Branche würde verbessert, wenn mehr nutzbares Erz im Verhältnis zur insgesamt geförderten Materialmenge gewonnen würde.
Zement
Die durchschnittliche CO2-Intensität bei der Zementherstellung (also die Emissionen je produzierter Mengeneinheit) ist in den meisten Regionen seit 2005 um sechs Prozent und seit 1990 um 16 Prozent gesunken. Rund 40 Prozent der von der Branche insgesamt verursachten Treibhausgase stammen aus fossilen Brennstoffen, hier können die Emissionen durch höhere Energieeffizienz und die Umstellung der Öfen von Kohle auf Biomasseabfälle weiter gesenkt werden. Weitere Potenziale bieten die flächendeckende Einführung der besten verfügbaren Technologien und der vermehrte Einsatz von Klinkerersatzstoffen wie Flugasche.
Neuartiger ”ultrahochfester“ Beton kann den CO2-Ausstoß um 40 Prozent (gegenüber der Verwendung konventionellen Betons) senken. Eine verringerte Nachfrage nach Gebäuden und Infrastrukturen könnte ebenfalls dabei helfen, den gesamten Zementverbrauch zu reduzieren.
Eisen und Stahl
In der Eisen- und Stahlindustrie bieten sich zahlreiche Möglichkeiten zum Energiesparen. Dazu zählen zum Beispiel eine bessere Wärme- und Energierückgewinnung aus Prozessgasen und Abfallströmen, fortschrittlichere Ofendesigns und verbesserte Prozesskontrollen oder die effizientere Brennstoffversorgung durch Kohleeinblastechniken. Die Emissionseffizienz der Eisenherstellung ließe sich erhöhen, wenn Kohleinjektionen durch sauberere Brennstoffe ersetzt würden, etwa durch Erdgas, Kunststoffabfälle, Biomasse oder aus Kohle gewonnenes Methangas. Weitere Fortschritte brächten die Umstellung von Hochöfen und Sauerstoffblaskonvertern auf gasbetriebene Eisenschwammproduktionsanlagen oder elektrische Lichtbogenöfen.
Das Klimaschutzpotenzial ist erheblich: In der indischen Stahlindustrie zum Beispiel wäre es technisch möglich, den Primärenergieverbrauch bis 2030 um 87 Prozent (gegenüber 2007) zu senken. Gut 90 Prozent der Stromeinsparungen und fast zwei Drittel der Brennstoffeinsparungen wären sogar finanziell lukrativ. Auch eine bessere Materialeffizienz brächte beachtliche Emissionssenkungen, bisher gehen beispielsweise bei der Weiterverarbeitung 26 Prozent des produzierten Flüssigstahls verloren. Die Nachfrage nach Eisen und Stahl könnte durch eine höhere Gebrauchseffizienz für Endnutzer sinken.
Chemie
Kein Prozess in der Chemischen Industrie verbraucht so viel Energie wie das Dampfcracken bei der Erdölverarbeitung, also das Aufspalten langkettiger Kohlenwasserstoffe zu leichten Olefinen wie Ethylen und Propylen. Würden alle Dampfcrackanlagen weltweit auf den Stand der modernsten Technik gebracht, ließe sich die Energieintensität um 23 Prozent verringern. Eine Senkung um weitere zwölf Prozent wäre durch den flächendeckenden Einsatz der besten überhaupt verfügbaren Technologien möglich.
Eine mögliche Verbesserung der Emissionseffizienz wäre es beispielsweise, bei der Produktion von Salpetersäure auf Technologien umzustellen, die weniger Lachgas (N2O) anfallen lassen. So verursacht die katalytische Zersetzung von N2O bei hohen Temperaturen 70- bis 90-prozentig niedrigere Emissionen als konventionelle Verfahren.Diese Umstellung wurde beispielsweise in der EU und in China bereits weitgehend vollzogen, in Osteuropa und den USA jedoch gibt es noch ein großes Potenzial.
Aluminium
Die Herstellung von Aluminium verschlingt 3,5 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs und ist für drei Prozent der industriellen CO2-Emissionen verantwortlich. Achtzig Prozent des Treibhausgasausstoßes, den die Branche verursacht, geht auf ihren Stromverbrauch zurück – die Erhöhung der Energieeffizienz gehört daher für die Aluminiumindustrie zu den wichtigsten Klimaschutzstrategien.
Die Internationale Energieagentur schätzt, dass der Einsatz der besten verfügbaren Technologien den Energieverbrauch um zehn Prozent senken könnte. In der US-amerikanischen Aluminium-Branche wird fast das Dreifache dessen an Energie verbraucht, was theoretisch notwendig wäre. In der Herstellungskette – vom flüssigen Aluminium bis zum Endprodukt – gehen gegenwärtig 41 Prozent des anfangs eingesetzten Materials verloren.
Geschlossene Lieferkettenkreisläufe und mehr lokales Recycling könnten einen Teil der weltweiten Materialtransporte überflüssig machen (und nebenbei die Lieferkette weniger anfällig machen für Folgen des Klimawandels). Die Nachfrage lässt sich senken, wenn zum Beispiel in der Bauwirtschaft gebrauchte Aluminiumteile wie Fensterrahmen, Verkleidungen und Lärmschutzwände wiederverwendet werden. Modulares Produktdesign verlängert die Lebensdauer von Produkten und verringert die Gesamtnachfrage nach Neumaterial.
Zellstoff und Papier
Die wichtigste Quelle von Treibhausgasen in der Forstwirtschaft und der Zellstoffherstellung und -verarbeitung ist der Verbrauch von Treibstoffen und anderen Energieträgern. Allein die Papiertrocknung verschlingt die Hälfte der Energie, ein Drittel davon ließe sich durch Prozessverbesserungen einsparen. Große Effizienzverbesserungen sind möglich, wenn in Zellstoff- und Papiermühlen die Nebenprodukte des chemischen Holzaufschlusses genutzt werden.
Weltweit gewinnt die Branche etwa ein Drittel ihres Energiebedarfs aus Biomasse (EU: 53 Prozent). Die Recyclingquoten ließen sich erhöhen (und damit Energieintensität und CO2Ausstoß der gesamten Papierproduktion senken), wenn Druckfarben und Klebstoffe eingesetzt würden, die sich einfacher entfernen lassen. Die Verringerung des Papiergewichts für Zeitungen und Büromaterialien könnte die Papiernachfrage um 37 Prozent verringern. Weitere Potenziale böten sich durch eine Steigerung der Recyclingquoten (Europa: 70 Prozent, Nordamerika: 67 Prozent, Stand: 2011), vermehrtes Print-On-Demand oder evtl. die Umstellung auf E-Reader.
Branchenübergreifende Zusammenarbeit
Der Material- und Energieverbrauch ließe sich optimieren, wenn Unternehmen und Branchen der Primärindustrien stärker kooperieren würden. Durch die Einrichtung sogenannter Öko-Industrieparks oder -netzwerke könnten Herstellungsprozesse verschränkt und Infrastrukturen gemeinsam genutzt werden, was den Gesamtverbrauch von Rohmaterialien und das Gesamtabfallaufkommen verringern sowie die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöhen würde. Werden beispielsweise Abfälle oder industrielle Nebenprodukte als Input für die Zementindustrie genutzt, kann das zu Emissionssenkungen um 15 bis 20 Prozent beitragen. Liegen Städte und Gewerbegebiete nahe beieinander, können Siedlungsabfälle einfacher als Ressource genutzt werden. Dies kann die Nachfrage nach Primärprodukten (z.B. Erz) und entsprechend die Treibhausgasemissionen senken. Die Reinheit recycelten Materials (urban mining) ist oft sogar höher als die von Erz.
Zusatznutzen
Maßnahmen für mehr Energieeffizienz bzw. für weniger Treibhausgasausstoß haben häufig positive Nebenwirkungen – sozial und ökonomisch oder auch für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Beispielsweise können sie die Kosten von Unternehmen senken und damit deren Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften erleichtern, die Arbeitsbedingungen in den Firmen verbessern und die Sicherheit der Energieversorgung stärken. Weniger Schadstoffausstoß und kleinere Abfallmengen bedeuten auch geringere Krankheitsrisiken.
Die Politik kann ökologische Innovationen stimulieren (beispielsweise durch Umweltschutzvorschriften) und Investitionen in effiziente Energietechnologien fördern. Dies trägt wiederum zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei.
Regionale Perspektiven
Der weltweite Treibhausgasausstoß der Industrie hat zwischen 2005 und 2010 um durchschnittlich 3,5 Prozent pro Jahr zugenommen. In Asien stiegen die Emissionen mit jährlich sieben Prozent am stärksten, im Nahen Osten und in Afrika waren es 4,4 Prozent und in Lateinamerika zwei Prozent pro Jahr. Im Gegensatz dazu sanken die Emissionen in den OECD-Staaten um jährlich 1,1 Prozent. In vielen Ländern war der Anstieg der Emissionen vor allem auf die Eisen- und Stahl-, Zement-, Zellstoff-, Papier- sowie Aluminiumbranche zurückzuführen. In den meisten der besonders armen Länder (Least Developed Countries) wuchs insbesondere der Ausstoß der Bergbau- und Rohstoffindustrie.
Der Welthandel hat einen starken Einfluss darauf, in welchen Ländern Produkte hergestellt werden – und somit auch darauf, wo die damit verbundenen Treibhausgase freiwerden. Betrachtet man die Emissionen danach, wo sie auftreten, dann haben Länder wie China, wo viele Produkte und Materialien hergestellt werden, einen besonders großen Anteil.
Erfasst eine Statistik hingegen, wo Produkte letztlich konsumiert werden, ändert sich das Bild: Berücksichtigt man, woher die Nachfrage stammt, die für die mit einem Produkt verbundenen Emissionen verantwortlich ist, dann liegt der Anteil der wohlhabenden Industriestaaten höher.
Dank besserer Technologien konnte seit Mitte der neunziger Jahre in den großen Entwicklungs- und Schwellenländern wie China, Indien und Mexiko die Energieintensität der Industrie stark verbessert werden, dasselbe gilt für Transformationsökonomien wie Aserbaidschan und die Ukraine.
Doch noch immer sind die Energiesparpotenziale in den Entwicklungs- und Schwellenländern größer als in den Industriestaaten. Während für erstere die möglichen Effizienzfortschritte durch einen breiten Einsatz der besten verfügbaren Technologien auf 30 bis 35 Prozent beziffert werden, liegen sie in den höher entwickelten Volkswirtschaften bei ungefähr 15 Prozent.
Die Fähigkeit zu stärkeren Emissionsminderungen hängt in den Least Developed Countries stark davon ab, ob politische Strategien wirksam umgesetzt und staatliche Vorschriften tatsächlich durchgesetzt werden können, ob die Anwendung von Hocheffizienztechnologien in der Praxis gelingt und ob alternative Energieträger verfügbar sind.
Fazit
Der Klimawandel stellt für Bergbau und Grundstoffindustrie ein erhebliches Risiko dar. Denn die damit verbundenen Extremwetterereignisse gefährden die Verfügbarkeit und Versorgungssicherheit mit Rohmaterialien, Wasser und Energie, aber auch Infrastrukturen und die Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte. Doch Unternehmen und Branchen können Vorsorge treffen. Sinnvoll ist unter anderem, die Energieeffizienz zu verbessern, in weniger störanfällige Infrastrukturen zu investieren, Versicherungen abzuschließen oder auch Recycling und die Wiederverwendung von Gütern auszuweiten.
Der Absatz von Produkten und Materialien der Grundstoffindustrie kann durch Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden. Einerseits werden beispielsweise die zunehmende Gebäudedämmung, der Bau besserer Hochwasserschutzeinrichtungen oder die Reparatur beschädigter Infrastrukturen zu einer steigenden Nachfrage führen. Andererseits sinkt die Nachfrage durch vermehrte Wiederverwendung und Recycling sowie durch verbesserte Gebrauchseffizienz.
Für unvorbereitete Unternehmen kann letzteres ein geschäftliches Risiko darstellen. Trotz dieser widersprüchlichen Entwicklungen dürfte aber insgesamt die Nachfrage steigen, dank der absehbaren Veränderungen bei Bevölkerung, Einkommen, Alter und Lebensstil. Die meisten Branchenszenarien gehen davon aus, dass die globale Nachfrage nach Industrieprodukten bis Mitte des Jahrhunderts um 45 bis 60 Prozent gegenüber 2010 zunehmen wird.
Um vor diesem Hintergrund die Treibhausgasemissionen der Industrie zu senken, werden konzertierte Strategien vonnöten sein, die auf allen Stufen der Produktionskette die Effizienz verbessern. Maßnahmen zur Emissionsminderung bieten für Unternehmen Gelegenheiten, Produktionsabläufe effizienter zu machen. Sie stimulieren Investitionen in branchenübergreifende Kooperationen und fördern Innovationen im Bereich der Produktion und des Produktdesigns.
Investitionen in die Klimaanpassung oder zur Emissionssenkung sind in vielen Fällen rentabel. Sie können verwirklicht werden, sobald Hemmnisse wie der Mangel an Wissen und Fachkompetenz überwunden sind.